Diese Fähigkeiten sichern Ihr Überleben in der digitalen Arbeitswelt

Sozialkompetenz, Kreativität und natürlich Fachwissen werden durch Technologietrends wie Automatisierung und Digitalisierung immer wichtiger und entscheiden irgendwann auch über den beruflichen Erfolg.

Es nicht nur das technische Fachwissen, das durch die Digitalisierung in den nächsten Jahren mehr Gewicht bekommen wird. Die Automatisierung fordert auch höhere Sozialkompetenzen und Kreativität. Motorische Fertigkeiten werden hingegen in Deutschland und auch in anderen Teilen der Welt immer seltener gebraucht. Dementsprechend wird auch das Jobangebot in diesen Bereichen stark zurückgehen.

Laut der Studie des McKinsey Global Institute (MGI) „Skill shift – Automation and the future of the workforce“ wird bis 2030 der Anteil der Arbeit, die technisches Wissen voraussetzt, um bis zu 55 Prozent steigen. Manuelle oder motorische Fertigkeiten werden dagegen immer seltener benötigt. Hier sehen die Experten von McKinsey ein Minus von 14 Prozent. Der Anteil der Arbeitszeit, bei dem soziale und emotionale Kompetenzen gefragt sind, werde demnach aber in den nächsten 12 Jahren um knapp 25 Prozent zunehmen.

Vorhersagen, wie sich durch die Digitalisierung die Arbeitswelt verändern wird, gibt es in großer Zahl. Doch die Studie des MGI untersucht zum ersten Mal, welchen Effekt der Einsatz neuer Technologien auf die Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten hat.

Der Mini-Rechner Calliope soll Kindern den Umgang mit Technologie nahe bringen. Aber auch Menschen, die bereits im Berufsleben stehen, werden sich stärker als bisher Weiterbilden müssen, so die McKinsey. (Bild: Martin Schindler)
Der Mini-Rechner Calliope soll Kindern den Umgang mit Technologie nahe bringen. Aber auch Menschen, die bereits im Berufsleben stehen, werden sich stärker als bisher weiterbilden müssen, so die McKinsey-Studie. (Bild: Martin Schindler)

Im Vergleich mit anderen Industriestaaten wie Frankreich, UK oder USA liegen die technologischen Fähigkeiten der Arbeiter in Deutschland schon heute deutlich über dem Durchschnitt. Deutschland kommt auf einen Anteil von 14 Prozent der Arbeitszeit, die auf technologische Expertise entfällt. In den USA und Frankreich sind es 11 Prozent, in Großbritannien 12 Prozent.

Schon heute seltene Fähigkeiten werden noch stärker gefragt

In diese Kategorie fallen laut MGI IT-Expertise, Programmier- und Analysekenntnisse sowie wissenschaftliche, technische, Forschungs- und Designfähigkeiten. Bis 2030 werde sich dieser Anteil dieser Art Anforderungen in Deutschland auf 19 Prozent erhöhen.

Der Rückgang der Arbeitszeit, die auf den Einsatz manueller Fähigkeiten entfällt, geht in Deutschland mit 22 Prozent bis 2030 ebenfalls stärker zurück als in anderen Ländern. „Grund dafür ist, dass Stellen vor allem im verarbeitenden Gewerbe immer weniger physische Kraft und händisches Steuern von Maschinen erfordern werden“, analysiert Anna Wiesinger, Düsseldorfer Juniorpartnerin bei McKinsey und Mitautorin der Studie. Wiesinger folgert: „Deutschland baut den Schwerpunkt auf Technologiefähigkeiten aus.“

Die Digitalisierung fordert Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. (Quelle: McKinsey)
Die Digitalisierung fordert Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. (Quelle: McKinsey)

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Automatisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz auch Fähigkeiten notwendig macht, die heute damit eher selten in Verbindung gebracht werden. So werde der Anteil an Arbeitszeit, der soziale und emotionale Fähigkeiten voraussetzt, in Deutschland um etwa 25 Prozent zulegen und auf insgesamt 20 Prozent heranwachsen. Kommunikations- und Verhandlungsgeschick, Empathie und Führungsvermögen gewinnen durch die Digitalisierung ebenfalls an Bedeutung, so die Studienautoren. Es zeige sich aber, dass durch die Automatisierung genau diejenigen Arbeitnehmer gefragt sind, die schon heute knapp sind.

Mehr Zeit für den Menschen

Der US-Wissenschaftler James Timbie gibt dafür das Beispiel von Ärzten. Künstliche Intelligenz hilft bei der Erstellung einer Diagnose. Der Arzt ist dann hauptsächlich dafür verantwortlich, sich mit dem Patienten auseinander zu setzen und diesen mit einer Kombination aus rationalen Argumenten und Einfühlungsvermögen durch die Therapie zu führen. Von den Studienautoren stammt das Beispiel Einzelhandel: Durch die Automatisierung von unterstützenden administrativen Tätigkeiten haben die Mitarbeiter mehr Ressourcen für die Kundeninteraktion.

Übersicht der Fähigkeiten, die künftig mehr bzw. weniger gefragt sein werden. (Quelle: McKinsey)

Laut MGI bekommen das Gesundheitswesen und die Pflege im internationalen Branchenvergleich jedoch eine Sonderrolle. „Der Gesundheitsbereich ist der einzige Sektor, in dem auch die Nachfrage nach körperlichen und händischen Fähigkeiten weiter steigt, weltweit um zirka fünf Millionen Arbeitskräfte.“ Das lasse sich jedoch nicht mit technologischen Entwicklungen erklären, sondern gehe auf den demografisch bedingten steigenden Bedarf an Krankenschwestern, Pflegern oder Physiotherapeuten. Hingegen sei etwa in Finanzbranche oder in der Versicherungsbranche mit einer weitreichenden Automatisierung von Verwaltungstätigkeiten zu rechnen.

So wie schon heute vielerorts fehlende Fachkräfte wirtschaftliches Wachstum bremsen, wird das auch künftig diese Entwicklung noch verstärken, glaubt man den Zahlen von McKinsey. Die Unternehmensberatung empfiehlt daher, Mitarbeiter gezielt aus- und weiterzubilden. „Jeder dritte Top-Manager fürchtet, dass fehlende Fähigkeiten in der Belegschaft direkte negative Auswirkungen auf die Geschäftsbilanz haben können“, erläutert Wiesinger die Ergebnisse einer Befragung von 3.000 Vorständen.

Eine Umschichtung von Arbeitskräften im großen Stil 

25 Prozent plage die Sorge, dass Wachstumsziele verfehlt werden. Etwa gleich viele Vorstände wollen darauf mit verbesserten Trainingsangeboten reagieren. Mitarbeiter müssten schnell mit Fähigkeiten für die Zukunft ausgestattet werden. Daher werde auch das lebenslange Lernen immer wichtiger. Was der Umschulung von Fachkräften betrifft geht Timbie davon aus, dass in den nächsten Jahren etwa 50 Prozent aller Jobs in Branchen beheimatet sind, die von der Automatisierung getroffen sind. Darin könnte eine Lösung für das Problem drohender Arbeitslosigkeit liegen, das in vielen Bereichen durch die Automatisierung verstärkt wird.

MGI hat für die Studie die fünf Branchen untersucht: Banken und Versicherungen, Energie, Gesundheit, verarbeitende Industrie sowie Handel in den Ländern Deutschland, USA, Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien. Die Studie „Skill shift – Automation and the future oft he workforce“ basiert auf einer Taxonomie mit den fünf Kategorien „körperliche und händische“, „grundlegende kognitive“, „höhere kognitive“, „soziale und emotionale“ sowie „technologische“ Fähigkeiten aufgestellt, die insgesamt 25 einzelne Fähigkeiten umfassen. Für das Jahr 2016 wurde die Arbeitszeit quantifiziert, die in über 800 Berufen und sechs Ländern auf die Anwendung dieser Fähigkeiten entfällt und deren Entwicklung mittels eines Automatisierungsmodells bis 2030 berechnet. Die gesamte Studie gibt es hier zum Download (PDF).

Titelfoto: Natalie Pedigo via Unsplash

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