Augmented Analytics: So einfach soll Datenanalyse in Zukunft sein
Wirklich nutzbare Datenanalyse kommt bei Mittelständlern selten vor. Ihnen fehlen Zeit, Expertise und das Budget für den Data Scientist, der aus digitalen Informationen Schlüsse für die Geschäftsentwicklung zieht. Augmented Analytics könnte das ändern.
Augmented Analytics wird derzeit hoch gehandelt. Das Meinungsforschungsinstitut Gartner erwähnt die Technologie (Augmented Data Discovery) in seinem Trendbarometer „Hype Cycle“ erstmals 2017 und nennt es „die Zukunft der Datenanalyse“. Das Konzept könnte Bagger, Expeditionsleiter sowie Kurator des unternehmerischen Datenschatzes in einem sein – und gleichzeitig wichtiger Business-Entscheider.
Augmented Analytics trifft Entscheidungen – das muss der Mensch erst einmal aushalten
Es ist vor allem Datenexpertise – aber nicht nur –, die Unternehmen fehlt, wenn sie mit einem kleineren Budget haushalten müssen. Heute verfügt nahezu jeder Betrieb über Tools, die quer durch die Wertschöpfungskette Informationen über Produktion, Mitarbeiter, Produkte und vor allem Kunden sammeln. Doch gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlt das Geld für ein Datenanalyse-Projekt oder einen Data Scientist. Mit der digitalen Ausbeute sind sie somit überfordert, „data-driven“ ist weit entfernt. Die sind nicht in der Lage, die Daten zu extrahieren, geschweige denn, damit zu arbeiten.
Was macht Augmented Analytics?
Augmented-Analytics-Tools automatisieren die Datenanalyse. Sie lesen alle Unternehmensdaten, bereinigen sie von unnützem Zeug, analysieren selbstständig und übertragen die Ergebnisse in konkrete und verlässliche Handlungsempfehlungen für Führungskräfte, Marketing- oder Personalabteilungen. Die Technologie verknüpft die neuesten Entwicklungen im Bereich Virtual Reality, künstliche Intelligenz und Echtzeitanalyse mit reellen Ereignissen und Objekten und erklärt, was die Daten bedeuten beziehungsweise was man als Marketer, Personaler oder Führungskraft daraus ableiten und umsetzen kann. Bisher schlummert einiges an Optimierungspotenzial vor sich hin und obwohl Unternehmen Erkenntnisse filtern könnten, rein theoretsich, werden vielleicht die falschen Leute eingestellt und Produkte entwickelt, die der Kunde gar nicht haben will.
Diese Art der Datenanalyse soll den Mitarbeiter entlasten, der stundenlang eintönig Zahlen sortiert. Gleichzeitig entlastet und ersetzt sie in gewissem Umfang den Data Scientist, der das Werkzeug mit Parametern versorgen muss und aus der Informationsflut Trends herauslesen soll. Die Tools stellen die richtigen Fragen zur richtigen Zeit und destillieren aus den digitalen Informationen eine Antwort. Die Technologie macht sich an die Königsklasse der Datenanalyse heran: Einsichten. Also das, was der Kunde wirklich will, welchen Mitarbeiter die Personalabteilung wirklich braucht oder welches Geschäftsmodell wirklich das richtige ist.
Die Technologie macht sich an die Königsklasse der Datenanalyse heran: Einsichten und Erkenntnisse
Für diese Aufgabe muss Augmented Analytics lernen dürfen. Die Werkzeuge werden besser mit Algotithmen, die sie sich selbst beigebracht haben – Stichwort Maschinelles Lernen. Zur Hochform sollen sie auflaufen, wenn sie Zugriff unter anderem auf Business Cases, Erfolge und Misserfolge sowie Pläne und Konzepte haben. Daraus etablieren sie eine Art Wissensbibliothek und Grundlagen-Know-how, das ihnen erlaubt, Trends oder Irrwege zu entdecken. Mit dieser Expertise suchen sie in den Unternehmensdaten beispielsweise nach Hinweisen, ob die Business-Trends bereits bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in Betracht gezogen werden.
Was kann Augmented Analytics besser als „herkömmliche“ Analysewerkzeuge?
Augmented Analytics hat einen cleveren Datenxperten in Form von Software sozusagen an Bord, der intelligent genug ist, um sich wechselnden Rahmenbedingungen anzupassen und von ihnen zu lernen. Gartner definiert „Maschinelles Lernen“ als „Datenanalyse-Technologie, die Erkenntnisse gewinnt, obwohl ihr niemand gesagt hat, es zu tun.“
„Maschinelles Lernen ist die Datenanalyse-Technologie, die Erkenntnisse gewinnt, obwohl ihr niemand gesagt hat, es zu tun.“
Noch muss allerdings jemand den Datenanalyse-Werkzeugen sagen, was sie tun sollen. Und Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als auf die Expertise des Datenexperten zu setzen, wenn die Informationen wirklich genutzt werden sollen. Denn bis Augmented Analytics in den Unternehmen ankommt, wird es noch dauern. Laut Gartner setzt man in zwei bis fünf Jahren die größten Erwartungen in die Technologie, andere sprechen von fünf bis zehn Jahren.
Sich in der Zwischenzeit dem Data Scientist anzuvertrauen, ist ja per se nichts Schlechtes. Ihm wird aber grundsätzlich viel abverlangt, was seine Dienste teuer und manchmal zäh macht: Er soll einen Datenschatz heben, indem er die richtigen Fragen stellt, die passenden Datensätze von der Analyse-Software heraussuchen lässt, sich mit den Gepflogenheiten und der Kultur des Unternehmens auskennt, Hintergrundwissen zur Geschichte der Firma hat und mehrere Analyse-Projekte gleichzeit stemmt.
Unterstützung bekommt er aktuell von Herstellern wie Qlik, Tableau, IBM Watson oder SAS. Sie führen Tools im Portfolio, die die Aufgabe des Sortierens sowie Zuordnens von Big Data übernehmen, einzelne Beziehungen herstellen oder Unregelmäßigkeiten festellen können und ihre Ergebnisse visualisieren – allerdings auch nur das. Die Kompetenz, aus den gewonnenen Charts die richtigen Schlüsse zu ziehen, sitzt nach wie vor vor dem Bildschirm, auch wenn die Technologie zunehmen „predictive“ daherkommt, also in der Lage ist, vorausschauend zu denken. Das ist der große Unterschied zwischen der aktuellen Generation der BI-Tools zu Augmented Analytics.
Die Lösungen gelten dennoch als Vorstufe zu Augmented Analytics. Was die Komplexität angeht, so ist man immerhin bei der Idee der Self-Service-Tools angekommen. Das sind bezahlbare Datenanalysewerkzeuge, die leicht zu installieren und nach einer kurzen Schulung einfach zu benutzen sind. Die Anbieter arbeiten längst an der Weiterentwicklung der Datenanalyse arbeiten. So hat Qlik mit der Präsentation einer neuen Version von Podium Data einen weiteren Schritt vorwärts gemacht. Der schwedische Hersteller hatte das Unternehmen Podium im Juli übernommen und wirbt jetzt mit einem neuen Bewertungsmodell zur qualitativen und operativen Einschätzung von Datensätzen.
Augmented-Analytics-Tools gelten als der nächste Schritt auf der intelligenten Datenanalyse-Leiter. Und da es so aussieht, als ob wir es mit immer noch mehr Daten zu tun bekommen, werden solche intelligenten Technologien dringend gebraucht, damit aus dem Datenschatz kein Datenfriedhof wird. Jetzt muss „nur“ noch der Mensch den Entscheidungen der Technologie vertrauen…aber das ist ein ganz anderes Thema.