Wie aus einem traditionellen ein Social Intranet wird

Wie überzeugt man Mitarbeiter von einem modernen Intranet, das mehr ist als die interne Webseite mit Kantinenplan und Glückwunsch-Posts? Der regionale Energieversorger enviaM hat gemeinsam mit der Intranet-Agentur Hirschtec ein modernes Social Intranet eingeführt. Im Interview erzählen sie, worauf es ankommt.

Das Intranet wandelt sich derzeit von einer digitalen Mitarbeiterzeitung mit eingebautem Formular-Ordner zur Schaltzentrale für Unternehmen. In unterschiedlichen Geschwindigkeiten wird aus der oft drögen Webseite die zentrale Arbeitsplattform, inklusive Tools, Wissens- und Lernportal sowie Kommunikationsplattform für Mitarbeiter, Teams und Führungskräfte. Bis es soweit ist, müssen allerdings Prozesse verändert und Mitarbeiter überzeugt werden, das neue Intranet anzunehmen. Die Herausforderung ist groß, weswegen viele Betriebe sich „noch nicht reif für ein Social Intranet“ fühlen.

Oliver Chaudhuri  von Hirschtec unterstützt Unternehmen dabei, Schwellen auf dem Weg zum „Modern Workplace“ durch Kommunikation zu überwinden.

Der regionale Energieversorger enviaM, der über 1,3 Millionen Kunden mit Strom, Gas, Wärme und Energie-Dienstleistungen versorgt, hat dagegen die Modernisierung in Angriff genommen. Business User hat Hannes Kurth, Fachreferent Onlinekommunikation und Projektleiter für Onlineportal-Projekte bei enviaM, und Oliver Chaudhuri, Leiter des Teams Communications und Mitglied der Geschäftsführung bei Hirschtec, gefragt, wie sie die Einführung des Social Intranet vorbereitet und umgesetzt haben.  

Wer stößt die Einführung eines Intranets bzw. seinen Relaunch in der Regel an: Die Mitarbeiter, die es fordern, oder die Führungskräfte und die Chefetage, die den Bedarf erkennen? Wie war es bei enviaM?

Oliver Chaudhuri: Impulsgeber sind häufig die Kommunikationsmanager, die wiederum die Anforderungen und Wünsche der Mitarbeitenden „aus dem Maschinenraum“ der Organisation oder auch der Chefetage aufgreifen – so war es auch bei enviaM. Zwar ist in den vergangenen Jahren nach außen schon reichlich investiert worden, um Kunden und Geschäftspartner anzubinden, z. B. in moderne Websites und E-Shops, Smartphone-Apps o. ä. Doch auch intern muss die Digitalisierung „be-greifbar“ werden, beispielsweise in Form eines modernen, leistungsstarken Intranets.

Wie hat enviaM vor der Einführung des neuen Intranets unternehmensintern kommuniziert?

Hannes Kurth hat viele Rollen bei enviaM, unter anderem ist er aktives Mitglied des Social Media Teams.

Hannes Kurth: Seit über 20 Jahren hat sich das Intranet zu unserem wichtigsten internen Kommunikationskanal entwickelt. Für 98 Prozent der Kollegen ist es laut einer Umfrage die wichtigste Informationsquelle. Die gedruckte Mitarbeiterzeitschrift hat es im letzten Jahr vollständig abgelöst.

Welche Herausforderungen stellen sich bei einem solchen Projekt? Ihr Team hat die Einführung der Plattform kommunikativ begleitet.

Oliver Chaudhuri: Die Herausforderung besteht stets darin, das Neue über die bisherige Kommunikationsinfrastruktur bekannt und beliebt zu machen. Das neue Intranet sollte schon lange vor seinem Start wie ein Produkt eingeführt werden: Mit einer mitreißenden Geschichte, wiedererkennbarer Symbolik und stark fokussiert auf den konkreten Nutzen für die Menschen bei ihren täglichen Aufgaben – und das, obwohl es sich noch im Aufbau befindet. Hierbei hilft ein guter Mix aus medialer Kommunikation und persönlicher Ansprache durch Schlüsselnutzer und Multiplikatoren, etwa Pilotnutzer.

Wie kann man sich so eine Kommunikationskampagne vorstellen?

Oliver Chaudhuri: „Kennen, Können, Wollen“ – das ist das übergreifende Ziel einer Einführungskampagne. Es gibt Menschen mit mehr und mit weniger Affinität zu digitalen Technologien, völlig unabhängig vom Alter. Es gilt, für alle gute Unterstützungs- und Informationsangebote bereitzustellen und die Menschen dort abzuholen, wo sie medial und emotional noch stehen: Der eine möchte etwas Griffiges, einen kompakten Flyer mit Basisinformationen vielleicht. Andere fühlen sich mit einem kurzen Erklärvideo optimal informiert. Und wieder andere setzen auf individuellere Hilfestellung, wie in einer Frage-Antwort-Community, wo Nutzer andere Nutzer unterstützen.

Wie schwer ist es, die Belegschaft – auch die skeptischen Beschäftigten – von der Notwendigkeit neuer digitaler Tools zu überzeugen?

Hannes Kurth: Die Kunst liegt darin, jemanden von etwas zu überzeugen, von dem er nicht weiß, dass er es brauchen könnte. Sicherlich haben einige Kollegen gedacht: „Wir haben doch ein Intranet, wieso sollten wir das erneuern?“

„Die Kunst liegt darin, jemanden von etwas zu überzeugen, von dem er nicht weiß, dass er es brauchen könnte.“ Hannes Kurth, Fachreferent Onlinekommunikation enviaM

Es gab jedoch vielfältige Probleme, die eine optimale Kommunikation verhindert haben – zum Beispiel fehlende Mobiloptimierung, kaum Interaktionsmöglichkeiten und veraltete Technologien. Diese Aspekte haben wir im Rahmen der Einführungskampagne in Benefits des neuen Intranets verpackt und klar auf die Vorteile im Umgang mit dem neuen System aufmerksam gemacht. Die Überzeugung kommt dann oft auch beim tatsächlichen Umgang und ausprobieren.

Wie schafft man es, dass Mitarbeiter das Intranet täglich aktiv nutzen? Und wie viel Mitspracherecht sollte man ihnen eingestehen, wenn es z. B. darum geht, welche Tools zur Projektarbeit und welche zur Kommunikation genutzt werden sollen?

Hannes Kurth: Das ist tatsächlich eine schwere Aufgabe, die bereits mit dem Projekt beginnt. Wichtig ist vor allem, dass die Mitarbeiter über das neue System und seine Funktionen bestmöglich Bescheid wissen. Dies war ein klarer Schwerpunkt der Einführungskampagne und wird im laufenden Betrieb immer wieder von uns durch Tipps und Hinweise weitergeführt. Zusätzlich hilft es Botschafter zu stärken, die den Umgang mit dem neuen Intranet vorleben. So entsteht nach kurzer Zeit eine ganz eigene Dynamik. Ich freue mich ganz persönlich, dass zum Beispiel unser CEO Dr. Stephan Lowis mittlerweile fleißig aus seinem Arbeitsalltag berichtet. Für die klassische Projektarbeit nutzen wir ein eigenes Kollaborations-Portal auf Confluence-Basis, welches im Rahmen des Projektes natürlich berücksichtigt wurde. Wir haben mit der Einführung klar herausgestellt, welche Ziele welches System verfolgt.

Wer moderiert im Community Management und entwickelt es weiter? Ist es notwendig, „das Intranet“ in die Hände eines expliziten Teams zu geben?

Oliver Chaudhuri: Das moderne Intranet ist die Plattform von Mitarbeitenden für Mitarbeitende – es ist ein „Mitmach-Intranet“. Den Rahmen setzt ein Intranet-Kernteam mit Mitgliedern der Unternehmenskommunikation (inhaltlich) und der IT (technisch). Das Salz in der Suppe aber sind Themen-Communities, in denen sich Interessierte und Gleichgesinnte vernetzen und austauschen oder ihre Projekte produktiv voranbringen. Hier sind explizit auch Nicht-Kommunikatoren aus den Fach- und Geschäftsbereichen aufgefordert, als Moderatoren und Community Manager ihren Beitrag zu leisten.

Was spricht dagegen, ein Intranet einzuführen, die Mitarbeiter damit herumspielen zu lassen und es dann so zu nutzen wie es ihnen am besten passt? Sprich: Was passiert, wenn man nicht begleitet?

Oliver Chaudhuri: Gegen Mut und Experimentierfreude ist überhaupt nichts einzuwenden, im Gegenteil. Häufig wird die Einführung digitaler Instrumente aber mit einer gut gemeinten, aber schlecht gemachten „Einfach mal machen“-Attitüde den Nutzern vor die Füße gekippt.

„Nutzern digitale Instrumente mit einer ‚Einfach mal machen‘-Attitüde  vor die Füße zu kippen, bringt nichts. Sie brauchen Sicherheit“.Oliver Chaudhuri, Leiter des Teams Communications bei Hirschtec

Menschen wollen aber Sicherheit: Was genau wird von mir erwartet? Was soll ich schreiben – und was nicht? Wie wirke ich als Führungskraft authentisch? Zu diesen und weiteren Fragen sollten die Intranet-Manager aus den Kommunikationsabteilungen Antworten parat haben und Leitplanken setzen, z. B. über das Thema Netiquette.

Konkret zu enviaM: Wie unterstützt das neue Social Intranet heute den Digitalisierungsprozess in Ihrem Unternehmen?

Hannes Kurth: Mit unserem neuen Intranet unterstützen wir die Personalisierung, eine einfache Bedienung und den schnelleren Dialog. Jeder kann sich neben einem pflichtabonnierten Blog für übergreifende Unternehmensinformationen nach eigenem Interesse weitere Seiten und Blogs dazu buchen. Dies führt auch dazu, dass die Fachbereiche zunehmend selbst ihre Inhalte zielgruppengerecht veröffentlichen. Somit lässt sich die Informationsflut eindämmen und für den Einzelnen auf das Wesentliche beschränken. Weiterhin ist es den Kollegen nun noch einfacher möglich, direkt an den Inhalten zu diskutieren und sich auszutauschen – ganz im Sinne des kulturellen Wandels in unserer Unternehmensgruppe. Ein wichtiger Baustein, um sich mit den Themen auseinandersetzen zu können, die uns derzeit beschäftigen. Das neue System ist auch mobil verfügbar – das macht es zu einer idealen Ergänzung für Dialog- und Veranstaltungsformate vor Ort.

Das Intranet ging im November 2018 live. Welche Bilanz können Sie nach sechs Monaten ziehen? Welche Schritte sind als nächstes geplant?

Hannes Kurth: Auch nach sechs Monaten ist die Euphorie bei mir noch nicht verflogen. Hinter uns liegt ein hartes Stück Arbeit, aber wir fühlen uns in vielen Punkten bestätigt, die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben – allem voran die Wahl des Systems. Mit Coyo sind wir nun in der Lage, all unsere kommunikativen Wünsche auf die Schiene zu bekommen. Wir wollen verstärkt neue Formate nutzen und das, was wir bereits in der Social Media Welt vorleben, auf das Intranet adaptieren. Zusätzlich wollen wir auf lange Sicht in enger Zusammenarbeit mit dem Systemhersteller Coyo für uns wichtige Funktionen optimieren und vorantreiben.

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