Einführung einer HR-Software bei Puma: Hand in Hand mit dem Betriebsrat

Wie implementiert man als global agierendes Unternehmen eine neue Software für die Personalverwaltung, die noch dazu als Cloud-Service betrieben wird? Bei PUMA SE waren von Anfang an alle Beteiligten mit an Bord und konnten gemeinsam alle Klippen umschiffen. Hier die Checkliste dieses Prozesses.

Wenn ein Unternehmen heute beschließt, eine neue Personalsoftware einzuführen, geht es nicht mehr nur darum, Personalakten zu digitalisieren oder die Lohnabrechnung auf den neuesten Stand zu bringen. Die Personalabteilung will vielmehr neue Möglichkeiten schaffen, Weiterbildungsmaßnahmen zu organisieren oder mit cleveren Stellenausschreibungen neue Talente zu locken – solche, die eine moderne Unternehmenskultur für die Zukunft mitprägen. Kein Wunder also, dass da die Arbeitnehmervertretung ein Wörtchen mitreden will.

Mitbestimmungsexperte Marco Holzapfel: „Betriebsvereinbarungen sind schon bei der Planung neuer Lösungen sinnvoll.“

Wenn ein neues System darüber hinaus aus der Cloud kommt, ruft das vor allem die Datenschützer im Betriebsrat auf den Plan. Aber auch der bei Frage nach dem Zweck der Modernisierung sowie während der Implementierung der neuen Lösung ist es sinnvoll, den Betriebsrat frühzeitig mit ins Boot zu holen, rät Mitbestimmungsexperte Marco Holzapfel und hat in einer Checkliste für HR-Teams die wichtigsten Punkte zusammengefasst, die das Projektteam berücksichtigen sollte. Best Practises dazu liefert der Sportartikelhersteller PUMA SE, der Hürden und Chancen bei der Einführung einer neuen Personal-Software erfahren hat.

Genügend Vorlauf und informativer „Erstkontakt“

Das Thema muss sorgfältig vorgestellt und moderiert werden. Im Vordergrund sollte nicht die Software als Selbstzweck, sondern das „Was“ und „Wieso“ des Vorhabens zur Digitalisierung stehen. Holzapfel empfiehlt, den Betriebsrat noch vor der Unterzeichnung des Kaufvertrags „prozessual sowie inhaltlich“ einzubinden.

Der Sportartikelhersteller PUMA SE hatte bereits ein halbes Jahr vor Beginn der Einführung einer neuen Personalsoftware die Diskussion mit dem Betriebsrat begonnen. PUMA SE hatte sich für die eine neue Cloud-basierte HR-Software des Anbieters von Enterprise Cloud Software Workday entschieden. Um größtmögliche Transparenz zu demonstrieren, griff Dietmar Knoess, Global Director Human Resources bei PUMA SE, zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. „Wir haben den Betriebsratsvorsitzenden zur Basisschulung eingeladen, und er ist auch gekommen“, erzählt er. Anhand eines vom Anbieter bereitgestellten Beispielunternehmens konnten die Schulungsteilnehmer, also auch der Betriebsrat, schon einmal ein Gefühl für das System entwickeln und sehen, welche Daten und Prozesse verwendet werden würden.

„Der Betriebsrat winkt zwar nicht alles durch, ist aber bereit, erst einmal zuzuhören und ist neuen Themen gegenüber schon aufgeschlossen“, berichtet der Personalchef. Das sei eine gute Basis, denn: Zu Beginn des Projekts habe es noch nichts gegeben, was er den Arbeitnehmervertretern habe zeigen können. „Wir mussten ja erstmal die Prozesse weltweit abstimmen; nach mehr als der Hälfte der Projektlaufzeit konnten wir das Live-System dann endlich vorzeigen.

Besonderheiten bei einem agilen Projekt-Setup beachten

Die Human Capital Management Suite von Workday vereint HR, Personalplanung, Recruiting und Talentmanagement. (Quelle: Workday)

Soll die Konfiguration und Implementierung in einem agilen Projekt-Setup erfolgen, empfiehlt es sich, ein gesondertes Vorgehensmodell mit dem Betriebsrat abzustimmen. Beispielsweise regelt eine befristete Vereinbarung zwischen den Betriebsparteien unter anderem den räumlichen und zeitlichen Rahmen für die Sprints zur Konfiguration. Die Betriebsparteien können so die operativen Auswirkungen und Umsetzungsmöglichkeiten gemeinsam bewerten. Das Instrument Betriebsvereinbarung regelt also zunächst den Weg der Einführung und nicht – wie sonst üblich – die Anwendung nach vollständiger Implementierung. Dies erfolgt erst, wenn die finale Konfiguration steht.

Datenschutz und Cloud – tricky, aber wichtig

Inhalte hinsichtlich des Datenschutzes müssen umfassend adressiert werden. Hierbei besteht das größte Misstrauen bei der Einführung neuer IT-Systeme über alle Abteilungen hinweg. Holzapfel rät zu Kommunikation und Transparenz. Das gilt auch im Hinblick auf datenschutzrechtliche Fragestellungen wie das Rollen- und Zugriffskonzept. Zudem sollte der Anbieter ein nachvollziehbares Datenschutzkonzept mitbringen, das die DSGVO sowie das Bundesdatenschutzgesetz berücksichtigt.

Ebenso sollte das Projektteam Fragen des Betriebsrates nach dem Ziel der Software-Einführung (Welche Prozesse digitalisiert werden sollen), den Interessen aus der Mitarbeiter- sowie Führungskräfte-Perspektive und dem Konzept sowie dem Umfang der Systemeinführung beantworten können. Es geht also um gegenseitiges Vertrauen und den Austausch von Informationen. „Wenn es bei einer Softwareeinführung Schwierigkeiten gibt, liegt das zu etwa 20 Prozent an einer unterschiedlichen Auslegung der gesetzlichen Grundlage und Paragraphen“, sagt Holzapfel, „und in zehn Prozent der Fälle gibt es Störungen auf der Beziehungsebene, aber in der deutlichen Mehrzahl sind die Herausforderungen inhaltlicher Natur: Der gegenseitige Zugriff auf die nötigen Informationen fehlt, und deshalb können die beiden Seiten ihre legitimen Interessen nicht verfolgen beziehungsweise übereinanderlegen.“

Dietmar Knoess, Global Director Human Resources bei PUMA SE
Dietmar Knoess, Global Director Human Resources bei PUMA SE.

Das gilt im Übrigen unabhängig davon, ob die Cloud-Software von einem US-Anbieter oder einem europäischen stammt. Puma-Mann Knoess kennt die Diskussion, ist Workday doch ein Unternehmen aus den USA. Das Hosting für seine europäischen Kunden bietet der Plattform-Betreiber aber aus Rechenzentren in Dublin und Amsterdam an.

Allerdings will Workday auch nicht verschweigen, dass es kompliziert werden kann, wenn in einem globalen Unternehmen wie PUMA SE Manager in den USA auf Daten ihrer Mitarbeiter in Europa zugreifen wollen – auch wenn dieser Zugriff dann in der Regel nur eingeschränkte und klar abgestimmte Berechtigungen umfasst. Außerdem sitzt der Support des Anbieters unter anderem auch in den USA. „Wir haben es aber vertraglich so hinbekommen, dass es hier keinen Automatismus gibt, sondern der Zugriff nur mit unserer Zustimmung passieren darf.“

Ansprechpartner aller Beteiligten vor Ort

Die Akteure kennen sich oft persönlich und haben bereits ein Modell für die Zusammenarbeit. Auch bei international ausgelegten Projekten sollte der Betriebsrat nicht außen vor gelassen werden. Im Gegenteil. Die Gespräche mit Arbeitnehmervertretern nicht ernst zu nehmen, ist nach Ansicht des Mitbestimmungs-Lotsen ein fataler Fehler. Bei der Einführung von Softwarelösungen zur Digitalisierung und besonders bei HR-Systemen aus der Cloud sei die Betriebsratsbeteiligung auf mehreren Ebene erforderlich: „Erstens der Datenschutz, zweitens die technische Einrichtung und eine gegebenenfalls damit verbundenen Leistungs- und Verhaltenskontrolle, drittens die Prozessebene, beispielsweise die Umsetzung von Beurteilungskriterien.“

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