Mangel an Security-Experten macht Unternehmen zu schaffen
Die Digitalisierung hat Security-Experten auf dem Arbeitsmarkt noch knapper und begehrter gemacht, als sie es eh schon waren. Unternehmen locken mit attraktiven Rahmenbedingungen und versuchen, schnell eigene Leute auszubilden. Talent-Pools zeichnen sich als zusätzliche Option ab.
Vernetzte Unternehmensstandorte, Remote-Zugriff auf die Firmendatenbank aus dem Homeoffice, durch künstliche Intelligenzen automatisierte Prozesse, Kommunikation mit smarten Assistenten – in der modernen Arbeitswelt müssen immer mehr Daten und ihre Transferwege geschützt werden. Kein Wunder also, dass der neue DEKRA Arbeitsmarkt Report der IT-Sicherheitsfachkraft ein eigenes Kapitel gewidmet hat.
Allein, die Leute fehlen. Stellenanzeigen für IT-Sicherheitsleute finden sich in allen Branchen und Wirtschaftszweigen. Besonders häufig jedoch suchen Anbieter betriebswirtschaftlicher oder unternehmensbezogener Dienstleistungen sowie die IT-Industrie. Rund sechs von zehn Jobangeboten (63 Prozent) richten sich an Fachleute für IT-Security, Datenschutz und Datensicherheit. Recruiter fokussieren oftmals auf IT-Berater und manchmal auf Software-Entwickler, die sich auf IT-Sicherheit spezialisiert haben.
Der Anstieg derartiger Jobangebote lässt vermuten, dass Unternehmen sich zunehmend mit dem Thema Cybersecurity, Datenschutz und IT-Sicherheit auseinandersetzen. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass bei den vielseitigen Aufgaben die Digitalisierung eine wichtige Rolle spielt.
Umfangreiche Aufgaben erfordern Spezialwissen
Denn die Aufgaben von IT-Sicherhitsfachkräften gehen längst über die Einrichtung von Firewalls und Antivirensoftware hinaus. Diese Schutzmechanismen können nur Teil einer Gesamtstrategie sein, die der Sicherheitsexperte mit seinem Know-how ausfüllen muss. Er muss vor allem einen Überblick über aktuelle und geplante Technologien im Unternehmen haben und bei der Entwicklung der Strategie die digitale Arbeitswelt miteinbeziehen. Laut DEKRA soll er sich mit Information Security Management Systemen auskennen und Mitarbeiter informieren, wie sie schadhafte Programme nicht mit ihrem privaten und beruflich genutzten Smartphone einschleppen und sich im Homeoffice ebenfalls an die Regeln halten.
Sechs von zehn Jobangeboten richten sich an Fachleute für IT-Security, Datenschutz und Datensicherheit
Hinzukommt die DSGVO. Der Arbeitsmarkt-Bericht offenbart, dass IT-Sicherheitsexperten beispielsweise zu Datenschutzthemen beraten sollen, die sich mit dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung ergeben haben. Das kann auch mit ein Grund dafür sein, dass der Report einen Anstieg bei Jobangeboten für IT-Berater festgestellt hat, die mit speziellen IT-Security Services bei Firmen werben.
Homeoffice statt Mega-Gehalt
Unternehmen suchen hauptsächlich Fachkräfte mit Studienabschluss. Folge des Fachkräftemangels ist aber auch, dass sie dann bereit sind, auf den Abschluss zu verzichten, wenn der Bewerber eine entsprechende Berufsausbildung hat oder Erfahrung mitbringt. „IT-Security-Fachkräfte müssen ihr Metier beherrschen – egal, wie sie sich das Wissen angeeignet haben“, lautet ein Fazit. Wenn sie es dann noch schaffen, ihr komplexes Wissen verständlich zu erklären, dann bringen die Bewerber auch die entsprechenden Soft Skills mit.
Um an die Experten zu kommen, lassen sich Unternehmen so einiges einfallen. Während fast 80 Prozent der Stellenanzeigen Gehalt oder Benefits thematisieren, bleiben andere hier ungenau. Viel mehr versuchen sie, das Augenmerk des Bewerbers auf andere attraktive Rahmenbedingungen zu lenken, wie flexible Arbeitsgestaltung, Homeoffice, Weiterbildungsangebote. Hinzu kommen Gesundheits- und Fitmessangebote oder Kinderbetreuung.
Wenn trotz verlockender Angebote die Fachkräfte ausbleiben, muss man es eben selbst machen. Zumindest nehmen sich das Unternehmen vor, wenn sie auf dem leergefegten Fachkräftemarkt nicht fündig werden. Eine im Mai dieses Jahres veröffentlichte Studie von Kantar TNS in Zusammenarbeit mit der Fernschule sgd hat ergeben, dass 94 Prozent der befragten Firmen die Auszubildenden im eigenen Unternehmen als wichtigste Zielgruppe ansehen. Fast genauso viele (92 Prozent) wollen Mitarbeiter durch zusätzliche Weiterbildungsangebote halten.
Die Zahlen sind ziemlich deutlich – aber auch sehr optimistisch. Denn oftmals gelingt es nicht, aus eigener Kraft Experten auszubilden. Dafür, auch das belegen Studien, sind die Firmen selbst zu wenig auf den digitalen Wandel und die damit einhergehenden Sicherheitsbedürfnisse vorbereitet.
Talent-Pools könnten eine Lösung sein
„Spezialisten sind ein eigenes Völkchen. Sie suchen nach Projekten, bei denen sie ihre Leidenschaft ausleben können.“
Im DEKRA-Report wird daher auf eine weitere Möglichkeit hingewiesen. „Der Mangel und der hohe Spezialisierungsgrad wird dazu führen, dass man die einzelnen Spezialisten garnicht in jeder Organisation aufbauen kann, sondern sie in einem Pool zentralisiert und ihr Know-how gemeinsam nutzt“, wird Bernd Eßer, Chief Information Security Officer bei der BWI GmbH zitiert. Selbst große DAX-Unternehmen würde bereits so verfahren. Tatsächlich gibt es deutschlandweit Fachkräfte-Pools, aus denen Unternehmen schöpfen. Regionale Job- und Fachkräftebörsen, so genannte Talent-Pools in Großstädten oder Regionen, haben regen Zulauf.
Solche Pools kommen auch den Fachkräften zugute. Spezialisten seien ein eigenes Völkchen, so Eßer. „Wenn sie sich für ein Thema begeistern, dann möchten sie das auch in interessanten Projekten ausleben.“ Die Zahl der potenziellen Arbeitgeber reduziere sich da schon sehr.
Es wundert nicht, dass sich viele Unternehmen zunehmend mit dem Thema Cybersecurity, Datenschutz und IT-Sicherheit auseinandersetzen. Wir leben doch in der Ära der Digitalisierung, in der Zeit, wenn alles sich in ständiger Entwicklung befindet. Der Mangel an Fachkräften sollte daher irgendwie gelöst werden.