Mitarbeiter-Engagement – Wie die Belegschaft fürs Geschäft Feuer fängt

Für die Arbeit brennen – das ist es, was sich Unternehmen von ihren Belegschaft wünschen. Denn damit verbinden sie letztlich, zu Recht, den Firmenerfolg. Um Leidenschaft für den Betrieb zu entfachen, muss man wissen, woher dieses Engagement kommt und vor allem: Was tun, wenn es fehlt?

Jetzt, da alle hinter den besten Talenten her sind und sie halten möchten, interessieren sich Unternehmen verstärkt für ihre Mitarbeiter. Ein Top-Gehalt reicht heute nicht mehr aus (wenngleich es nicht auch hinderlich ist), um sie zufriedenzustellen. Sie wollen sich wohl- und wertgeschätzt fühlen. Das ist keine Allüre modernen Mitarbeitertums, wie es manchmal anmutet. Jeder kennt das: Dort, wo ich Spaß habe, akzeptiert werde, zeigen kann was ich zu leisten imstande bin und Neues lernen kann – da bleibe ich. Dafür muss man kein Millennial sein.

Vom neuen Mitarbeiter-Fokus profitieren nicht nur umworbene Fachkräfte.

Im westlichen Europa steht es um das Engagement nicht sehr gut. Für Deutschland sieht die Statistik ähnlich aus (15% - 70 % - 15 %) (Quelle: Gallup)
Obwohl das westliche Europa wirtschaftlich weit entwickelt ist, brennen Beschäftigte hier nicht sehr für ihre Arbeit. Für Deutschland sieht die Statistik ähnlich aus (15% – 70% – 15%). (Quelle: Gallup)

Das Schöne an der Entwicklung: Vom neuen Mitarbeiter-Fokus profitieren nicht nur die heftig umworbenen Fachkräfte. Alle haben etwas davon, wenn sie wahrgenommen werden. Davon gehen Unternehmen jedenfalls aus, denn laut dem Bericht von G2 Crowd zu den HR-Trends 2019 wird der weltweite HR-Management-Sektor (HR = Human Resources, also Personal) bis zum Jahr 2025 ein Marktvolumen von 30 Milliarden US-Dollar erreichen. Unternehmen investieren in die Mitarbeiter, lautet die Botschaft. Doch wie erkennen Unternehmen, ob ihre Belegschaft mit Herz und Leidenschaft bei der Sache ist? Und vor allem, was tun sie, wenn es nicht so ist?

Engagement ploppt nicht plötzlich auf

Im Unternehmenskontext nennt man die Identifikation mit der Firma neudeutsch Engagement, was mehr ist als pure Motivation, wie es der Engagement-Experte Paul Marciano erklärt. Die Kurzversion: Motiviert ist, wer etwas als attraktive Gegenleistung erhält. „Wenn die Karotte weg ist, verschwindet auch die Bemühung.“ Engagierte Mitarbeiter dagegen machen auch ohne Karotte weiter, der Sache wegen (eine ausführliche Erklärung zum Unterschied zwischen Motivation und Engagement finden Sie hier).

Fehlendes Engagement wird ausgelöst durch verschiedene Faktoren in unterschiedlichen Mitarbeiterstadien, die nicht nur Talente in die Flucht schlagen, sondern auch den Geschäftserfolg negativ beeinflussen können. Laut dem Spezialisten für Mitarbeiterforschung Towers Perrin-ISR steht ein niedriges Mitarbeiter-Engagement im direkten Zusammenhang mit geringeren Profitmargen. Nicht umsonst ist daher die Personalabteilung der Dreh- und Angelpunkt für das Engagement-Thema.

Engagement braucht eine Lern-, Feedback- und Mitgestaltungskultur, um wirksam zu sein.

Laut dem G2 Crowd-Bericht beginnt Engagement mit dem Bewerbungsprozess, führt über das sogenannte Onboarding, also der Einführung des Mitarbeiters in die Firma, und zieht sich durch das Arbeitsleben mit Feedback, regelmäßigen Mitarbeitergesprächen, Weiterbildungsoptionen, kontinuierliche Trainings, Karriereentwicklung, aber auch Gesundheitsprogramme wie Sport. Man ahnt es schon: Um Engagement, ganz technisch ausgedrückt, zu generieren und aufrecht zu erhalten, bedarf es einer Lern-, Feedback– und Mitgestaltungskultur im Unternehmen, die schon da sein muss, wenn Personalabteilungen Engagement-Initiativen starten möchten, oder zumindest parallel belebt wird. „Eine Engagement-Kultur beginnt mit einem unternehmerischen Mission Statement [Unternehmensmotto, Anm. d. Red.], wird im Mitarbeiterhandbuch konkretisiert und durch Programme und Prozesse mit Leben gefüllt“, so die Autoren.

Engagement-Programme müssen als solche erkennbar sein

Eines der großen Probleme für Engagement-Initiativen ist die Tatsache, dass ihre Bedeutung oftmals verkannt wird. Beschäftigte bringen ihre Kinder morgens in den Betriebskindergarten und bekommen einen Bonus für gute Arbeit. Dass es sich dabei um Engagement-Projekte handelt, ist ihnen nicht bewusst – schlicht, weil es nicht unter diesem Begriff angepriesen wird. In dem Bericht heißt es: „HR-Mitarbeiter initiieren zwar Engagement-Programme, machen aber Fehler bei der Kommunikation der Vorteile und auch wie Mitarbeiter sie für sich nutzen können.“

Wahrscheinlich fallen daher auch die Antworten so unterschiedlich aus: Personaler sind vom Erfolg der Engagement-Initiativen überzeugt, während Nicht-Personalmitarbeiter mitunter nicht einmal wissen, dass es diese gibt. So gaben 57 Prozent der HR-Beschäftigten an, dass Engagement-Initiativen helfen, Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden, während nur 19 Prozent der restlichen Mitarbeiter das so sahen.

Engagement-Software, Corporate-Wellness- und Mitarbeiter-Belohnungslösung…Hä?

Auffällig wird die Diskrepanz auch beim Einsatz von HR-Technologien. Denn Engagement ist messbar. Es gibt Software-Lösungen für die Anwerbung, Onboarding, Karriereentwicklung, Feedback. 83 Prozent der Personaler sagen, HR-Software könne das Engagement der Mitarbeiter verbessern, doch nur 30 Prozent der Nicht-Personaler sehen das ebenso. Selbst die besten Softwarelösungen und Engagement-Initiativen bringen demnach nichts, wenn Mitarbeiter nicht wissen, wofür das diese sein sollen.

Was Personaler und Mitarbeiter sich von Engagement-Lösungen erhoffen

Ganz unterschiedlich nehmen HR-Mitarbeiter und Beschäftigte in anderen Abteilungen die aktuellen Engagement-Bemühungen wahr.
Ganz unterschiedlich nehmen HR-Mitarbeiter und Beschäftigte in anderen Abteilungen die aktuellen Engagement-Bemühungen wahr. (Quelle G2 Crowd)

Hat die Personalabteilung gut gearbeitet, dann können Engagement-Initiativen, unterstützt durch Software und immer häufiger auch Künstliche Intelligenz und Machine Learning, das Feuer bei der Belegschaft entfachen oder anheizen. Aus der Sicht von 27 Prozent der Personaler dient der Einsatz von Engagement-Technologien der Verbesserung der Mitarbeiter-Moral. Ganz anders die befragten Mitarbeiter, die konkrete Faktoren mit Engagement-Lösungen, die sie immer wieder abholen und zu Wort kommen lassen, verbinden:

58 Prozent haben dadurch das Gefühl, einen aktiven Beitrag für ihr Team, die Abteilung und das Unternehmen zu leisten

57 Prozent fällt es leichter, sich auf klar definierte Ziele zu fokussieren

57 Prozent identifizieren sich dadurch eher mit dem Mission Statement

56 Prozent verstehen ihre eigene Rolle im Unternehmen besser

54 Prozent haben so mehr das Gefühl, unterstützt und respektiert zu werden

Nur 11 Prozent sprechen davon, dass die Moral besser werde

Spätestens hier wird auch klar, welche Umstände Beschäftigte innerlich kündigen lassen: ein unbedeutendes Rädchen im Maschinenraum zu sein und nicht zu wissen, wofür sie arbeiten oder zu wenig wertgeschätzt zu werden.

Klare Vision statt kryptischen Engagement-Lösungen

Eine Blaupause für mehr Engagement im Betrieb gibt es dennoch nicht. Jedes Unternehmen muss seine Wege finden, die Belegschaft mitzureißen. Schon gar nicht reicht es, Engagement-Technologien in den Betrieb zu kippen, ohne Führungskräfte und Mitarbeiter von den Chancen zu berichten. Der G2 Crowd-Bericht unterscheidet beispielsweise von Mitarbeiter-Engagement-Software (in deren Mittelpunkt das Feedback steht), Corporate-Wellness-Lösungen (die Wellness-Programme koordinieren) oder Mitarbeiter-Belohnungsslösungen (Systeme, die Preise oder Zertifikate durch Kollegen und Vorgesetzte ermöglichen). Wer soll da durchblicken?

Die größte Herausforderung bleibt, eine Engagement-Kultur zu etablieren und dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeiter ihre damit verbundenen Möglichkeiten verstehen. Wohl auch deshalb stehen bei Nicht-HR-Mitarbeitern Belohnungssysteme (30 Prozent) ganz oben auf der Wunschliste, während Personaler zu 29 Prozent Engagement-Lösungen favorisieren, die helfen, Mitarbeiter besser abzuholen. Dass Arbeitende hier die Chance haben, selbst Wünsche zu formulieren und so aktiv mitzugestalten, konnte bislang bei vielen noch nicht ankommen. Für die Personalabteilung sind die wichtigsten Aufgaben für eine moderne Arbeitskultur damit wohl definiert.

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