Warum es so schwierig ist, Roboter als Kollegen zu akzeptieren

Roboterhersteller predigen die Vorteile der künstlich intelligenten Systeme, die zunehmend ein humanoides Antlitz annehmen. Doch der Grat ist schmal: Wie viel Menschliches in einer Maschine halten Kollegen aus Fleisch und Blut aus und wann wird die KI als Arbeitskraft akzeptiert?

Pepper kann Fragen beantworten, aber auch an das Verkaufspersonal verweisen. (Quelle: SoftBank Robotics)

Viel ist die Rede davon, wie sich Pepper (SoftBank Robotics), Rollin´ Justin (Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum, DLR) oder andere humanoide Roboter zum Kunden oder Patienten verhalten. Die menschenähnlichen KI-Systeme helfen Fluggästen, das Gate zu finden, empfangen Kunden im Laden und unterhalten Senioren in Pflegeheimen mit Spielen oder machen Übungen zur Muskellockerung vor. Welchen Eindruck der Roboter auf Anwender macht, ist enorm wichtig. Freundlich soll er sein, empathisch und wenn nötig emotional.

Und doch muss man beim Einsatz der Technologie früher ansetzen: Bei den „Kollegen“ nämlich. Denn Pflegekräfte müssen bereit sein, die Maschinen auf Patienten einzustellen, Verkäuferinnen und Verkäufer so zu programmieren, dass sie geschäftsfördernd mit Kunden interagieren und Mitarbeiter ihnen Aufgaben übergeben wollen, die sie entlasten können.

Akzeptanz lautet das Stichwort – und hat mehrere Faktoren. Wer im Unternehmen eine humanoide KI einsetzen möchte, muss Berührungsängste der Belegschaft abbauen. Möglich und notwendig ist das auf mehreren Ebenen.

Das Uncanny Valley

Bei einer Belegschaft, der man menschliche Roboter an die Seite stellt, spielt das Antlitz eine wichtige Rolle. Die Furcht vor dem Verlust des Arbeitsplatzes ist bei KI-gestützten Robotern beispielsweise in der Fertigung schon groß und die sehen nun wirklich nicht nach Mensch aus. Wenn Roboter nun auch Mimik und Gestik übernehmen, wächst die  Angst. Zumindest zum aktuellen Zeitpunkt scheint eine klare Abgrenzung beim Aussehen hilfreich, um Beschäftigte zu überzeugen, sich mit dem KI-System auseinanderzusetzen.

„Pepper soll man als Maschine erkennen“, heißt es deshalb aus dem Hause SoftBank Robotics. Trotz vertrauter Körpersprache und empathischer Verhaltensweisen sollen weder Pepper noch der kleine Bruder Nao allzu menschlich wirken. „Das wirkt sonst eher wie ein Zombie“ und sei kontraproduktiv, lautete eine Botschaft des Anbieters, der mit der Pepper World Tour in München Station machte. Deshalb ist Pepper zwar mit den Kulleraugen liebenswert und Nao, der eher wie ein knapp 60 Zentimeter kleiner tapsiger Bodybuilder daherkommt, aufmerksam. Sie sind dennoch klar als Roboter zu erkennen.

Anders Sophia. Unvergessen das Video, in dem die von Hansonrobotics entwickelte Roboterdame mit einem sehr menschlichen Gesicht und Oberkörper 2017 ihre Fähigkeiten in einem Interview vorführte. In dem Gespräch ging es auch um das „Uncanny Valley“. Diese Theorie besagt: Wenn Roboter zu menschenähnlich werden, gruselt sich die Menschheit und wendet sich ab. Sie selbst halte sich nicht für gruselig, sagte Sophia seinerzeit.

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Für SoftBank Robotics wäre das zu viel. Noch, muss man vielleicht sagen, denn der zweite Teil der Uncanny-Valley-Theorie lautet: Wenn das Avatar nicht mehr vom Menschen zu unterscheiden ist, steigt die Akzeptanz wieder.

Nutzen statt Science-Fiction

Der erste Teil der Theorie geht über das Antlitz hinaus, und hier kommt der zweite Akzeptanzfaktor ins Spiel: Nutzen statt Science-Fiction. Während bei Kunden und Anwendern Berührungsängste schneller verfliegen – das Erlebnis steht im Vordergrund, nicht das Verstehen – unterscheiden sich solche Aufeinandertreffen von denen, die Mitarbeiter mit Robotern haben.

Bei Kunden und Anwendern steht das Erlebnis im Vordergrund, nicht das Verstehen – Berührungsängste verfliegen hier schneller.

Damit Kollegen die KI akzeptieren, müssen sie den Mehrwert erkennen, sofern es ihn gibt. Eine humanoide KI in den Laden zu stellen, nur weil es schick ist und Kundschaft anzieht, ist wenig sinnvoll. Bei der Kreissparkasse Köln, die Pepper im Einsatz hat, hat man diesen Faktor gezielt adressiert.

Sven Eschmann, bei der Bank im Bereich Innovation tätig, sagt: Mitarbeitern müsse man die Angst nehmen, dass Pepper ihren Arbeitsplatz übernehme und sie überzeugen, dass die KI sie bei der Arbeit unterstütze. Als Beispiel nennt er den Touchpoint „Foyer“. Viele Kunden kämen heute gar nicht mehr in den Schalterraum, weil sie viele Dinge am Automaten im Foyer erledigen könnten. So sei aber auch der Draht zum Kundenberater sehr dünn geworden: In Köln spricht Pepper die Kunden im Foyer an und schafft es, sie zu gewissen Themen direkt zu einem Sachbearbeiter zu führen.

Klare Machtverhältnisse zwischen Mitarbeiter und KI

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Systeme, die sich ohne Programmierkenntnisse mit Inhalten füttern lassen, reißen ebenfalls Berührungsblockaden ein. Zum einen, weil Beschäftigte gezielt und schnell Aufgaben übertragen können, die ihnen Freiräume im Arbeitsalltag verschaffen. Zum anderen hat es etwas mit dem Machtverhältnis zwischen Roboter und Mensch zu tun: Der Mensch sagt, was die KI zu tun hat. Auch wenn die Humanoiden in Japan etwa schon als selbst denkende Familienmitglieder wahrgenommen werden, ist man hierzulande dazu noch nicht bereit. Bei der Auswahl eines KI-gestützten menschlichen Roboters kann das eines der Kriterien sein.

Den Kontakt spielend herstellen

Viele Unternehmen befinden sich derzeit mitten in der digitalen Transformation. Mitarbeiter müssen sich auf neue digitale Lösungen einlassen und mit ihnen umgehen lernen. Noch bevor die eigentlichen Einsatzgebiete definiert werden, macht es Sinn, Beschäftigte mit Roboter-Kollegen vertraut zu machen. Das kann dadurch passieren, dass das humanoide System in Sprach- oder Displayform Mitarbeiter zu einer Umfrage animiert, die sie sonst am PC durchgeklickt hätten. Oder der Roboter schaut bei der Mittagspause vorbei und bietet sich mit Spiele-Apps als Unterhalter an (Gamification!). Berührungsängste abbauen kann man hier fast wörtlich nehmen.

Die IT dahinter muss funktionieren

Wenn die menschliche KI Fehler macht oder doch nicht so reibungslos funktioniert, wie sich das Beschäftigte vorstellen, gehen sie schnell wieder auf Distanz. Die Technik in und um die KI sollte stabil sein. Sicherheitslücken etwa kommen vor, die Technologien werden kontinuierlich weiterentwickelt, sollten aber schnellstmöglich gefixt werden – ein Problem wenn man bedenkt, wie groß der Druck in den IT-Abteilungen derzeit ist. Sie müssen schon die digitale Transformation im Haus von Technikseite stemmen.

Die IT ist eh schon Land unter – und dann kommen die Humanoiden.

Neben Security-Aspekten wollen Nutzer ihre Erwartungen erfüllt sehen. Es ist wie so oft: Die größten Kritiker einer Technologie monieren Dinge, die das System noch nicht kann. Bei der Sparkasse Köln ist man derzeit dabei, die Systeme in den verschiedenen Filialen zu vernetzen, damit ein Pepper auf Apps der anderen zugreifen kann. Das erwarteten die Mitarbeiter einfach.

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