Change Management und wie Sie Wandel-Barrieren niederreißen

Digitalisierung und New Work fordern Unternehmen heraus, und ohne Wandel geht diesbezüglich nichts voran. Bereits bei der Veränderung selbst, dem Change Management, kann vieles falsch laufen. Mit der richtigen Herangehensweise lassen sich viele Fehler vermeiden.

Change Management ist ein Prozess, der Unternehmen dabei unterstützt, ihre Strukturen, Prozesse oder Strategien aufgrund von veränderten Rahmenbedingungen am Markt und im Wettbewerb anzupassen. Der Übergang von der alten zur neuen Arbeitswelt mit ihren digitalen Technologien, den veränderten Ansprüchen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Kunden ist so eine gravierende Umwälzung. Viele verschiedene Anspruchsgruppen müssen in diesen Wandel miteinbezogen werden. Es wäre falsch, einfach drauf los zu modernisieren.

Bitte keine Überrumplungstaktik

Überraschung und Unwissen sind die größten Feinde der Veränderung.

Der größte Feind jeder Veränderung ist ein Überraschungseffekt ins Unbekannte. Sowohl für den Start eines Change-Prozesses als auch für seinen Verlauf wäre es kontraproduktiv, von heute auf morgen mit Traditionen zu brechen, die für den Erfolg des Betriebs die letzten Jahre mitverantwortlich waren. Gerade für die Belegschaft ist zunächst wenig nachvollziehbar. Sie wittert einen Dolchstoß, ein Du-machst-etwas-falsch – und mauert gegen den Wandel. Die vielen Change-Management-Modelle, die sich über die Jahre entwickelt haben, gehen auf die Ablehnung ein, die mit Schock beginnen oder der Herausforderung, träge gewordene Unternehmen „aufzutauen“ und ihnen die Dringlichkeit der Veränderung darlegen. Um Überraschung und Unwissen vorzubeugen bietet sich an:

  • Überrumplung vermeiden. Schon bevor der erste Stein umgedreht wird, ist es sinnvoll, den Wandel frühzeitig ankündigen und sich Zeit für Erklärungen und Erläuterungen nehmen. Diese sollten verständlich aufbereitet sein und genügend Raum für Nachfragen lassen. Die Belegschaft kann besser verstehen was los ist, wenn sie erkennen kann, was erreicht werden soll und welche Rolle sie dabei spielen. Ohne Erläuterungen fehlt vor allem den Arbeitenden beim Veränderungsprozess die Orientierung. Für die digitale Transformation bietet sich beispielsweise an, neue Technologien und ihren Einfluss auf den Workflow zu erklären.
  • Vielfältiges Informationsangebot bereitstellen. Unterschiedliche Informationsquellen helfen, jeden Mitarbeiter auf seine ihm bevorzugte Weise anzusprechen. Geeignet sind Meetings, Personalgespräche, Workshops oder digitale Mittel wie Rundmails, Telefonkonferenzen oder Intranet.

Nicht alle auf einmal – die resilientesten Kollegen zuerst

In jedem Unternehmen gibt es die, die mit dem Strom schwimmen und die, die hinterfragen und vorangehen. Einen Wandlungsplan jedem auf die gleiche Art und Weise vermitteln zu wollen, ist fast unmöglich.

Für die Durchblicker und Aktiven ist Veränderung nichts Neues. Sie schaffen es ohnehin, sich ständig veränderten Gegebenheiten anzupassen, um das bestmögliche zu geben und für sich herauszuholen. Die anderen, eher der Riege der Traditionalisten oder Bequemen, tun sich schwer, ihre vertraute Umgebung zu verlassen.

Cate Huston, Engineering Manager bei Automattic, der Firma hinter WordPress, unterscheidet zwischen „high performer“ und „low performer“ und rät, sie zu unterschiedlichen Zeiten in den Change-Prozess miteinzubeziehen:

  • Die Wandlungsfähigsten zuerst. Das ist besonders schwer, erschließt sich ihnen nicht, warum gerade sie, die ohnehin immer vorn dabei sind, jetzt Zeit in einem Veränderungsprozess „vergeuden“ sollten. Doch sie verstehen schnell das Warum und sollen auch das Gefühl haben, wichtig fürs Team zu sein, dem sie den Wandel erklären (müssen).
  • Die bequemeren Mitarbeiter bekommen sehr wohl mit, wer der Aktivposten im Team ist. Oft ist es der Teamleiter, der einen guten Draht zum Management hat und diesem auch Paroli bietet, wenn es sein muss. Ist dieser „Checker“ hinsichtlich der Veränderung skeptisch, ist es der Rest des Teams auch.
  • Change-Management-Modelle kennenlernen. Wenn klar ist, wer welche Position bekleidet, gilt es, die Aktiven zu involvieren und sie mit Change-Management-Modellen vertraut machen, damit die Weitergabe ans Team optimal funktioniert. Auch sollten Führungskräfte Zeit bekommen, sich selbst neu zu sortieren und den Wandel in den Arbeitsalltag zu integrieren. Zu den „low performern“, die nicht mitgehen wollen, sagt Huston: „Lass sie ziehen“.

Change-Prozesse dort, wo es jetzt geht

Fuck-up Nights sind in – das hat seinen Grund.

Der Illusion, dass der Veränderungsprozess irgendwann beendet sei, darf man sich nicht hingeben. Nicht umsonst ist überall die Rede vom „Lebenslangen Lernen“, was damit zu tun hat, dass digitale und gesellschaftliche Entwicklungen zwar gerade jetzt massiv unter Veränderungsdruck stehen. Doch im Grunde leben wir in einer äußerst volatilen Zeit, ein möglicher Status-quo des digitalen Zeitalters ist nicht in Sicht. Es erscheint deswegen ratsam, von digitalen Tools bis zur Erneuerung veralteter Hierarchiestrukturen die Sache nacheinander anzugehen. Statt frustriert aufzugeben gilt es, das vorhandene Budget sinnvoll einzuteilen und die Suche nach Fachkräften intern wie extern frühzeitig und mit einem konkreten Ziel voranzutreiben:

  • Zeit- und Projektplan machen. Welcher Wandlungsprozess jetzt wo sinnvoll ist, sollte in einer Strategie formuliert sein, die selbst flexibel genug ist, sich neuen Herausforderungen anzupassen.
  • Etappenziele formulieren. Diejenigen, die die digitale Transformation angestoßen haben, gehen daher in kleinen Schritten voraus. Die einen bauen eine App für einen besseren Kundenkontakt. Andere strukturieren ihr Intranet um, machen es social. Wiederum andere bringen ihre Digitalstrategie spielend an die Belegschaft. Welche Option auch gewählt wird, es sind die Etappen, die kleine Erfolge ermöglichen und für den nächsten Schritt rüsten.
  • Zurück in die Zukunft. Immer wieder zurückzuschauen, auf geschaffte Veränderungen hinzuweisen und Fehler einzugestehen ist ein motivierendes und einfach umzusetzendes Erfolgsrezept. Beispielsweise hält das Versandhaus Otto regelmäßige Fuck-up-Nights ab, in denen Kollegen ihre Misserfolge bei der Digitalisierung und was sie daraus gelernt haben darlegen. Fuck-up Nights sind inzwischen eine weltweite Bewegung.

Agile Methoden und Change Management verbinden

Change Management ist keine „alte Dame“.

Das Ziel agiler Methoden ist, kurz gesagt, Lösungen durch Teamwork sowie Review- und Feedback-Schleifen schneller zu finden. Letztlich ist Agilität auch nur eine Möglichkeit, Projekt-Management zu betreiben – wie das Change Management. Die beiden Methoden werden aber unterschiedlich aufgenommen. Dabei könnte eine Vermischung dem Wandlungsprozess gut tun. Statt Entweder-Oder sollten Firmen darüber nachdenken, Change Management um agile Methoden zu ergänzen, heißt es in einem Blogbeitrag von freshservice, einem Anbieter von Customer Engagement Software:

  • Agilität feiert das „Stückwerk“. Wenn Fehler frühzeitig erkannt werden, bleibt genügend Zeit, um gegenzusteuern. Beispielsweise wirken sich Wandlungsprozesse bei Technologien auch auf die Art aus wie Kollegen miteinander kommunizieren. Um Probleme unter der Belegschaft zu vermeiden ist es ratsam, Stellschrauben langsam und mit Weitblick zu drehen.
  • Produktives Miteinander. Ein Vorteil der vom Agilen Manifest geforderten täglichen Zusammenarbeit ist direkte Kommunikation. Auf diese Weise lassen sich Unstimmigkeiten und Missverständnisse schneller auflösen. Darüber hinaus lernen die Beteiligten von- und miteinander, was für kommende Projekte positiv sein kann.
  • aus beiden Welten das Beste. Change Management sollte nicht als „alte Dame“ missverstanden werden, die man nicht mehr ändert, schon garnicht durch den Hipster „agile Methode“. Mehrere Generation können auch für das Projektmanagement von Vorteil sein.

Change Management formt nicht Unternehmenskultur, sie ist es

Eine Change-Management-Strategie ist nur am Anfang dazu da, die Unternehmenskultur umzukrempeln. Flache Hierarchien, digitale Technologien, neue Kommunikationswege, eine heterogene, motivierte Belegschaft, kreative, mutige Lösungen von Einzelnen und Teams im Sinne von New Work – für die digitale Transformation ist nicht nur der Wandel hin zu einer neuen Unternehmenskultur nötig, sondern auch die Erkenntnis, dass dieser Wandel nicht mehr aufhört. Change Management ist selbst die neue Unternehmenskultur, die trotz Beachtung vieler berechtigter Modelle am Ende vor allem von Verständnis, Wertschätzung, Respekt und Miteinander lebt.

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