So bringt Henkel seinen Mitarbeitern „digital“ bei

Mit der globalen Fortbildungsinitiative „Digital Upskilling“ bringt der Konsumgüterhersteller Henkel mit Sitz in Düsseldorf seine weltweit 53.000 Mitarbeiter auf den neusten digitalen Stand – und darüber hinaus.

Lea Vajnorsky, Head of Platform Development: "Digitales Up- und Reskilling global denken." (Quelle: Henkel)
Lea Vajnorsky, Head of Platform Development Henkel X: „Digitales Up- und Reskilling global denken.“ (Quelle: Henkel)

Bislang war es eher Stückwerk, wenn auch ein vielschichtiges: In der Personalabteilung ist Weiterbildung Kernthema, Lernangebote werden in einem digitalen Lernkatalog zusammengefasst, Austausch- und Netzwerk-Formale für die Belegschaft etabliert. Irgendwie aber fehlte System. „Wir haben festgestellt, dass wir digitales Up- und Reskilling im globalen Fokus anders und gesamtheitlicher angehen müssen“, sagt daher Lea Vajnorsky, Head of Platform Development bei Henkel, im Gespräch mit Business User. Die individuelle Lernreise der über 50.000 sehr diversen und weltweit verteilten Mitarbeitern in den Geschäftsbereichen Laundry & Home Care, Beauty Care und Adhesive Technologies, sehe bei jedem anders aus.

Abfrage von digitalem Allgemeinwissen und von vorhandenem Expertenwissen

Wie genau das aussieht und wie man eine Lern-Struktur in dieses diverse Umfeld bringt, dafür hat Henkel jetzt die globale „Digital Upskilling“ genannten Fortbildungsinitiative gestartet.

„Digital Upskilling“ gilt auch für Führungskräfte.

Das Bildungsprogramm „Digital Upskilling“ beginnt mit der Evaluierung des digitalen Kenntnisstandes der Belegschaft. In anonymen Online-Befragungen schätzen sich die Mitarbeiter selbst ein, sowohl im Bereich digitales Allgemeinwissen als auch hinsichtlich der Fach-Expertise im jeweiligen beruflichen Umfeld (etwa HR, IT, Marketing und Vertrieb). Das allgemeinere „Digital BaseFit“-Format stelle Fragen wie „Was bedeutet IoT, Industrie 4.0, eCommerce?“, um herauszufinden was die Mitarbeiter zu Themen wissen, die heute und jetzt wichtig seien.

Der „ExpertFit“ geht auf die verschiedenen, bei Henkel Jobgruppen genannte, Abteilungen ein, etwa HR, IT, Marketing und Vertrieb. Die in dem Framework definierten, zukunftsgerichteten digitalen Skills (sowie die darauf zugeschnittenen Trainingsangebote) hat intern die Personalabteilung gemeinsam mit dem Digital-Team von Dr. Rahmyn Kress, Chief Digital Officer und Gründer der Open-Innovation-Plattform Henkel X, sowie fachkundigen Mitarbeitern und Experten der verschiedenen Abteilungen erarbeitet. Zusätzlicher Input kam von außen. „Zusammen mit der Beratungsfirma Accenture, die uns bei dem Framework unterstützt hat, erreichen wir eine gute Mischung aus Markt- und unternehmensinterner Perspektive“, beschreibt Franziska Schatt, Senior HR-Manager, das Konzept.

Keine Digitalreise ohne Mitarbeiter – und Führungskräfte

Franziska Schatt, Senior HR-Manager: "Wer sich wohlfühlt bleibt und kann sich weiterentwickeln.“
Franziska Schatt, Senior HR-Manager: „Wer sich wohlfühlt bleibt und kann sich weiterentwickeln.“ (Quelle: Henkel)

Auf den Ergebnissen aufbauend sollen maßgeschneiderte Trainings- und Weiterbildungsangebote folgen, um wichtige Kompetenzen für die digitale Transformation zu vermitteln. In den nächsten drei bis fünf Jahren wird es darum gehen, die Belegschaft mit den Herausforderungen der digitalen Transformation vertraut zu machen, sie in Themen wie Analytik, E-Commerce oder die Ansprache von zukünftigen Arbeitskräften zu schulen und darüber hinaus zu motivieren, dass Lernen lebenslang ist. Auch die Fortbildungsinitiative lernt mit. „In einem bis eineinhalb Jahren werden wir das Assessment wiederholen und schauen, was sich verändert hat oder wo wir nachjustieren müssen“, so Schatt.

Dabei kommt der Input nicht ausschließlich von den Initiatoren. Bei Veranstaltungen wie Lern-Sessions, Panels mit dem Management, Events mit Start-Ups, die für einzelne Geschäftseinheiten bedeutsam sind, oder Briefings, in denen gezielt digitale Themen zur Sprache kommen, können sich Mitarbeiter zu Wort melden und am Gestaltungsprozess teilnehmen. Das gilt im Übrigen auch für die Führungskräfte. Die müssten explizit abgeholt werden und seien als Botschafter und Unterstützer der digitalen Transformation auf allen Ebenen unverzichtbar.

Die größte Herausforderung: Das enorme Tempo der Digitalisierung

Wie alle Unternehmen, groß oder klein, hat auch Henkel mit der Geschwindigkeit, die die Digitalisierung in das Geschäftsleben bringt, umzugehen. Immer kürzere Innovationszyklen, disruptive Geschäftsmodelle oder der wachsende Wettbewerbsdruck vor allem im Konsumgüterbereich verlangten Antworten. Die digitale Fortbildungsinitiative sei so eine Antwort. Die Mitarbeiter, von Beginn an involviert, nähmen das Konzept gut an und veränderten sich schon jetzt im positivsten Sinne (Stichwort Employer Branding).

Obwohl Henkel ein Traditionskonzern sei, komme er draußen gut an – des spannenden Umfelds wegen.

Bei der Suche nach neuen (Digital-)Talenten sei die langfristig angelegte Henkel´sche Entwicklung trotz des Tempodrucks von Vorteil. Junge Talente suchten Jobs in einem spannenden Umfeld. Und obwohl der Konzern ein Traditionsunternehmen sei, komme er draußen gut an. Für Franziska Schatt ist das nicht überraschend: „Wir sind einer der internationalsten DAX-Konzerne. Unsere Mitarbeiter kommen aus zig Nationen und arbeiten in weltweiten, virtuellen Teams. Dank unserer Geschäftsvielfalt können Kollegen in völlig neue Berufe innerhalb der Firma wechseln und Neues lernen. Wer sich wohl fühlt, bleibt und kann sich doch weiterentwickeln.“

Neben Accenture bekommt Henkel bei der globalen Fortbildungsinitiative Unterstützung zum einen von dem Innovations-Hub H-Farm. Das italienische Unternehmen hat die innovative Lernumgebung maize.PLUS kreiert, auf der Lerninhalte zu Technologiethemen, Verbrauchertrends oder neuen Arbeitsweisen angeboten werden. Die Lernplattform stammt von Cornerstone, einem Anbieter von Cloud-basierter Talent-Management-Software. Hier können Mitarbeiter personalisierte Lerninhalte spielerisch, analog oder digital durchlaufen.

Digitalisierung kann auch ohne Weltkonzern-Budget gelingen

Nicht alle Betriebe verfügen über die Möglichkeiten und Quellen, die Henkel ausschöpfen kann. Gerade Mittelständler hadern damit, etwas mit „dieser Digitalisierung“ tun zu müssen, wissen aber nicht, was und wie sie es anfangen sollen. Hilfe bekommen sie zum Beispiel von den jüngst vom Bundesarbeitsministerium eingerichteten „Zukunftszentren“, die kleine und mittlere Betriebe „gezielt dabei zu unterstützen, die großen Veränderungsprozesse zu bewältigen und sozial zu gestalten“, beschreibt Staatssekretär Björn Böhning die Aufgabe der Anlaufstellen. Die Zukunftszentren gesellen sich zu den Kompetenzzentren des Wirtschaftsministeriums, die in ganz Deutschland mit Demonstrationszentren, Netzwerken zum Erfahrungsaustausch, Veranstaltungen und praktischen Beispielen Unternehmen bei der Transformation helfen.

Digitalisierungseffekt bei Mitarbeitern: Raus aus der langweiligen Komfortzone
Digitalisierungseffekt bei Mitarbeitern: Raus aus der langweiligen Komfortzone

So oder so, Firmen benötigen digitale Expertise, um sich für die Märkte von Morgen zu rüsten. Wer sich nicht wie Henkel, Siemens, Continental oder der ADAC auf Weltkonzern-Niveau bewegt und Know-how intern aufbauen kann, hat durchaus Möglichkeiten, Fachkräfte auch ohne Mega-Budget anzuwerben. Vieles hängt dabei von einer attraktiven Firmen- und Weiterbildungskultur ab und davon, ob ein Betrieb weiß, in welche digitalen Optionen er investiert, um gezielt anwerben zu können.

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