Wie die Arbeit dezentraler Teams funktionieren kann

Die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern eines Teams, die nicht jeden Tag im selben Büro arbeiten, ist nicht gerade trivial. „Der Teufel steckt im Detail“, sagt Vincent Kok, Engineering Manager bei Trello, und hat einige Tipps für das dezentrale Teamwork parat.

Ob wir es wollen oder nicht, wir werden uns aus vielen guten Gründen mit dem Gedanken anfreunden müssen, dass das Wort „Büro“ in absehbarer Zeit nicht dasselbe bedeuten wird wie bisher. Digitale Arbeit gibt uns die Möglichkeit, räumlich unabhängig zu arbeiten, und wenn die Voraussetzungen dafür vom Arbeitgeber richtig gesetzt werden, wird sie viele Vorteile für alle Beteiligten bringen. Das Fraunhofer IESE hat 2018 hierzu sogar ein Pilotprojekt gestartet mit dem Ziel, die Arbeit im Homeoffice so selbstverständlich zu machen wie die tägliche Fahrt ins Büro. 

Die Zeit der dezentralen Arbeit hat begonnen.

Bei Trello, dem Arbeitgeber von Vincent Kok, macht der Anteil der Arbeitnehmer, die hauptsächlich außerhalb der eigenen Büroräume arbeiten, inzwischen 60 Prozent aus. Trello ist Hersteller der gleichnamigen Plattform für agile Zusammenarbeit und hat seinen Hauptsitz in New York. Trello wurde vor zwei Jahren von Atlassian übernommen, einen ähnlich positionierten Anbieter mit Sitz im australischen Sydney. Vincent Kok selbst sitzt in New York und Holland und ist als Engineering Manager auch für Europa zuständig.  

Wir sind bereits soweit

„Für die meisten hat die Ära der dezentralen Arbeit bereits begonnen“, sagt Kok. Sei es, weil immer mehr Firmen Homeoffice-Regelungen einführen, die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Niederlassungen derselben Firma oder mit externen Partnern intensiviert wird, oder einfach, weil Mitarbeiter die Möglichkeit wahrnehmen, von unterwegs aus zu arbeiten. 

„Etwa 84 Prozent unserer Bewerber wollen ‚remote‘ arbeiten“, sagt Vincent Kok. Was sie auf den Geschmack gebracht hat, sind die vielen Vorteile, die für beide Parteien dadurch möglich werden. Für die Arbeitnehmer ist es die persönliche Flexibilität, die Nähe zur Familie und die Vermeidung eines Pendler-Daseins. Arbeitgeber profitieren von der höheren Produktivität, die nachgewiesener Maßen mit dem Homeoffice einhergeht, wenn die Mitarbeiter die Arbeit leichter nach ihrem Gusto einrichten und Ablenkungen ausblenden können. Zudem kommt das Unternehmen auf diese Weise einfacher an Spezialisten heran, die sich nicht räumlich verändern wollen. 

Gleiche Voraussetzungen für alle

„Damit es mit der Zusammenarbeit klappt, sollten für alle Beteiligten dieselben Voraussetzungen geschaffen werden“, betont Kok, und das beginne bei den Basics. Dazu gehören eine schnelle Internet-Verbindung, die auch Videokonferenzen problemlos handhaben kann, sowie eine gut eingerichtete Arbeitsumgebung mit Schreibtisch und ebenso guter Kamera, Mikrofon und Beleuchtung. Hinzu kommen feste Kernarbeitszeiten, an denen alle Team-Mitglieder erreichbar sind. 

Chat-Tools ersetzen im Tagesgeschäft das persönliche Gespräch.

Die zweite Voraussetzung sind die richtigen Werkzeuge, über die eine Kommunikation und Zusammenarbeit in Echtzeit möglich ist. „Chat-Tools ersetzen im Tagesgeschäft das persönliche Gespräch“, sagt Kok. Für richtige Live-Gespräche sollte am besten die Möglichkeit von Video-Telefonie und Videokonferenzen gegeben sein. Sie ist zugleich Voraussetzung für die gemeinsame Arbeit an Dokumenten und Plänen, die über entsprechende Plattformen gegeben sein sollte. Ist das der Fall, wird der eigene Computer zum Ersatz für die Büroumgebung. 

Kommunikation und Zusammenarbeit in Echtzeit sollte bei dezentralen Teams mit den richtigen Tools möglich gemacht werden. (Bild: Trello)
Kommunikation und Zusammenarbeit in Echtzeit sollte bei dezentralen Teams mit den richtigen Tools möglich gemacht werden. (Bild: Trello)

Auf die richtige Haltung kommt es an

Dezentrale Arbeit setzt allerdings auch eine Kultur voraus, die den neuen Arbeitsbedingungen gerecht wird. Laut Vincent Kok basiert diese auf drei Säulen: Vertrauen, Verbundenheit und Empathie. Für den Aufbau von gegenseitigem Vertrauen haben sich bei Trello vier verschiedene Maßnahmen bewährt.
→ Die erste besteht in der Auswahl der richtigen Leute. Wenn ein Team-Mitglied ein grundsätzliches Problem mit der dezentralen Arbeit hat, landet er/sie schnell im Abseits.
→ Die Fokussierung auf das Ergebnis statt auf Präsenz und ziellose Aktivität bringt das gesamte Team weiter und sollte auch für jeden Einzelnen im Mittelpunkt stehen.
→ Eine gute Team-Leitung und richtiges Management ist für dezentrale Teams genauso wichtig wie für Teams, die im selben Büro zusammensitzen. Deswegen sollten auch übergeordnete Manager für die Team-Mitglieder sichtbar und auf demselben Weg erreichbar sein.
Transparenz in der Kommunikation macht Entscheidungen innerhalb des Teams und an übergeordneter Stelle mit Team-Mitgliedern nachvollziehbar und liefert den Kontext für das erwartete Ergebnis. 

Persönliche Treffen machen immer noch Sinn, müssen aber nicht täglich sein.

Verbundenheit und Empathie werden mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen erreicht.
→ Zu Beginn steht das „Onboarding„, also eine richtige Einführung neuer Mitglieder in das Team und den Gepflogenheiten der gemeinsamen Arbeit.
Regelmäßige Gruppengespräche und Abstimmungen sorgen für Transparenz und klare Ansagen. Agile Teams stimmen sich in der Regel täglich als Gruppe ab.
Echte Zusammenkünfte, an denen nicht nur gearbeitet oder nur über die Arbeit gesprochen wird, schaffen persönliche Beziehungen und fördern die gegenseitige Hilfsbereitschaft und den Teamgeist. 

Zu guter Letzt empfiehlt Vincent Kok, die Leitlinien und Grundsätze eines Unternehmens für dezentrale Teams besonders hervorzuheben und präsent zu machen. Transparenz, Teamwork und Kundenorientierung wären zum Beispiel Prinzipien, für die sich jedes Unternehmen – und damit auch jedes Team – erwärmen können sollte. 

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Ein Kommentar

  1. Im Grunde alles richtig und gut erkannt. Nur bei einem Punkt muss ich widersprechen:
    Einführung von einer grundsätzlichen Kernarbeitszeit zu der jedes Teammitglied erreichbar ist, das muss nicht sein. In meiner Arbeitsumgebung, die weltweite Kontakte hat (hauptsächlich aber USA mit 6 Stunden Zeitverschiebung und Indien mit 4 1/2) gibt es keine Kernarbeitszeit und trotzdem funktioniert Teamwork wunderbar, da wir uns einmal in der Woche zu einer Videokonferenz treffen, die nicht der Chef vorgibt, sondern die Gruppe der Mitarbeiter (wann passt es für jeden am besten) und da muss sich eben jeder ein wenig darauf zubewegen und nicht nur Einer hat die Arschkarte.

    Einmal die Woche kann man schon mal um 8 Uhr ins Meeting oder abends um 19 Uhr noch auf der Arbeit sitzen. Die meisten Menschen sind eh freiwillig zu einer Kernarbeitszeit anwesend, denn ansonsten müsste man bis spät in die Nacht arbeiten wenn man spät anfängt oder immer 10 Stunden oder länger arbeiten wenn man um 7 Uhr auf der Arbeit anfangen möchte, das Meeting aber erst in den Abendstunden ist. Jeden Tag gezwungen werden außerhalb der Komfortzone zum Meeting zu erscheinen ist weniger motivierend als wenn man sagt: OK Leute ich werde Euch zuliebe meine Zeit an dem Tag ein wenig anpassen, damit wir als Team vorwärts kommen.

    Der Zwangslevel oder positiv gesagt die Freiheit macht den Umgangs-Ton.

    Sollte jeden Tag eine Abstimmung im Meeting notwendig sein, dann arbeitet eine Kernarbeitszeit gegen das Modell der Gleitzeit, denn dann werden meistens Kernarbeitszeiten von 9 bis 17 Uhr festgelegt, damit man immer bereit steht für mögliche Aufgaben. Das ist dann aber keine Gleitzeit mehr und auch keine Freiheit und somit keine Motivation.

    Wie gesagt wenn jeden Tag eine Abstimmung nötig ist braucht man auch keine Kernarbeitszeit, sondern einfach nur eine Meetingszeit auf die sich alle einigen. Und das wäre dann faktisch eine „Kernarbeitszeit“ von ca. einer Stunde, die aber von Tag zu Tag wechseln kann. Möglicherweise zwei oder drei Stunden, wenn man nach dem Meeting was mit dem Kollegen zusammen machen muss. Mehr ist wirklich nicht nötig. Deshalb würde ich einer grundsätzlichen Kernarbeitszeit widersprechen.

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