Physische Räumlichkeiten passen sich der digitalen Wirklichkeit an

In Krisenzeiten schlägt die Stunde der kreativen Köpfe. Einige kleine und mittelständische Firmen schlugen im vergangenen Jahr mit originellen Geschäftsmodellen eine Brücke zwischen der physischen und der digitalen Welt.

Die Corona-Krise wird allgemein als Digitalisierungsturbo gehandelt, weil Unternehmen und Belegschaften praktisch über Nacht nur noch digital (zusammen-)arbeiten konnten. Ob das tatsächlich stimmt, steht noch nicht eindeutig fest. Zumindest im letzten Jahr waren die Veränderungen noch nicht durch Zahlen und Fakten zu belegen, insbesondere was den Mittelstand betrifft.  

Für fast 30 Prozent der Mittelständler in Deutschland hat die Corona-Krise ihre Digitalisierunglsaktivitäten nicht beschleunigt, sondern torpediert. (Quelle: Sortlist)
Für fast 30 Prozent der Mittelständler in Deutschland hat die Corona-Krise ihre Digitalisierunglsaktivitäten nicht beschleunigt, sondern torpediert. (Quelle: Sortlist)

Laut einer Umfrage des Marketing-Dienstleisters Sortlist gegen Ende letzten Jahres, bei der 498 europäische Mittelständler mit weniger als 250 Mitarbeitern und nicht mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz befragt wurden, hat die Krise bei der Mehrheit der Befragten ihre digitale Transformation nicht beschleunigt. In Deutschland kam der Prozentsatz der Unternehmen, die in Sachen Digitalisierung einen Zahn zulegen konnten, nicht über 47 Prozent hinaus. 

Das ist nachvollziehbar wenn man bedenkt, dass die meisten Unternehmen im letzten Jahr alle Hände voll zu tun hatten, um auf komplett neue Arbeits- und Verkaufsbedingungen zu reagieren, ihren laufenden Umsatz sichern, sich auf weiterhin unsichere Betriebsbedingungen und eine heraufziehende Rezession einzustellen, und zugleich strategische Entscheidungen über ihre Geschäftsmodelle und ihre Betriebsgrundlage zu treffen. Wenn physische Räumlichkeiten eine tragende Rolle im Geschäftsmodell spielen, wird es besonders knifflig. Dennoch gab es viele mittelständische Firmen, die besonders schnell mit digitalen Alternativen reagierten. Hier einige Beispiele.

Hoteloffice und hybride Meetings

Das Hotel- und Gaststättengewerbe gehört zu den Branchen, die am härtesten von den Lockdowns betroffen waren. Auch wenn laut einer Studie des Deutschen Reiseverbands 85 Prozent der Geschäftsreisenden immer noch persönliche Meetings bevorzugen, in vollem Umfang werden sie auch in der nächsten Zeit nicht möglich sein. Die Lindner Hotels haben sich deshalb letztes Jahr mit dem Event-Dienstleister EventConcepter zusammengetan und eine Lösung für hybride Events kreiert.

Hybride Meetings mit integrierter digitaler Konferenztechnik im sicheren und gediegenen Ambiente bieten die Lindner Hotels. (Foto: Lindner Hotels)
Hybride Meetings mit integrierter digitaler Konferenztechnik im sicheren und gediegenen Ambiente bieten die Lindner Hotels. (Foto: Lindner Hotels)

Hybrid-Meetings sind eine Kombination aus persönlichem und virtuellem Meeting. Demnach sitzt ein Teil der Teilnehmer in einem Tagungsraum im Hotel unter Beachtung der Distanz- und Hygieneregeln, der Rest der Teilnehmer in ihren Büros oder Homeoffices. Mit der Lösung von EventConcepter können sie alle per Video konferieren, Nachrichten austauschen, Votings erstellen und gemeinsam kreativ sein. Die Technik dafür wird vom Hotel gestellt.

Ein weiteres Angebot der Hotelkette besteht darin, Hotelzimmer als Tagesbüros anzubieten. Im Rahmen Hoteloffice-Programms sind die Zimmer zwischen 7:00 und 20:00 verfügbar inklusive sicherem High-Speed WLAN, Kaffe, Tee und einer Flasche Wasser. Auch das Bett kann für den Power-Nap zwischendurch benutzt werden. Die Preise liegen zwischen 49,- und 79,- Euro pro Tag oder 199,- bis 399,- Euro pro Arbeitswoche.

Virtuelle und hybride Messen

Auch für die meisten Messegesellschaften und Event-Veranstalter war das vergangene Jahr eher ein Disaster. Wann wieder eine echte Normalität eintrifft, die frei von Einschränkungen ist, ist weiterhin ungewiss. Deswegen etablieren sich auch in dieser Branche langsam hybride Geschäftsmodelle. An der Implementation virtueller und hybrider Events haben sich viele versucht und einige waren damit auch erfolgreich.

Als Beispiel sei hier die Stuttgarter Zeitung mit ihrer Ausbildungsmesse FirstJob erwähnt, die sie mit Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit veranstaltet. Mit den Dienstleistern doo, FastLane und expo IP als Partner ließ die Zeitung die Messe als hybrides Event steigen. Wegen der Hygieneauflagen konnte vor Ort nur ein Teil der Aussteller und Teilnehmer dabei sein, der größere Rest war gleichzeitig digital dabei.

Die Registrierung der virtuellen als auch der physisch anwesenden Teilnehmer übernahm doo. Über deren Tool konnten die Live-Besucher aus unterschiedlichen Zeit-Slots für die jeweiligen Stände wählen. So wurde gewährleistet, dass vor Ort immer nur die maximal erlaubte Personenzahl gleichzeitig anwesend war.

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Der virtuelle Teil war für die Besucher beschränkungsfrei zugänglich und wurde mit Hilfe von expo IP und FastLane gestaltet. expo IP bietet hierfür eine Art Website-Baukasten an. Mit Unterstützung von FastLane wurden die Messe selbst sowie die einzelnen Ausstellerstände individuell konfiguriert, inkl. CI-konforme Anpassung des Designs (Farbwahl, Logos, etc.), Hinterlegen von Links für PDF-Downloads, Videos, Live-Video-Chats, etc.

Digitalisierte Wohnungsvermietung

Der Hamburger Immobilienmakler moovin arbeitet bereits seit sechs Jahren an der digitalisierten Wohnungsvermietung und konnte während des Lockdowns die Vorzüge dieses Verfahrens einer größeren Zielgruppe schmackhaft machen. Die Dienstleistung basiert auf der gleichnamigen Software, die die Inserate der moovin-Kunden auf den entsprechenden Portalen unterstützt platziert und Mietinteressenten mit allen notwendigen Informationen versorgt.

Im Vermietungsprozess wird dadurch sichergestellt, dass jeder Interessent direkt nach einer Bewerbung ein digitales Exposé erhält und angeben kann, wann er Zeit für eine Besichtigung hat. Erfolgt eine Besichtigung, wird der Interessent per Email und SMS an seine Termine erinnert. Die Software entspricht dabei den DSGVO. Bewerberdaten und -unterlagen werden automatisiert gelöscht, sobald für die Speicherung kein berechtigtes Interesse mehr besteht.

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Im Sommer letzten Jahres bekam moovin den Zuschlag für das Berliner Immobilienprojekt „Südkreuz“ zur Vermietung von 664 Wohnungen und konnte innerhalb der ersten sechs Monate 90 Prozent der Wohneinheiten vermieten, obwohl der Komplex noch nicht fertiggestellt war. Maßgeblich für den Erfolg sind die eigene Vermietungssoftware, gepaart mit Maklerleistungen vor Ort. Mitunter sind Videotouren und Besichtigungen per Livestream möglich. Diese Formate wurden vor allem aufgrund des internationalen Publikums besonders gut angenommen. Jeder vierte Mietinteressent hat vor Anmietung eine virtuelle Besichtigung von moovin genutzt.

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