Warum Dell seine Angestellten mit einem Chatbot sprechen lässt

Gespräche mit der Personalabteilung sind Vertrauenssache, auch bei kleineren Anliegen. Letztere lässt der Computerhersteller Dell inzwischen von einem Chatbot abwickeln – zur allgemeinen Zufriedenheit der Belegschaft. 

Chatbot-Technologie ist alles andere als neu. Der erste Chatbot namens Eliza, benannt nach der gelehrigen Blumenverkäuferin Eliza Doolittle in George Bernard Shaws Theaterstück Pygmalion, wurde bereits 1966 vom deutschen Informatiker Joseph Weizenbaum am Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt. Zu einem richtigen Hype wurden Chatbots aber erst 50 Jahre später, als Facebook Firmen erlaubte, Chatbots in seinem Messenger zu integrieren. Seitdem halten sie immer weiter Einzug in unseren Alltag, sei es in Form eines Chat-Fensters auf einer Website, der Chat-Funktion in einer App oder einer Stimme am Telefon.

Die Technik ist inzwischen soweit ausgereift, dass man sie auf Kunden oder die eigene Belegschaft loslassen kann – und meistens lohnt es sich für die betreibenden Firmen. Nur sollte man sich die Implementation eines solchen „Virtual Agents“ nicht wie die Inbetriebnahme einer weiteren Business-Anwendung wie Analytics vorstellen, bei der es nur auf die gute Vorarbeit der IT und die Schulung der Mitarbeiter ankommt. Wie bei allen Projekten, die einen größere Eingriff in die Kommunikation mit Kunden oder Mitarbeitern darstellen, braucht es hier eine sehr sorgfältige Planung und die Einbindung mehrere Unternehmensbereiche.

Nicht abwimmeln, sondern informieren, lautet das Ziel

Wie ein solcher Prozess aussehen kann, verriet Erin Defay, Director für HR Digital Employee Experience bei Dell in den USA während der Knowledge 21, der Anwenderkonferenz des US-Anbieters ServiceNow. Letzterer betreibt eine Plattform zur Orchestrierung von IT-Services und Workflows im Unternehmen, und mit deren Virtual-Agent-Technologie wurde das Projekt umgesetzt.

Die Zielsetzung bei Dell lautete, möglichst viele Anrufe bei der Personalabteilung, die sich auf eher triviale Themen beziehen, von einem Chatbot beantworten zu lassen, damit die Mitarbeiter*innen der Personalabteilung mehr Zeit für anspruchsvollere Themen und Gespräche haben. Unumstritten war intern der Einsatz des Chatbots für diesen Zweck allerdings nicht. „Es gab im Vorfeld Diskussionen darüber, wie das sich wohl bei Mitarbeitern ankommen würde, die es bisher es gewohnt waren, immer direkt mit einem HR-Kollegen zu sprechen, jetzt erstmal mit einem Chatbot zu kommunizieren“, sagt Erin Defay. Die Erleichterung steht ihr im Gesicht geschrieben wenn sie knapp vier Monate nach Inbetriebnahme des Virtual Agents sagt: „Wie wir heute sehen, gibt es keine erkennbaren negativen Auswirkungen.“

Traumhafte Zufriedenheitswerte

Im Gegenteil, die Bilanz der ersten drei Monate fällt ausgesprochen positiv aus. Fast die Hälfte (47 Prozent) aller Anfragen werden mittlerweile vom Virtual Agent beantwortet. „Das hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen“, sagt Defay. Was sie besonders freut: Die Belegschaft scheint absolut kein Problem mit der Umstellung zu haben. 

Rund 50.000 Chats mit 23.000 verschiedenen Nutzern zu 17 verschiedenen Themen gab es in den ersten drei Monaten. Die Nutzerzufriedenheit bei Mitarbeiter*innen, die es nur mit dem Virtual Agent zu tun haben, liegt bei 78 Prozent. Bei den Mitarbeitenden, die der Virtual Agent erfolgreich an einen Kollegen aus der Personalabteilung weiterverbunden hat, liegt die Zufriedenheit bei 97 Prozent. Und die allgemeine Zufriedenheit mit den Diensten der Personalabteilung liegt bei 96 Prozent.

Grundsätze und Einführungsstrategie

Das Projekt hatte eine zehnmonatige Vorbereitungsphase, etwa 75 Mitarbeiter*innen beteiligten sich aktiv an seiner Gestaltung. Als Grundlage dienten fünf Prinzipien, an denen sich das Team orientierte:  

  1. Das Design der Lösung wird von den Nutzern vorgegeben – nicht von den existierenden Prozessen und Strukturen. Es sollte schließlich dazu dienen, dass die Mitarbeitenden die Informationen, die sie brauchen, nun einfacher finden.
  2. Der Zugang zu den richtigen Informationen muss einfach und mühelos sein, aber und sicher.
  3. Suche und Navigation sollen die Nutzer auf direktem Weg zu den Informationen führen, die sie brauchen. „Das mag trivial klingen, aber wir wissen alle, dass Unternehmen genau daran immer wieder scheitern“, sagt Erin Defay. 
  4. Der Inhalt, der dem Nutzer präsentiert wird, muss relevant und genau sein.: „Ein acht Jahre altes PDF über eine Policy in Indien ist für einen Angestellten in Irland nicht nur nicht das, was er suchte, sondern eine frustrierende Erfahrung“, so Defay
  5. Der Erfolg des Projekts wird daran gemessen, ob sich die Kommunikationserfahrung der Nutzer verbessert.

Ergänzt wurde diese Basis durch eine Implementationsstrategie, die auf folgende Grundsätze beruht: 

  1. Der virtuelle Agent und das Live-Gespräch mit den Mitarbeiter*innen der Personalabteilung werden als gleichberechtigte Teile eines umfassendes Angebots zur Kommunikation mit dem Personalwesen betrachtet. „Das ist mit Abstand der wichtigste Grundsatz“, betont Erin Defay. Aus Sicht des Nutzers gebe es nur eine durchgängige „Chat Experience“, bei der beide Möglichkeiten denselben Zweck erfüllen.
  2. Aufnahme, Erstellung und Pflege der Themen, die der Virtual Agent abdeckt, werden über ein Governance-Modell gesteuert, das speziell für den Betrieb des Virtual Agents erstellt wurde. Die Themen wurden durch eine Auswertung der mistgefragten Themen aus den vergangenen sechs Jahren ausgesucht. Insgesamt 17 Themen wurden für den Anfang gewählt. Anschließend wurde die Software mit den jeweiligen Schlüsselbegriffen von jedem Thema trainiert, damit der Chatbot an der Fragestellung des Nutzers das richtige Thema identifiziert und ihn/sie zu den passenden Informationen führt oder mit einem Mitarbeiter der Personalabteilung verbindet.
  3. Nutzung aller verfügbaren Daten zur Priorisierung von Verbesserungsmöglichkeiten.
  4. Kontinuierlich neue Themen hinzufügen und bestehende Themen erweitern. „Angesichts der begrenzten Ressourcen ist es wichtig, datengestützte Entscheidungen zu treffen und die Themen ständig zu erweitern und neue aufzunehmen“, erklärt Defay.
  5. Themen wählen, die die Qualität der Kommunikation und die Erfahrung der Mitarbeitenden verbessern, noch mehr Anfragen auf die Virtual Agents auslagern und gleichzeitig das Live-Gespräch mit der Personalabteilung aufwerten.
  6. Die Zahl der speziellen Anpassungen begrenzen, um beim Virtual Agent neue Features und Funktionen einfacher einführen zu können. 

Den Vortrag von Erin Defay und ihrer Kollegin Amy Czuba mit allen weiteren Details finden Sie bis Anfang Oktober 2021 auf der Website der Konferenz. Die Registrierung ist unverbindlich und kostenlos.

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