Mitarbeiterentwicklung gelingt nur durch Lebenslanges Lernen
Das Fortbildungsseminar alle zwei Jahre hat ausgedient. Es gibt heute schon mehr an digitalem Wissen aufzuholen, als es den meisten Unternehmen lieb ist. Höchste Zeit, das Thema Fortbildung weiter zu fassen und mit neuen Möglichkeiten auszustatten.
Die Corona-Krise hat es uns erneut vor Augen geführt: Wir leben in einer unsicheren Welt, in der sich innerhalb kürzester Zeit alles ändern kann – und in der Unternehmen und Mitarbeiter in der Lage sein müssen, sich jederzeit flexibel auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen. Dies setzt jedoch nicht nur agile Strukturen voraus, sondern insbesondere auch neues Wissen und neue Kompetenzen für die Mitarbeiter. Denn sie sind es, die mit ihren Ideen, ihrer Expertise und den individuellen Arbeitsergebnissen den entscheidenden Beitrag zum Erfolg des Unternehmens leisten.
Die Weiterentwicklung von Mitarbeitern über ein Seminar alle zwei Jahre genügt also längst nicht mehr. „Man lernt nie aus“ lautet vielmehr die Devise für eine kontinuierliche Weiterentwicklung. Nun liegt es (auch) an den Unternehmen: Was muss getan werden, um die Mitarbeiter bei ihrem kontinuierlichen Lernprozess zu unterstützen? Wie kann diese Aufgabe so umgesetzt werden, dass auch die gesamte Organisation davon profitiert? Die Antwort ist zukunftsorientiert und verlangt von uns, Weiterbildung neu zu denken.
Kontinuität statt jährlichem Blockseminar
Es sind nicht nur die Methoden, die sich verändern müssen, sondern vor allem auch das Mindset. Denn die jährliche Eintagsfliege des Blockseminars kann dem Anspruch nach lebenslangem Lernen nicht mehr gerecht werden. Kontinuität, Individualisierung und Bedarfsorientierung sind die relevanten Stichwörter im Kontext der Zukunftsfähigkeit von Menschen und Organisationen. Nur durch regelmäßige Weiterbildungsmaßnahmen, die simultan zum Berufsalltag verlaufen, können nachhaltige Erfolge erzielt werden.
Das bedeutet auch, dass gängige Formate wie das klassische Seminar durch neue Tools und Methoden weiterentwickelt und zumindest ergänzt werden müssen – idealerweise praxisnah und informell durch „Learning by Doing“. Um dabei besonders große Erfolge zu erzielen, ist es ratsam, den Inhalt individuell auf den Lernenden zuzuschneiden. Und wie im Zuge der Digitalisierung üblich, müssen die benötigten Inhalte jederzeit digital abrufbar sein, sodass Fragen, die bei der Arbeit auftauchen, im direkten Workflow beantwortet werden können.
Gegenseitiges Lernen als Erfolgsfaktor
Wie also funktioniert es, dieses „neue Lernen“? Neue Erkenntnisse zeigen, dass der Lernprozess keineswegs einseitig vonstattengeht. Stattdessen ist auch dieser hochgradig wechselseitig. Es ist beispielsweise auch der aktive Austausch mit Kollegen, der für die nachhaltige Wissensaufnahme unerlässlich ist und die Motivation steigert.
Da Zeit bekanntlich Geld ist, muss dieser Austausch effektiv in den Berufsalltag integriert werden. Dafür ist es wichtig, die Mitarbeiter mit leicht zu bedienenden Tools auszustatten, die ihren individuellen wie auch einen gemeinsamen Lernprozess unterstützen. Dabei ist es sinnvoll, sich nicht auf ein Medium zu beschränken, sondern stattdessen Abwechslung zu bieten. Visuelle Inhalte, wie Erklärungsvideos von Kollegen, sind neben den üblichen Face-to-Face-Gesprächen besonders zielführend und tragen zu einem besseren Lernerfolg bei.
Eigenverantwortung rückt in den Fokus
In den letzten Jahrzehnten hat sich der Führungsstil zunehmend liberalisiert. Klassische „top-down“ Strukturen werden immer stärker durch Elemente des „bottom-ups“ erweitert. Auch für Weiterbildungsmaßnahmen sind diese Veränderungen ein wichtiger Faktor: Während Personalentwicklung zuvor meist von HR und den Führungskräften organisiert und bereitgestellt wurde, steht nun der Mitarbeiter vermehrt in der Eigenverantwortung. Dadurch reduziert sich auf Seiten der Führungskräfte zwar das Maß an Weisung und Kontrolle, gleichzeitig werden Führungskräfte aber auch entlastet.
Individualisierte Weiterbildung trifft den Nerv der Zeit und löst starre Vorgehensweisen ab.
Dank moderner Learning Management Systeme oder Learning Experience Plattformen bildet sich der Mitarbeiter eigenständig fort und sucht sich genau die Inhalte heraus, die für ihn besonders relevant sind. Damit trifft die individualisierte Weiterbildung den Nerv der Zeit und löst eine standardisierte und für die Dynamik der heutigen Zeit zu starre Vorgehensweisen geschickt ab. Zusätzlich birgt das neue Lernen noch einen weiteren Vorteil: Als Resultat der Wechselseitigkeit wird der Lernende zeitgleich auch selbst zum Mentor, vermittelt spannende Inhalte und animiert damit auch zum lebenslangen Lernen.
Digitale Lösungen als Ergänzung, nicht als Ersatz
Obwohl das vergangene Jahr nur wenigen in angenehmer Erinnerung bleiben wird, brachte es auch neue Chancen mit sich: Ohne Corona wären einige traditionelle Prozesse wohl nie so schnell digitalisiert worden. Die gesellschaftlichen und beruflichen Einschränkungen wirkten wie ein Brennglas, das Unternehmen zu zügigem Handeln zwang und analoge um digitale Lösungen ergänzte. Die Transformation war dabei nicht immer einfach, da es technische Anfangsschwierigkeiten gab und beispielsweise Online-Seminare oder -Coachings für viele gewöhnungsbedürftig waren.
Nichtsdestotrotz lässt sich das Resultat durchaus sehen: Digitale Pendants ersetzen mittlerweile etliche klassische Präsenzformate und werden auch gut angenommen. Das Portfolio an effektiven Weiterbildungsformaten hat sich die letzten Monate über in vielen Organisationen somit stark erweitert und bietet ein breiteres Spektrum an sinnvollen Möglichkeiten die strategischen sowie auch individuellen Anforderungen zu bedienen.
Lernplattformen als Orientierung im Weiterbildungsdschungel
Trotzdem wäre es falsch, lebenslanges Lernen ausschließlich auf das digitale Lernen zu beschränken. Stattdessen ist es die maßgeschneiderte und flexible Kombination aus formellen und informellen, digitalen und analogen Lernangeboten, die sich hinter dem Begriff verbergen. Das digitale Lernen möchte traditionelle Präsenzseminare deswegen keineswegs kopieren oder ersetzen – vielmehr geht es darum, beide Konzepte sinnvoll zu verwenden, sie zu kombinieren und ziel- sowie bedarfsorientiert einzusetzen.
Das Weiterbildungsportfolio in einem Unternehmen, das sich dem lebenslangen Lernen verschrieben hat, ist groß – und kann leicht unübersichtlich wirken. Denn von klassischen Trainings, Blended Learning, e-Learning, Wikis, Barcamps und Lernlaboren über Feedback im Team, durch Mentoren oder Coaches bis hin zu Vorträgen gibt es eine breite Auswahl. Damit Mitarbeiter immer schnell die Inhalte finden, die auf ihre jeweils aktuellen Lernbedürfnisse zugeschnitten sind, ist eine zentrale Lernplattform immens wichtig. Mitarbeiter haben hier einen schnellen Zugang zu neuem Wissen und Kompetenzen, können sich mit Kollegen vernetzen und austauschen sowie eigene Inhalte hochladen. So entsteht ein Ökosystem des lebenslangen Lernens.
Zeitgemäße Weiterbildung als Erfolgsfaktor für die Zukunft
Der Wandel zu einem stetig lernenden Unternehmen mag auf den ersten Blick herausfordernd wirken. Aber gibt es eine Alternative? Sollte es beim alljährlichen Blockseminar bleiben, ist die Gefahr groß, in gleich zwei Bereichen abgehängt zu werden: Ein stagnierendes Unternehmen kann weder seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten, noch kann es ausgebildete Fachkräfte für sich gewinnen.
Letztere sind schon lange nicht mehr ausschließlich auf Gehaltskomponenten fokussiert, sondern fordern Möglichkeiten rund um die persönliche Weiterentwicklung ein – etwas, das ihnen eindimensionales Lernen schlichtweg nicht bieten kann, da es ihre zukünftige Beschäftigungsfähigkeit gefährdet. Es ist unwahrscheinlich, dass sie dieses Risiko eingehen werden. Aus diesem Grund ist es nur eine Frage der Zeit, bis herkömmliche Weiterbildungsmaßnahmen an ihre Grenzen stoßen und anpassungsresistente Unternehmen in Bedrängnis bringen.