Wie Unternehmen die Digitalisierung personell angehen
Fast 5 Prozent ihres Jahresumsatzes geben deutsche Unternehmen inzwischen aus, um die Digitalisierung zu meistern. Ein großer Teil dieser Investitionen fließt in mitarbeiterbezogene Maßnahmen, um Strukturen und Mannschaft fit für die Zukunft zu machen.
Der Fachkräftemangel wird häufig als größtes Hindernis beim Digitalisierungsprozess von Unternehmen angeführt. An diesem Argument ist sehr viel dran, es kann jedoch etwas irreführend sein wenn davon ausgegangen wird, dass die Einstellung von Experten allein das Problem lösen könnte. In Wirklichkeit ist die Digitalisierung ein äußerst vielschichtiger Prozess, insbesondere in Hinsicht auf die mitarbeiterbezogenen Maßnahmen, die dafür nötig sind.
Wie vielschichtig genau, das zeigen mitunter Studien wie die des Bitkom und der Tata Consultancy Services (TCS), die dieses Jahr in ihrer dritten Ausgabe erscheint. „Der Mensch steht im Mittelpunkt des Wandels“, sagen die Autoren der Studie. Knapp die Hälfte der 954 Befragten, überwiegend Geschäftsführer, IT-Leiter und Verantwortliche fürs operative Geschäft in Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern, unterstützen diese Aussage. Drei Viertel von ihnen Unternehmen gehen die inzwischen Digitalisierung strategisch an. 17 Prozent haben den Prozess in die Verantwortung eines Chief Digital Officer (CDO) gelegt, 29 Prozent haben eine eigene Digitaleinheit etabliert.
Die IT kann eine tragende Rolle spielen – wenn die Voraussetzungen stimmen
Die Ergebnisse zeigen auch, dass sobald das Thema bei der Geschäftsleitung angekommen ist, strukturell gehandelt wurde und personelle Ressourcen für die digitale Transformation zur Verfügung stehen, sich die IT-Abteilung stärker in diesen Prozess einbringen kann. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sind die IT-Einheiten in den meisten Fällen überfordert. Laut Studie ist die IT inzwischen bei vier von fünf Firmen die treibende Kraft von Digitalisierungsprojekten. Zudem hat bei 67 Prozent der Unternehmen der Chief Information Officer (CIO) oder IT-Leiter die Funktion des bereichsübergreifenden Koordinators.
Ein etwas überraschendes Ergebnis brachte die Frage nach den meistgesuchten Fachkräften in Hinsicht auf die digitale Transformation. Zwar hört man überall, dass der Mangel an Datenexperten Unternehmen davon abhält, das Potenzial ihrer Daten bei ihren Geschäftsmodellen stärker ins Spiel zu bringen. In der Tat hat sich die Anzahl der vakanten Planstellen für Data Scientists im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt – 31 Prozent der Unternehmen haben nun eine solche Stelle zu besetzen. Doch die Nachfrage nach IT-Sicherheitsexperten ist mit 76 Prozent mehr als doppelt so hoch und 44 Prozent suchen Fachleute für Cloud Computing.
Die Hürden haben viel mit (Personal-)Management zu tun
Für Disziplinen, die nicht mit eigenem Personal bestritten werden können, setzen Unternehmen vier von fünf Unternehmen externe Dienstleister ein – Tendenz steigend. Auch suchen sie zunehmend Rat und Hilfe bei Branchenverbänden (37 Prozent), IT-Beratungsunternehmen (32 Prozent) und Personalberatern (20 Prozent). Nur 6 Prozent kooperieren mit Start-ups (Vorjahr: 4 Prozent), obwohl in solchen Konstellationen viel Potenzial stecken könnte.
Die große Nachfrage nach Sicherheitsexperten lässt sich gut mit der Antwort auf die Frage nach den größten Hindernissen der Digitalisierung erklären. Die Hälfte der befragten Firmen nannte hier die Anforderungen an die IT-Sicherheit und den Datenschutz als größte Hürde. Direkt dahinter rangiert eine Reihe von Hindernissen, die sehr viel mit den Führungsqualitäten des Managements, der Firmenkultur und der Mitarbeiterentwicklung zu tun haen. Dazu gehören langwierige Entscheidungsprozesse, fehlende Vorgaben der Geschäftsleitung, der Mangel an Fachkräften mit Digitalkompetenz, die fehlende Akzeptanz des Digitalisierungsprozesses bei der Belegschaft sowie der Zeitmangel bei einzelnen Mitarbeitern aufgrund der Auslastung im Tagesgeschäft (siehe Grafik).
Geld ist nicht das Problem
An Geldmangel scheitert es hingegen selten. Nicht zuletzt durch eine boomende Wirtschaft konnten deutsche Unternehmen ihre Ausgaben für die Digitalisierung von 4,6 auf 4,9 Prozent ihres Jahresumsatzes erhöhen. Am meisten wird in IT-Sicherheitslösungen, Collaboration-Tools, Software zur Datenanalyse sowie in den eigenen Onlineshop investiert.
Ein Großteil der Investitionen fließt jedoch in Maßnahmen, die darauf abzielen, mit den Veränderungen in der Arbeitswelt Schritt zu halten. Das betrifft die Ausgestaltung individueller Tätigkeiten ebenso wie die eingesetzten Arbeitsmittel und die Organisation der Arbeitsprozesse. So geben fast alle Unternehmen ihren Mitarbeitern heute Smartphones, Notebooks oder Tablets an die Hand. Das hat zur Folge, dass die Mitarbeiter nun weniger das Bedürfnis haben, private Geräte im beruflichen Umfeld (Stichwort Bring Your Own Device, BYOD) einzusetzen.
Zudem nutzen 74 Prozent der Unternehmen Plattformen zur elektronischen Zusammenarbeit und virtuelle Meeting-Formate (2017: 68 Prozent). Die Mitarbeiter kommunizieren nun mehr per Videokonferenz oder Chat und arbeiten online gemeinsam an Dokumenten. In Verbindung mit mobilen Geräten erleichtern solche Collaboration-Tools eine flexible Arbeitsgestaltung: Rund 75 Prozent der Unternehmen gewähren ihren Mitarbeitern Vertrauensarbeitszeiten oder Homeoffice, was einer Steigerung von 5 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Außerdem verändert die Digitalisierung auch das Personalwesen. Drei von vier Unternehmen investieren in die Fortbildung ihrer Mitarbeiter, um ihre Digitalkompetenz steigern. Jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) sucht neue Mitarbeiter über B2B-Plattformen wie Xing oder LinkedIn und 22 Prozent nutzen Intelligente Anwendungen fürs Personalwesen.