Künstliche Intelligenz in der Chefetage: Daten sorgen für eine neue Führungskultur

Führungskräfte knüpfen zunehmend operative Entscheidungen an Datenanalysen von KI-Systemen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Zugleich führen sowohl die Ergebnisse als auch die gewonnene Zeit zu einem moderneren Führungsverständnis. 

Die Führung eines Unternehmens erschöpft sich nicht mehr in Ansagen darüber, wer, wann, was zu tun hat. Das Verständnis von Führung ist zwar heute nach wie vor auf das Unternehmenswachstum fokussiert. Dafür verantwortlich ist aber nicht mehr nur der Chef. Daran beteiligt ist immer häufiger ein Kollektiv, das auch die Beschäftigten umfasst, sowie die im Unternehmen anfallenden Daten.

People Analytics: Zwischen Produktivität und Mitarbeiterüberwachung
People Analytics: Datenbasierte Personalführung

Die nämlich ermöglichen tiefere Einblicke in den Betrieb, von den aktuellen Geschäftsprozessen bis zum Betriebsklima. Wer sich von Datenanalyse, Algorithmen oder gar Machine Learning und Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Entscheidungsfindung unterstützen lässt, verschafft dem Unternehmen Vorteile bei Produktivität und Kosten einerseits und mehr Zeit, Motivation und Zufriedenheit für die Belegschaft andererseits. So lautet das Ergebnis einer Studie von Studie von Microsoft, bei der die Autoren 1.150 Führungskräfte aus 13 Ländern befragten. Unternehmen mit einer aktuell zweistelligen Wachstumsrate setzen mehr als doppelt so häufig KI-Systeme ein, heißt es dort (37,8 zu 17,1 Prozent). In Deutschland liegt das Verhältnis sogar bei rund 4:1 (66,7 Prozent zu 16,7). Die internationale Studie sieht in KI einen starken Wachstumstreiber, weil sie nicht nur neue Technologien und darauf fußende neue Analysemöglichkeiten bietet, um etwa die Effizienz zu steigern. Entscheider wollten KI auch für Führungsaufgaben nutzen, so ein Fazit. „Die Zeit, die sie durch den Einsatz von KI sparen, soll vorrangig in die Motivation und Inspiration ihrer Beschäftigten (28,5 Prozent) investiert werden.“

„Durch KI wird Führung noch menschlicher und hilft Entscheidern, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Beschäftigten“.
Heike Bruch, Professorin und Direktorin am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen

Laut Studie zahlen sich Investitionen in die Belegschaft aus. Dazu müssen Führungskräfte aber erst einmal bereit sein. KI könne diesen Lernprozess beschleunigen. Mehr als die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass sie Probleme mit Hilfe von KI in Zukunft vollkommen anders lösen werden, beispielsweise indem sie andere Prioritäten setzen, um Mitarbeiter zu inspirieren. „Durch KI wird Führung noch menschlicher und hilft Entscheidern, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Beschäftigten“, wird Heike Bruch, Professorin und Direktorin am Institut für Führung und Personalmanagement der Universität St. Gallen, in der Studie zitiert.

Nun flüstert das KI-System der Führungskraft nicht ins Ohr, was sie zu tun hat. Auch Entscheider müssten sich auf die Veränderungen der Führungsaufgaben durch KI vorbereiten und weiterentwickeln. „Es gibt eine Lücke zwischen dem, was die Menschen tun wollen, und dem, was ihre Unternehmen tatsächlich umsetzen“, sagt etwa Mitra Azizirad, Corporate Vice President for AI Marketing bei Microsoft. Sie fordert eine Führungskultur, die über die rein geschäftlichen Aspekte der KI-Nutzung hinausgeht und auch die Auswirkungen von KI aufs (traditionelle) Geschäft betrachet, um die kulturellen Veränderungen und die ethischen Fragen, die damit verbunden sind. Und schließlich gehe es darum, dass Unternehmensführer die notwendigen Fähigkeiten haben, diese Veränderungen aktiv zu managen.

Viele Unternehmen sind noch in der Orientierungsphase

„Unternehmen messen dem Thema in Zukunft viel Bedeutung bei“, sagt Prof. Dr.-Ing. Sascha Stowasser, Direktor des ifaa. (Quelle: ifaa)

Was KI für ein Unternehmen bedeutet und wie es Geschäftsmodelle und Beziehungen verändert, sind derzeit große Themen in den Betrieben. Diejenigen, die sich mit KI bereits intensiv auseinander gesetzt haben – laut der Microsoft-Studie vor allem schnell wachsende Firmen – binden hierzulande KI aktiv in die Unternehmensstrategie ein, auch, weil sie über die notwendigen Fähigkeiten für den Umgang mit der Technologie verfügen. Im ifaa-Trendbarometer fallen die Ergebnisse zum Thema KI (noch) anders aus.

In der Herbstabfrage 2018 wurde den Themen „lernende Systeme & Künstliche Intelligenz“ noch wenig Relevanz beigemessen. „Wir gehen davon aus, dass viele Unternehmen noch in der Orientierungs- und Informationsphase sind“, kommentierte Prof. Dr.-Ing. Sascha Stowasser, Direktor des ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft die aktuellen Ergebnisse. Für 2019 gehe die Trendkurve für KI aber deutlich nach oben.

Das ifaa-Trendbarometer „Arbeitswelt“ gibt Auskunft über die Bedeutung von Themen der Arbeits- und Betriebsorganisation sowie der Arbeitswissenschaft. Zwischen Juli 2018 und Dezember 2018 beteiligten sich 389 Personen aus Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft an der Befragung. Den aktuellen Fragebogen jeweils zur Frühjahrs- und Herbsterhebung gibt es auf der ifaa-Webseite.

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