Teamgeist in Zeiten von „Social Distancing“

Über längere Zeit im Homeoffice arbeiten zu müssen hinterlässt auch bei der Zusammenarbeit seine Spuren. Teamwork braucht jetzt eine neue Basis, um bleibende Schäden zu vermeiden. 

Nach Informationen des Digitalverbands Bitkom haben in den letzten Wochen neun von zehn Unternehmen der Digitalwirtschaft ihren Angestellten das Homeoffice nahegelegt, zwei Drittel der Firmen haben es sogar angeordnet. Unternehmen in anderen Branchen dürften es – soweit dies möglich ist – nicht viel anders handhaben. Die meisten Arbeitenden werden wohl nach derzeitigem Stand voraussichtlich noch bis Ende des Monats im Homeoffice ausharren müssen. Bis dahin könnte sich aber aus „Social Distancing“ genau das ergeben, was dieser Begriff gerade nicht ausdrücken will, nämlich soziale Distanz. 

Gemeinsame Arbeit ist das Öl, das den Motor Ihres Teams schmiert.

Soziale Distanz kann negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit innerhalb der Unternehmen haben. Das angeordnete Arbeiten im Homeoffice über längere Zeiträume hinweg, die ausschließlich über digitale Medien mögliche Zusammenarbeit und das Führen virtueller Teams dürften für die meisten Arbeitenden ungewohnt sein. Abgesehen davon, dass digitale Zusammenarbeit eigene Regeln hat, fordert sie auch auf der menschlichen Ebene von allen Beteiligten eine größere Anstrengung, um den Teamgeist aufrecht zu erhalten.

Gesicht zeigen!

Isoliert im Homeoffice zu arbeiten birgt auf längere Sicht einige Gefahren. Eine besteht darin, das „für sich zu arbeiten“ etwas zu wörtlich zu nehmen. Je länger der intensivere Kontakt zu den Kolleg*innen ausbleibt, desto größer die Versuchung, vorwiegend im Sinne des eigenen Vorteils und weniger im Sinne des gesamten Teams zu arbeiten. Eine andere besteht darin, selbst als Person für die anderen unsichtbar zu werden und nur noch über das Ergebnis der eigenen Arbeit wahrgenommen zu werden, frei nach dem Motto „you are what you work“. Beides hat negative Auswirkungen auf die Zusammenarbeit im Team. 

Zusammenarbeit braucht irgendeine Form von Nähe, das liegt einfach in der menschlichen Natur. Distanz hingegen schafft Misstrauen. Aus kleinen Missverständnissen werden leicht Verstimmungen, letztere schaukeln sich manchmal hoch zum handfestem Streit. In einer Situation wie jetzt kommt es darauf an, alle verfügbaren Mittel zu nutzen, die Distanz zu überbrücken und Nähe zu erzeugen. So gesehen ist Videokommunikation ein wahrer Segen. Nutzen Sie dieses Medium so intensiv und regelmäßig wie möglich. Der visuelle Kontakt (der jetzt eben nicht mehr selbstverständlich ist) baut Brücken, vor allem in der Eins-zu-eins-Kommunikation. Hier bietet sich die beste Möglichkeit, jemandem (zumindest virtuell) in die Augen zu schauen, seine Mimik zu lesen, persönlich zu werden, unter vier Augen Probleme anzusprechen oder einfach nur zu flachsen. 

Wie war das noch mit der Digitalisierung?

Darüber hinaus gibt es eine Menge Dinge, die Sie gemeinsam mit Ihrem Team tun können, um Zusammenhalt und Teamgeist zu stärken. Das gilt besonders wenn Sie absehen können, dass sich der Schwung der Wirtschaft verringert, die Arbeitslast abnimmt und das Team jetzt etwas mehr Zeit zur Verfügung hat. Die digitale Transformation Ihres Unternehmens mag sich vielleicht wegen der Krise eine kleine Pause gegönnt haben, sie sollte dadurch aber nicht ins Stocken kommen. Denken Sie an all die Dinge, die Sie in diesem Kontext kennenlernen, ausprobieren, darüber nachdenken und diskutieren wollten. Typische Fragestellungen könnten hier sein:

  • Welche Daten haben wir zur Verfügung und wie nutzen wir sie? Können wir mehr Erkenntnisse aus ihnen ziehen und was wäre die beste Verwendung dieser Erkenntnisse?
  • Welche Tools und Technologien gibt es da draußen, die für eine höhere Produktivität bzw. bessere Geschäftsprozesse sorgen könnten?
  • Welche Art Fortbildungen könnten/sollten wir als Team oder einzeln wahrnehmen?
  • Arbeiten wir kundenzentriert genug?
  • Wie steht es um die Agilität des Teams / Fachbereichs / Unternehmens?
  • Sind unsere Produkte dem Wandel gewachsen? Welche Art digitale Renovierung könnten sie gebrauchen? Wie macht es die Konkurrenz?

Man hatte sich ja einiges vorgenommen …

Jetzt wäre auch die ideale Zeit, all die Dinge anzugehen, die man sich als Team vorgenommen hatte, die aber dem Tagesgeschäft zum Opfer gefallen sind, zum Beispiel Manöverkritiken, Reviews und Planungen. Zu den Fragestellungen, die in Videokonferenzen und kleineren Arbeitsgruppen zu diesem Thema behandelt werden könnten, gehören etwa:

  • Wie gut haben wir uns in den letzten zwölf Monaten als Team geschlagen?
  • Wie zufrieden sind wir mit den Ergebnissen?
  • Was können wir an der gemeinsamen Arbeit, an der Arbeitsweise und an den Arbeitsprozessen verbessern?
  • Wie können wir Feedback als Instrument der positiven Veränderung im Team nutzen?

Wichtig: Bleiben Sie positiv. Kritik, vor allem persönliche, wirkt aus der Distanz viel härter. Deshalb sollten Sie auch nicht mit Worten der Anerkennung für die anderen Teammitglieder sparen, vor allem dann, wenn Sie nicht der/die Teamleiter/in sind. Anerkennung, konstruktive Kritik und hilfreiche Tipps sind zwischen den Teammitgliedern mindestens genauso wichtig, wie „von oben“.

Falls Sie ein Team leiten …

Das Managen virtueller Teams ist eine Wissenschaft für sich, doch in Zeiten wie dieser wird der Job auch für erfahrenere Manager noch anspruchsvoller. Für den Fall, dass Sie selbst ein Team führen, hätte Timothy Clark, CEO der Unternehmensberatung LeaderFactor, einige nützliche Empfiehlungen. Dazu gehören: 

  • Schrauben Sie Ihre Erwartungen herunter. Die aktuelle Situation und Arbeitsweise ist für die meisten Teams neu, sie werden voraussichtlich nicht ihr normales Produktivitätsniveau halten können.
  • Unterstützen Sie Fortbildung, aber setzen Sie dabei auf Kurzformate. Für die jetzige Situation ist das häppchenweise Lernen besser geeignet als längere Kurse.
  • Organisieren Sie ihr Team in Zweiergruppen, die jeweils intensiver zusammenarbeiten, häufiger miteinander sprechen und sich gegenseitig helfen. Das hält den Teamgeist im Kleinen aufrecht. 
  • Zuversicht und Humor sind ansteckend. Sie lockern die Stimmung auf und setzen Kreativität frei. 

Denken Sie dran, dass gemeinsame Arbeit das Öl ist, das den Motor Ihres Teams schmiert. Kann die anliegende Arbeit kooperativ gestaltet werden, ist auch der Teamgeist nicht allzu weit weg.

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