Wann agile Teams wirklich funktionieren

Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit sind Grundvoraussetzungen für den Erfolg agiler Teams. Management wie Abteilungsleiter legen den Arbeitsgruppen aber noch zu viele Steine in den Weg. Mit diesen Tipps setzen Sie die besondere Teamenergie frei.

Agilen Teams werden fast magische Kräfte zugesprochen: Sie sind schnell, proaktiv, arbeiten trotz einer Ansammlung von Individualisten produktiv zusammen, fokussieren auf ein Ziel und erreichen dies in kürzester Zeit. Über 40 Prozent aller agilen Unternehmen liefern überdurchschnittliche Ergebnisse, so eine Studie der Boston Consulting Group.

Wie machen die das? Die Grundlage für den Erfolg agiler Teams ist nicht nur eine kollektive Intelligenz bei der Zusammenarbeit. Mindestens genauso wichtig ist die Zusammensetzung der Teams, welche Freiheiten sie haben und wie sehr sie sich selbst organisieren können. Halbherzigkeit ist hier fehl am Platz.

Führungskräfte müssen den Spagat zwischen Freiraum und Führung üben.

Das gilt auch für die Führungsebene, denn Agilität ist eine Führungskompetenz. Sie impliziert den Willen zu neuen Arbeitsweisen. „Die Verankerung agiler Prinzipien in Organisation und Personalprozessen, etwa in Führungsmodellen, bei der Ressourcenallokation oder im Performance-Management, macht den größeren Unterschied aus“, so die Autoren der eingangs genannten Erhebung.

Dazu zählt, dass die Chefetage das „Kommandieren“ abschafft und dazu übergeht, Vertrauen für die Teams zu etablieren, Flexibilität zuzulassen statt einen Fünf-Jahres-Plan abzuarbeiten und Abteilungsleiter zu Unterstützern für Teams auszubilden. „Wasserfallmodelle“ mit einer strikten Hierarchiestruktur sind out, wenn die Reaktionszeiten beispielsweise auf Kundenwünsche langwierige Verwaltungsprozesse unnötig in die Länge ziehen. Die Rede ist von einem Spagat zwischen Freiraum und Führung. Wenn die Teams gut sind und wie ebenso gut geführt werden, braucht man aber keine Angst zu haben.

Wo machen agile Teams Sinn? Überall dort, wo klare Ziele definiert werden können. Je komplexer die Aufgabe, desto geeigneter sind sie, sagen manche. In jedem Fall funktionieren agile Gruppen auf lokalen, kundennahen Ebenen. Der Fokus muss stimmen und es geht nicht um seit langem laufende Projekte, die auch „ohne agil“ sehr gut klappen. Methoden wie Scrum oder Kanban stammen aus der Software-Entwicklung und der Automobilproduktion, haben sich aber längst in anderen Unternehmensbereichen etabliert und schaffen es, Kundenprojekte, konkrete interne Veränderungen oder Produkt- und Serviceentwicklungen schneller umzusetzen. Allein deren Einführung führt allerdings noch nicht automatisch zum Erfolg agiler Teams.

Nur die besten im Team. Mitarbeiter in Teams zu stecken ist keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. In eine Projektgruppe gehören die Spezialisten, die es für die Anforderungen braucht. Wenn agile Methoden Prozesse beschleunigen sollen, dann gelingt das nur mit fähigen Leuten. Sie sind engagiert, können auf Veränderungen schnell reagieren und trauen sich Entscheidungen auf der Basis ihres Know-hows zu.

Agile Teams sind keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme.

„Die Auswahl der Teammitglieder ist die wichtigste Aufgabe überhaupt“, sagt beispielsweise Scott Richardson, Chief Data Officer bei der US-Bank Fannie Mae. Das müsse man erst lernen. Und so wie Fehler bei Mitarbeitern zugelassen sein sollten, ist auch das Team-Building ein Lernprozess.

Einblick in alle Daten, die das Projekt betreffen. Agile Teams zeichnen sich besonders dadurch aus, dass die effizient sind. Das funktioniert nicht, wenn beispielsweise Zugriffsrechte auf relevante Daten allzu restriktiv  gehandhabt werden. Das „agile Manifest“, das Prinzipien für agiles Arbeiten festlegt, fordert an einer Stelle die Reflektion des Teams in regelmäßigen Abständen. Voraussetzung dafür ist die datenbasierte Sicht auf den Verlauf des Projekts – inklusive aller Daten, die für die Auswertung relevant sind.

Echte Unabhängigkeit und Selbstorganisation. Der wohl wichtigste Grundsatz für agile Teams. Auch das steht im Manifest und hat sich bewährt. „Die besten Architekturen, Anforderungen und Entwürfe entstehen durch selbstorganisierte Teams.“ Die Aufgabe der Führungskraft ist es, Personen mit unterschiedlichen Entscheidungsbefugnissen zu integrieren. Ohne zwingende Rücksprache dürfen diese weitere Teammitglieder aus weiteren Abteilungen akquirieren. Das Team verfügt über ein Budget, für das es selbst verantwortlich ist. Und die IT-Infrastruktur ist so modular, dass sie für das Projekt angepasst werden darf.

Administrative Aufgaben lagert das Team an die Führungskraft aus.

Abteilungsleiter mit einbeziehen. Die Projektgruppe agiert autonom, aber nicht führungslos – und damit ist auch für Manager in mittleren Ebenen klar: Ihr Job ist nicht in Gefahr, er verändert sich. Unternehmen sollten Abteilungsleiter schulen, ihre „Command&Control“-Haltung abzulegen. Sie sind ein wichtiger Teil des Teams, definieren zusammen mit den Mitgliedern eines Teams das Ziel, nehmen an Meetings teil und müssen dem Team den Rücken freihalten. Administrative Aufgaben lagert das Team sozusagen an ihre Führungskraft aus – ein weiteres Indiz dafür, dass klassische Hierarchien in agilen Umgebungen nicht funktionieren. Abteilungsleiter sind beispielsweise verantwortlich für Budget-Verhandlungen mit den Controllern oder für Stellenausschreibungen, die sie mit der Personalabteilung besprechen. Und sie sind gefragt, wenn der Teamgeist zu kippen droht.

Agile Prinzipien ja, agile Standards nein

Die perfekte Formel für agile Teams gibt es nicht und es braucht Zeit, bis sie solide (auch wenn das altmodisch klingt) arbeiten. An manchen Stellen scheitert Agilität derzeit aber noch im Ansatz. In einer aktuellen Studie, die das Consulting-Unternehmen Kienbaum gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Personalführung durchgeführt hat, kommen beispielsweise die Personalabteilungen nicht gut weg. Danach bestätigen zwar 67 Prozent der Befragten, dass sie bereits über erste Grundlagen verfügen. Doch nur 17 Prozent schätzen sich als fortgeschritten oder als Profi (10 Prozent) ein.

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