Wie verschiedene Mitarbeitertypen und Arbeitsstile die Büroplanung beeinflussen

Ein Büro kann noch so langweilig aussehen: Solange das Umfeld vor Ort für Mitarbeiter passt und sie sich wohlfühlen, macht der Arbeitgeber alles richtig – wahrscheinlich unbewusst. Nur selten gestalten Unternehmen die Immobilie mit Blick auf die unterschiedlichen Arbeitstypen und -stile ihrer Beschäftigten. Dabei können davon Betriebsklima und Firmenerfolg abhängen.

Das Szenario, mit der Digitalisierung verschwinde die Bürokultur, dementieren nicht nur Makler aus der Büroimmobilienbranche. Mehrere Studien verweisen inzwischen darauf, dass der physische Arbeitsplatz wichtig bleibt, gerade weil Beschäftigte immer flexibler im Arbeitsalltag agieren. Die Tatsache, dass jemand flexibel, individueller, multilokaler arbeiten will heißt nicht, dass er das Büro weiträumig umfährt. Das Büro ist die physische Kommunikationsplattform, hier trifft man sich, gibt im direkten Gespräch Wissen weiter und befindet sich wie in einem großen Meeting-Raum. Bestenfalls.

Die meiste Zeit verbringen Wissensarbeiter im Büro.
Noch verbringen Wissensarbeiter die meiste Zeit im Büro. (Quelle Fraunhofer IAO)

Denn um die Mitarbeiter im Büro zu halten, wo man doch gerade Konzepte zu flexiblen und mobilen Arbeitslösungen angeboten und die Anwesenheitspflicht gelockert hat, müssen sich Unternehmen in Zukunft  etwas einfallen lassen. Dabei kommt es nicht darauf an, ein möglichst modernes Büro anzubieten, mit Barrista und Lounge-Ecke. Ob ein Mitarbeiter vor Ort motiviert ist, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber mit der angeboteten Büroinsfrastruktur den Arbeitsstil des Mitarbeiters optimal abbildet.

Bei aller Individualität: Ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitern muss nicht 500 Arbeitsplätze personalisieren

Das Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO hat in einer umfangreichen Studie sieben Arbeitstypen identifiziert, die bei der Gestaltung einer nutzerorientierten Büroumgebung hilfreich sein können. Laut der Studie „Office Analytics“ sei es nicht nur sinnvoll festzustellen, welche Funktionen der Arbeitnehmer ausfülle, sondern auch, wo und wie sein Arbeitsalltag stattfinde.

Die Ergebnisse könnten dabei helfen, eine Angebotsvielfalt zu schaffen, die unterschiedliche Arbeitsplatzsituationen und Arbeitsstile im Büro unterstützt, heißt es. Bevor jetzt Panik ausbricht: Ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitern muss nicht 500 Arbeitsplätze individuell gestalten. Das wäre nicht leistbar. Es geht vielmehr darum herauszufinden, welche Bandbreite unterschiedlicher Arbeitstypen das Unternehmen prägen wie welches Büro-Layout dazu am besten passt.

Die Studie unterscheidet diese sieben Mitarbeitertypen:

Sieben Arbeitstypen laut Fraunhofer IAO

  • Silent Worker: Verbringt seine Arbeitszeit vorwiegend am Platz und hat nur selten Meetings
  • Caller: Telefoniert viel, wechselt häufig zwischen Projekten und arbeitet selten lang an einer Tätigkeit
  • Hands-on: Wechselt häufig zwischen Schreibtisch und Labor oder Werkstatt
  • Communicator: Ist intern ständig unterwegs, um Dinge mit Kollegen zu besprechen
  • Thinker: Konzentrierter Stillarbeiter, der zudem oft unterwegs ist
  • Hypercross: Ist überall und nirgendwo, hochkommunikativ mit Kollegen, wenig am Arbeitsplatz, mehr in spontanen Meetings
  • Traveller: Immer unterwegs, zu Hause, im Büro oder auf Geschäftsreise. Wenn vor Ort, dann in Meetingräumen

Diese Einteilung sei die Basis für eine optimale Bürogestaltung, so die Studienautoren. Jetzt müssten Fragen beantwortet werden wie: Welche Form ist für welchen Typ am besten geeignet? Brauche ich als Unternehmen Einzelbüros, Großraumbüros oder passt Desk-Sharing? Müssen Rückzugsorte her und mehr Erholungsoptionen?

Noch fehlt die Vielfalt im Büro – das wird sich wohl ändern

Zwar dominiert heute noch das Einzelbüro. Wer das Office aber als Ideenwerkstatt und Kommunikationsplattform versteht, für den soll die Umgebung flexibel sein und sowohl Meeting- als auch Konzentrationsumfelder anbieten.

Einzelbüro oder Multispace? Die Verhältnisse könnten sich in Zukunft ändern. (Quelle: Fraunhofer IAO)

Am Beispiel dreier Arbeitstypen hat die Studie das Büro-Layout konkretisiert. Interessant ist, dass zumindest diejenigen Arbeitstypen, die sich überwiegend im Büro aufhalten, eine Multispace-Umgebung favorisieren, also eine Bürostruktur, die sich nicht eindeutig nur über eine Büroform beschreiben lässt: flexibles Arbeitsplatzkonzept (zum Beispiel Desk-Sharing) sowie eine Angebotsvielfalt an Besprechungsmöglichkeiten, Rückzug für Konzentration, Erholungs- und Pausenmöglichkeiten. Die wird aber heute noch nicht allzu oft angeboten. Geht man vom Trend nach mehr Flexibilität aus, könnte das Multispace-Konzept künftige Büroinfrastrukturen deutlich mehr prägen.

Die veränderungsfördernde Multispace-Umgebung ist ein Erfolgsfaktor für den Silent Worker.
Die veränderungsfördernde Multispace-Umgebung ist ein Erfolgsfaktor für den Silent Worker. (Quelle: Fraunhofer IAO)

Der Silent Worker beispielseweise fühlt sich im Einzelbüro wohl, Großraum ist für ihn nichts. Besonders gut gefällt ihm das angesprochene Multispace-Konzept: mal kann er alleine sitzen, mal mit anderen zusammen und er braucht auch nicht unbedingt seinen „eigenen“ Schreibtisch, Desk-Sharing geht auch. Die größte Gruppe der Arbeitstypen möchte sich im Büro über den Tag räumlich verändern können. Obwohl oder gerade weil ihre Arbeit meistens eine Einzelleistung ist, scheinen Team-Räume für Austausch und Pause sehr wichtig.

Der Communicator ist laut der Fraunhofer-Typisierung ebenfalls erklärter Fan des Multispace. Hier kann er seine Stärken ausspielen, weil diese Büroform ihm Platz für einerseits informelle Gespräche und Kollaboration, auf der anderen Seite aber auch genügend Rückzug für stille Arbeit bietet. Der Traveller bevorzugt das Kombibüro, einen Einzelarbeitsplatz mit abgetrennter Sitzecke. Auf diese Weise lassen sich Konzentrationsausgaben und Teamarbeit kombinieren.

Die Handlungsempfehlungen sind keine Blaupause für jedes Unternehmen, denn die stereotypisch perfekte Immobilie gibt es nicht. Dennoch verdeutlicht das Fraunhofer Institut mit seiner Studie einen Trend: Büroumgebungen haben einen hohen Einfluss auf Mitarbeiter und ihre Arbeitsweise. Je zufriedener Personen mit ihrer Büroumgebung sind, desto höher ist das Wohlbefinden, die Motivation am Arbeitsplatz und auch die individuelle Produktivität.

Sieben Typen für ein Halleluja?

„Mit der Einteilung der Arbeitstypen erhalten Firmen ein Instrument an die Hand, um Mitarbeiter zu binden und ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen. Durch das Eingehen auf die geänderten Bedürfnisse der Mitarbeiter kann langfristig nicht nur die Arbeitgeberattraktivität gestärkt, sondern gleichzeitig auch dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegengewirkt werden“ resümieren die Studienautoren.

Mit der Einteilung der Arbeitstypen haben Firmen ein Instrument, um Mitarbeiter zu binden und ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen

Bisher gebe es in vielen Büros allerdings noch enorme Optimierungspotentiale, heißt es weiter. Nur etwa die Hälfte (54 Prozent) der befragten Personen seien im Großen und Ganzen mit ihrer Büroumgebung zufrieden. Viele Büroumgebungen böten Mitarbeitern häufig nicht oder nur unzureichend den Rahmen, ihre Arbeitsaufgaben optimal zu erfüllen, geschweige denn Kreativität und Innovationsfähigkeit zu stimulieren. Dabei sei die typbasierte Planung und Gestaltung von Arbeitsumgebungen ein entscheidender Wettbewerbsfaktor in der modernen Arbeitswelt. Der Aufwand könnte sich lohnen.

Für die Studie wurden auf der Basis eines großen Datensatzes mit mehr als 13.000 Befragten sieben unterschiedliche Arbeitstypen identifiziert. Die Studie ist Teil des Verbundforschungsprojekts OFFICE 21®.

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