Die Krise macht Payroll-Prozesse komplexer

Wenn Ausnahmen zur Regel und zugleich neue Arbeitnehmergesetze eingeführt werden, haben Unternehmen ihre liebe Mühe, all die Regelungen in ihren Lohnbuchhaltungssystemen abzubilden. 

Die aktuelle Krisensituation und die daraus resultierenden Gesetzesänderungen und organisatorischen Umstellungen, wie veränderte Arbeitszeiten und -modelle, beeinflussen die Entgeltabrechnung und erhöhen die Komplexität von Payroll-Prozessen. Die schnell und umfangreich reagierende Gesetzgebung musste in kurzer Zeit programmseitig umgesetzt und viele tarifrechtliche, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Erweiterungen in der Software berücksichtigt werden. 

700.000 Betriebe müssen sich aktuell mit dem Thema Kurzarbeit auseinandersetzen.

Die meisten Anpassungen erfolgten in Bezug auf das Infektionsschutzgesetz und die Kurzarbeitszeitregelungen in der Krise. Das „Arbeit-von-Morgen-Gesetz“, das neben der Förderung der beruflichen Weiterbildung vor allem den Zugang zu Kurzarbeit erleichtert und deren Leistungsdauer erweitert, muss auch in der Lohnabrechnung abgebildet werden. Der Bundesrat hat das Gesetz am 15. Mai 2020 beschlossen. 

Kurzarbeit – von der Ausnahme zum Massenphänomen

Konkreter Handlungsbedarf besteht beispielsweise bei der Berücksichtigung von systemrelevanten Nebentätigkeiten. Dazu gehören Tätigkeiten in der Landwirtschaft, dem Lebensmitteleinzelhandel oder der Logistik während der Krise und kommen etwa für Gastronomiebeschäftigte in Frage, die krisenbedingt in Kurzarbeit sind. Diese Tätigkeiten dürfen – bis zu einer definierten Höhe – nicht mindernd auf das Kurzarbeitergeld angerechnet werden. Insbesondere große Unternehmen mit verschiedenen Geschäftszweigen, die mit den Arbeitnehmervertretungen Zuschussregelungen zur Kurzarbeit verhandelt haben, sind mit komplexen Anwendungsprozessen konfrontiert.

Kurzarbeit war lange Zeit ein Randphänomen und selten in der Anwendung. In der momentanen Krise setzen nun aber über 700.000 Betriebe auf Kurzarbeit, ein Vielfaches im Vergleich zur Finanzkrise. Aus diesem Grund ist die Nachfrage nach Unterstützung gestiegen, denn die korrekte Umsetzung von Kurzarbeit in der Lohnabrechnung ist zur Aufrechterhaltung der Liquidität von Unternehmen maßgebend. Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz, das im Jahr 2001 in Kraft trat und den Umgang mit übertragbaren Krankheiten in Bezug auf Meldepflichten und Entschädigungsleistungen regelt, kamen vor der Corona-Pandemie in der Praxis nicht vor. Erst jetzt müssen sich die Vorschriften und Regelungen bewähren. 

Digitalisierung & Automatisierung für vereinfachte Payroll-Prozesse

Deshalb ist die schnelle Schulung von Teams dahingehend von großer Bedeutung. Neue Arbeitszeitmodelle und eine im Homeoffice arbeitende Belegschaft führen aber vor allem auch zu einer erhöhten Nachfrage nach Unterstützung im Workforce Management, um die veränderten betrieblichen und personellen Bedarfe besser analysieren zu können. Durch den engen Austausch zwischen Behörden, Ministerien und dem Legal-Watch-Team konnten Änderungen in der Gesetzeslage frühzeitig antizipiert und entsprechende Maßnahmen ergriffen werden.

Bei Anwendungsprogrammen wie beispielsweise für die Lohnabrechnung ist eine enge Verzahnung der sachlich-inhaltlichen Ebene mit der digital-technischen Komponente erforderlich. Lösungen zur automatischen Berechnung von Lohnabrechnungen sind zur Vermeidung von Fehlern aufgrund manueller Eingaben entscheidend. Die Ermöglichung automatischer Berechnungen ist jedoch mit Herausforderungen verbunden, da bei der Entgeltabrechnung oftmals viele Varianten in Frage kommen. Beim Infektionsschutzgesetz beispielsweise sind viele Details zu berücksichtigen, die eine exakte Berechnung der Erstattungsbeiträge erschweren. 

Die Krise fördert Digitalisierung und Innovation – zumindest das ist begrüßenswert.

Deshalb bleibt neben der automatischen Berechnung auch die Möglichkeit zur manuellen Eingabe bestehen. Das „Arbeit-von-Morgen-Gesetz“ vereinfacht über die Corona-bedingten Anpassungen hinaus die Qualifizierung von Arbeitnehmern für die digitale Transformation. Die Corona-Krise wirkt in der Gesetzgebung wie in anderen Bereichen also innovations- und digitalisierungsfördernd – eine sehr begrüßenswerte Entwicklung.  

Länderübergreifende Zusammenarbeit 

In der aktuellen Situation reagieren die meisten Länder auf die Pandemie mit Maßnahmen zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes. Für international agierende Unternehmen ist es schwierig, über die sich – mitunter täglich – ändernden Gesetze der jeweiligen Länder den Überblick zu behalten. Das Virus kennt keine Grenzen, aber die Länder gehen sehr unterschiedlich damit um. Als Dienstleister für Personal-Prozesse ist es notwendig, die lokalen Gegebenheiten zu 100 Prozent zu kennen und anzuwenden. Die Betrachtung von Unternehmen aus einer globalen und ganzheitlichen Perspektive ist dabei ein großer Vorteil.

Durch eine länderübergreifende Zentralisierung von Payroll-Prozessen über Human Capital Management Systeme lassen sich Daten unabhängig von der Währung, der Sprache und des Landes standardisieren. Dies schafft Sicherheit, Transparenz und macht den Vorgang der globalen Gehaltsabrechnung vergleichbar mit dem Ablauf innerhalb eines Landes. 

Damit die Business Continuity und ein reibungsloser Ablauf der Entgeltabrechnung gewährleistet ist, lagern viele Unternehmen diesen Bereich digital aus. Gerade in Krisenzeiten wird es sehr geschätzt, einen zuverlässigen Partner an der Seite zu wissen. Schließlich bleiben die Verpflichtungen des Arbeitgebers zur pünktlichen und korrekten Bezahlung der Mitarbeiter bestehen.


Über den Autor

Über den Autor

Henri Schmidt ist Director Growth & Client Success beim internationalen HR-Dienstleister ADP.

 

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