Automation am Arbeitsplatz: Hier bist du Mensch, hier musst du es sein!

Automationslösungen sollen Mitarbeitern wieder mehr Zeit verschaffen, den Arbeitsalltag mit menschlichen Stärken wie Empathie oder Kreativität anzureichern. Was wie ein Widerspruch klingt könnte eine Möglichkeit sein, sich als Mensch von der Maschine abzugrenzen und sie an einigen Stellen in die Schranken zu weisen.

Je länger man zusammen ist, desto ähnlicher wird man sich, heißt es immer. Das scheint bei vielen Ehepartnern so zu sein, beim Verhältnis zwischen Herrchen oder Frauchen und seinem Haustier oder bei der aktuellen Großen Koalition. Beim Konstrukt Mensch und Maschine wird es nicht so sein: Einerseits pirscht sich die Maschine an die Wesenszüge des Menschen heran. Auf der anderen Seite wird es der Mensch aber nicht schaffen, die Maschine bei einer ihrer Kernkompetenzen zu übertrumpfen: superschnelle Auffassungsgabe und Präzision. Zumindest dieses Rennen werden wir verlieren, sagen Experten.

Automation soll der Arbeit wieder eine Seele geben.

Was aber, wenn man garnicht erst versucht, dem nachzueifern, sondern die Vorteile digitaler, smarter Technologien nutzt und sich dabei gleichzeitig ureigener menschlicher Stärken erinnert? Während die einen die Entmenschlichung der Arbeit befürchten, sehen andere in der Digitalisierung eine Chance, der Arbeit, die so viele, immer gleiche Abläufe fordert, wieder eine Seele zu verleihen. Die beiden Lager stehen sich derzeit recht unversöhnlich gegenüber und Studien beider Seiten breiten durchaus nachvollziehbare Argumente aus.

Die Maschine verschafft dem Mitarbeiter Zeit für seine Kernkompetenzen

Für eine Koexistenz spricht sich eine neue Studie aus. Wie üblich bei Studien, die von Herstellern in Auftrag gegeben werden, darf man auch diese nicht unkritisch sehen. Der Initiator der Untersuchung ist, wie könnte es anders sein, Anbieter einer Automationslösung. Das US-Unternehmen Automation Anywhere hat die Studie bei der britischen Goldsmiths University of London in Auftrag gegeben. Dennoch liefert sie Erkenntnisse, die der allgemeinen Sorge um die Wegdigitalisierung der Arbeit entgegentreten. Denn neben der wenig überraschenden Aussage, dass Automation Prozesse beschleunigt und der Mensch dadurch produktiver sein kann, gibt es diese These: Automation verstärkt den Unterschied zwischen Mensch und Maschine, man muss es nur zulassen.

Das ist ein interessanter Gedankengang und der geht so: Technische Fähigkeiten werden in Zukunft auch von Technologien angeboten. Sich anzuschicken, bei zeitfressenden, wiederkehrenden Aufgaben besser zu sein als eine Software, die regelbasiert Prozesse in Sekundenschnelle abwickelt, ist den Aufwand nicht wert. Statt der Angst um den Arbeitsplatz dominiert die Idee, die Maschine verschaffe dem Mitarbeiter ein Stück zeitliche Freiheit, wieder eigene Stärken in den Arbeitsalltag einzubringen: Empathie, Leidenschaft, Kreativität, Emotion, kritisches Denken und Kommunikation. Hier geht es um Partnerschaft, innerhalb derer die Machtverhältnisse zwischen Mensch und Technologie freilich noch zu klären sind.

Automation verstärkt den Unterschied zwischen Mensch und Maschine, man muss es nur zulassen.

Das heißt, der Mensch soll wieder mehr denken dürfen und müssen im digitalen Zeitalter. Laut der Studie hat das einen interessanten Effekt, führt es doch dazu, dass sich Mitarbeiter wieder mehr engagieren, mehr mitgestalten wollen und dadurch zufriedener sind. In Unternehmen mit automatisierten Prozessen sind 38 Prozent der Mitarbeiter emotional enger mit der Firma verbunden als in nicht-automatisierten Umgebungen. Sie sind eher „engaged“, identifizieren also mehr mit dem Unternehmen oder agieren als Markenbotschafter. 70 Prozent sagen, Automation habe die Stimmung im Team verbessert und rund 80 Prozent der Befragten freuten sich, repetitive Arbeit durch den Einsatz von KI und Automationslösungen endlich los zu sein.

Automation dort einsetzen, wo es Sinn macht

Von alleine komme das allerdings nicht. Die Studie kommt ferner zu dem Ergebnis, Unternehmen müssten im Vorfeld genau evaluieren, was Mitarbeiter tun und in welchem Umfeld sie arbeiteten. Erst dann könne die Entscheidung fallen, an welcher Stelle man sie mit automatisierten Lösungen unterstützen kann, damit sie ihre eigenen Potenziale stärken können. Die Investition in Automationslösungen lohne sich nur dann, wenn gleichzeitig auch in den Menschen investiert werde. Das bedeutet, die 28 Prozent höhere Performance insgesamt, 31 Prozent bessere finanzielle Performance und 30 Prozent größerer Fokus auf strategische Ziele können nur gelingen, wenn sich Unternehmen deutlicher den Mitarbeitern widmeten. In diesem Zusammenhang fallen Stichworte wie Weiterbildung, Unternehmensleitlinien für alle oder eine Unternehmenskultur, die diesen Freiraum auch zulässt.

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Das wiederum haben weitere Studien belegt. So wird gerade in manchen Häusern das Büro-Layout überarbeitet, weil unterschiedliche Arbeitstypen unterschiedliche Büroumgebungen und wahrscheinlich auch diverse Automationsansätze für ihren Alltag brauchen, damit der Output stimmt. Der Branchenverband Bitkom ruft zu mehr besagtem Freiraum für Mitarbeiter auf, damit diese mit ihrem Know-how und der Erfahrung Geschäftsmodelle für die Firma entwickeln können. Das Potenzial liege derzeit viel zu oft brach.

Und nicht zuletzt hat Jack Ma, der Mann, der die chinesische Handelsplattform Alibaba großgemacht hat, bevor er vor wenigen Wochen seinen Abgang ankündigte, dazu aufgerufen, mehr Anstrengungen in Bildung und das Erlernen von Werten zu investieren. Der Wettlauf um Geschwindigkeit und Präzision sei gegen Maschinen nicht zu gewinnen.

Was tun mit der gewonnenen Zeit?

Ob Automation die Arbeit tatsächlich „menschlicher“ macht, ist freilich eine Sache der Definition. Es hieß ja auch immer, wer mit dem Smartphone Dinge schneller erledigt, hat mehr Zeit für echte Kontakte. Viel zu oft bleibt man aber vorm Handy kleben und verplempert die gewonnene Zeit. Dabei wäre sie im Business-Umfeld dringend nötig, für strategisches Denken beispielsweise. Das geht im Arbeitsalltag oftmals unter, obwohl es die Erkenntnis gibt, strategische Planung ist gerade in diesen disruptiven Zeiten wichtiger denn je. Aber vielleicht bekommen wir eine weitere Chance, es zu versuchen.

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