Tun Sie Ihrem Hirn einen Gefallen: Schreiben Sie auf Papier!

Wenn es darum geht, kreativ nachzudenken, Ideen aus einem Brainstorming festzuhalten oder die Erkenntnisse aus einem Meeting notieren, ist Papier den digitalen Medien haushoch überlegen.

Es mag etwas ungewöhnlich sein, eine Überschrift wie diese in einem Magazin über digitale Arbeit zu lesen, doch letzten Endes geht es genau darum. Am digitalen Arbeitsplatz werden wir über alle möglichen Kanäle mit Informationen überflutet. Wir verbringen einen Großteil unserer Arbeitszeit damit, diese Informationen zu verarbeiten, die Spreu vom Weizen zu trennen, die wichtigen Informationen richtig einzuordnen und daraus ToDos abzuleiten. Diesen Prozess sollten wir nach Möglichkeit so effizient und mühelos gestalten, dass unserem Hirn hinterher genug Reserven für kreative Arbeit übrig bleiben. 

Die Nachbereitung der eigenen Notizen kann manchmal sehr aufwändig sein.

Eigene Notizen aus Meetings, Brainstormings oder einfach aus eigenen kreativen Sitzungen im stillen Kämmerlein können in der Nachbearbeitung besonders viel Zeit kosten, vor allem wenn zwischen Termin und Bearbeitung einige Zeit zurückliegt. Die Bedeutung einzelner Einträge erschließt uns oft auch beim x-ten Hinsehen nicht, Zusammenhänge müssen neu rekonstruiert und Unterlagen neu angeschaut werden. Das passiert unabhängig davon, ob die Notizen handschriftlich oder digital verfasst wurden, und doch gibt es einen Unterschied: Notizen auf Papier scheinen uns die Nachbereitung einfacher zu machen. 

Das haptische Erlebnis regt die Hirnaktivität an

Wissenschaftler der Universität Tokyo um Kuniyoshi L. Sakai haben vor einigen Jahren untersucht, wie unterschiedlich das Notieren auf Papier und auf mobilen Geräten jeweils das Hirn stimulieren. Untersucht wurde auch, wie gut sich die Testpersonen an die Sachverhalte und Zusammenhänge der Inhalte ihrer Notizen nach einer gewissen Zeit erinnern konnten. Dazu wurden 48 Probanden im Alter zwischen 18 und 29 mit ähnlich guten geistigen Fähigkeiten in drei Gruppen aufgeteilt, die je nach persönlicher Präferenz mit Schreibblock, Smartphone oder Tablet ausgestattet wurden. Sie sollten sich Notizen zu einem Gespräch machen, die zwei ihnen unbekannte Personen führten.  

Das Ergebnis fiel recht eindeutig aus. Zum einen war die Dauer des Notierens in der Papier-Gruppe signifikant kürzer als in der Tablet- und der Smartphone-Gruppe, und die Genauigkeit der Wiedergabe war in der Papier-Gruppe zumindest bei den einfacheren Fragen wesentlich höher. Da die Eingabemethoden zwischen der Papier- und der Tablet-Gruppe so weit wie möglich angeglichen wurden (die Tablet-Gruppe notierte mit einem digitalen Stift), gehen die Forscher davon aus, dass die kognitiven Prozesse in der Papier-Gruppe tiefer und solider waren.

Die zweite Erkenntnis besteht laut Studie darin, dass die Aktivierung der Hirnregionen, die für die visuelle Erkennung und das Sprachverständnis zuständig sind, in der Papier-Gruppe signifikant höher war als in der Tablet- und der Smartphone-Gruppe. Die erhöhte Aktivierung der Papier-Gruppe konnte nicht durch die allgemeine kognitive Belastung oder die Schwierigkeit der Aufgabe erklärt werden, da der Schwierigkeitsgrad der Aufgaben in Gruppen ähnlich war. 

Lässt sich die erhöhte Hirnaktivität auch digital triggern?

Sakai und sein Team interpretieren die erhöhte Hirnaktivität damit, dass beim Notieren auf Papier zahlreiche Umgebungsfaktoren wahrgenommen werden, wie zum Beispiel die Beschaffenheit des Papiers, die Schreibcharakteristik des Stiftes, etc. Offenbar löst dies eine erhöhte Hirnaktivität aus führt dazu, dass auch der Inhalt der Notizen intensiver verarbeitet wird. 

Das Hirn verbindet Inhalte mit dem haitischen und optischen Erlebnis damit.

„Digitale Werkzeuge haben ein einheitliches Scrollen nach oben und unten und eine standardisierte Anordnung von Text und Bildgröße, wie auf einer Webseite“, erklärte Sakai später in einem Interview. „Aber wenn Sie versuchen, sich an ein physisches, auf Papier gedrucktes Lehrbuch zu erinnern, können Sie die Augen schließen und im Geiste das Foto im unteren Drittel der linken Seite sehen, ebenso wie die Notizen, die Sie am unteren Rand hinzugefügt haben.“ Insgesamt sei Papier im Vergleich zu elektronischen Dokumenten vorteilhafter und nützlicher, weil das Papier selbst mehr einzigartige Informationen enthält, die sich besser einprägen.

Zugleich weisen die Forscher darauf hin, dass die Personalisierung digitaler Dokumente durch Hervorheben, Unterstreichen, Einkreisen, Zeichnen von Pfeilen sowie durch handschriftliche, farblich gekennzeichnete Notizen an den Rändern und andere Arten der digitalen Markierung eine analoge räumliche Anreicherung imitieren kann, die das Gedächtnis ebenfalls stärker anregt. Es scheint kein Zufall zu sein, dass Apps wie LiquidText, die genau das tun, Bestseller unter den Produktivitäts-Tools sind. 

Das volle Potenzial unseres Gehirns ausschöpfen

Der Stift hat eine direktere Verbindung zu unserem Hirn als Tastatur und Maus, so scheint es. Umso wichtiger ist es, diese Verbindung permanent zu stärken statt sie verkümmern zu lassen – besonders in jungen Jahren, wenn die Synapsen in unserem Hirn geformt und ausgeprägt werden. Und das nicht nur aus den Gründen, die bisher in diesem Artikel erwähnt wurden. Das Schreiben mit der Hand verstärkt außerdem das Verständnis für Sprache sowie die Fähigkeit, schriftliche Texte zu verarbeiten, wie eine Studie aus dem Jahr 2012 zeigt. 

Doch selbst wenn diese Fähigkeit im Erwachsenenalter vorhanden ist, kann sie verkümmern, wenn handschriftliche Notizen auf Dauer durch digitale Eingaben ersetzt werden. Eine norwegische Studie wies nach, dass das Schreiben per Hand sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen das Erinnerungsvermögen generell stärkt. „Damit sich das Gehirn bestmöglich entwickeln kann, müssen wir es für das nutzen, was es am besten kann“, sagt Professorin Audrey van der Meer, die die Studie durchgeführt hat. „Wir müssen ein authentisches Leben führen. Wir müssen alle unsere Sinne benutzen, draußen sein, alle Arten von Wetter erleben und andere Menschen treffen. Wenn wir unser Gehirn nicht herausfordern, kann es sein volles Potenzial nicht ausschöpfen.“

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