IT und Anwender müssen enger zusammenrücken

Die Integration von IT-Mitarbeitern in Fachabteilungen hat bei Unternehmen für mehr Agilität gesorgt, aber auch zu neuen Trennlinien und Silos geführt. Diese müssen abgebaut werden, wenn aus dem bisherigen Kunde-/ Dienstleisterverhältnis eine echte Partnerschaft werden soll.

Bei der digitalen Transformation fällt der IT eine Rolle zu, um die sie nicht unbedingt zu beneiden ist. Als Trägerin von Fach-Knowhow muss sie Geschäftsprozesse durch die Möglichkeiten der Technik aufwerten, außerdem noch proaktiv an der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle mitwirken. Gleichzeitig darf sie immer komplexere IT-Infrastrukturen am Laufen halten und absichern, immer anspruchsvollere Richtlinien erfüllen und immer forderndere Anwender bei Laune halten, während all das seitens der Business-Nutzer als selbstverständlich betrachtet wird. 

Die Dezentralisierung der IT hat Fachabteilungen autonomer und Unternehmen agiler gemacht.

In den meisten Firmen hat das bisher trotzdem ganz gut geklappt, weil IT und Business die Zusammenarbeit gesucht haben. Eine erste Maßnahme in diese Richtung war das Zusammenstellen von interdisziplinären Projektteams, die aus Vertretern der IT und der Fachabteilungen bestanden. Eine weitere war die Integration von IT-Mitarbeitern in den Geschäftseinheiten, um dort als Application Manager größere Anwendungen zu betreuen. Beide scheinen gefruchtet zu haben. Laut einer Umfrage von IDG Connect beurteilen neun von zehn der befragten deutschen CIOs die daraus resultierende Entwicklung als positiv. Sie hätten die Fachbereiche autonomer gemacht und insgesamt für mehr Agilität im Unternehmen gesorgt. Mehr als die Hälfte der IT-Ausgaben würden inzwischen von den Fachbereichen kontrolliert.

Neue Aufgaben, alte Baustellen

Unterdessen hat sich auch die Rolle der IT im Unternehmen verändert. Laut dem aktuellen Global CIO Survey des IT-Dienstleisters Logicalis werden 43 Prozent der 888 befragten CIOs nun daran gemessen, ob ihre Arbeit zum Umsatz des Unternehmens beiträgt. Vor zwei Jahren waren es nur 35 Prozent. Die Erwartungen des Managements an die IT-Verantwortlichen konzentrieren sich heute immer stärker die Themen Innovation und Digitalisierung. Hohe Priorität haben deswegen Dinge wie operationelle Effizienz, womit meist die Automatisierung von Geschäftsprozessen gemeint ist, eine bessere Kundenerfahrung sowie die Beschäftigung mit neuen Technologien und Innovation, was meist mit Künstlicher Intelligenz und Machine Learning zu tun hat.

Zugleich verlieren alle anderen Aufgaben der IT kaum an Bedeutung – und stellen den IT-Betrieb vor neuen Herausforderungen. So sind für 55 Prozent der CIOs Kostenkürzungen weiterhin ein Erfolgskriterium. Zwar steigen gleichzeitig bei den meisten Unternehmen die IT-Budgets, doch ein immer größerer Teil wird für die Digitalisierung aufgewendet. Das zwingt die IT-Verantwortlichen zu Kosteneinsparungen beim IT-Betrieb, die. aber ohne Investitionen in neue Produkte meist kaum möglich sind. Hinzu kommt, dass Optimierungen beim IT-Betrieb vom Management oft gar nicht richtig wahrgenommen oder honoriert werden.

Wo soll die Zeit für Innovationen herkommen?

Der Erwartungsdruck auf die CIOs ist damit gewaltig. Kein Wunder also, dass etwa die Hälfte der befragten CIOs über eine gesunkene Jobzufriedenheit klagt, 29 Prozent melden außerdem eine schlechtere Work-Life-Balance im Vergleich zum Vorjahr. Ebenso groß sind auch die Veränderungen, denen ihr Job unterworfen ist. Bei der ersten Umfrage von Logicalis vor sieben Jahren meldeten die CIOs, dass sie etwa 70 Prozent ihrer Zeit mit dem Management technischer Fragen verbrachten. Heute macht die Technik nur etwa ein Drittel ihres Alltags aus, der Rest wird für Team-Management, Sicherheit und der Einhaltung von Richtlinien (Compliance) aufgewendet – und irgendwo da dazwischen schreit auch das Thema Innovation nach Aufmerksamkeit. Unter solchen Umständen sich noch kreativ in Sachen digitale Transformation einzubringen, erweist sich häufig als Mission Impossible.

Die Crux ist, dass sich die Anforderungen der Digitalisierung an die IT in den nächsten Jahren weiter verstärken werden. Laut dem Research- und Beratungsunternehmen Gartner wird diese Aufgabe ohne eine noch intensivere Zusammenarbeit zwischen IT und Fachabteilungen bzw. Anwendern kaum zu schaffen sein. Sie sollte deswegen mit hoher Priorität ausgebaut werden.

Autonome Fachabteilungen sorgen für Kostenintransparenz und IT-Wildwuchs.

Den Grund dafür sieht Gartner in der bisherigen Lösung des Problems, nämlich dem Einbetten von IT-Mitarbeitern in den Fachbereichen. Die Dezentralisierung der IT und die dadurch erlangte Autonomie der Fachbereiche habe nämlich zwei unangenehme Nebenwirkungen gehabt: Zum einen habe sie zu Intransparenz hinsichtlich der Kosten geführt (wer gibt was aus und wofür genau?), zum anderen für mehr IT-Wildwuchs gesorgt, weil die Geschäftsbereiche die eigenen Lösungen meist ohne Koordination mit der zentralen IT aufgebaut hätten.

Application Manager als „Nervenzentrum“ der Organisation

Diese neuen Trennlinien müssen nun aufgehoben werden. „Geschäftsbereiche und IT-Teams funktionieren nicht mehr in Silos, da weiter entfernte Teams Probleme verursachen können“, sagt Keith Mann, Senior Research Director bei Gartner. „Traditionell hatte jeder Geschäftsbereich sein eigenes Technikpersonal, was dazu führte, dass die Unternehmen nur ungern den Anweisungen der zentralen IT-Teams folgten. Zunehmend verstehen Unternehmen jedoch, dass ein gemeinsames Ziel unerlässlich ist, um die Integrität und Stabilität des Kerngeschäfts zu gewährleisten.“ Nun müssten sich die einzelnen Mitarbeiter auf das gemeinsame Ziel konzentrieren, stärker zusammenarbeiten und neue Technologien im gesamten Unternehmen implementieren.

Application Manager müssen aus der Rolle des Ausführenden und Mittlers hinauswachsen.

Gartner glaubt, dass die Hälfte der Unternehmen in den nächsten zwei Jahren die verstärkte Zusammenarbeit zwischen ihren Geschäfts- und IT-Teams vorantreiben werden. Auseinandersetzungen darüber, wer denn die Hoheit über die Technik behält sollen weiter abnehmen, da beide Seiten zum Schluss kommen werden, dass nur eine Kooperation für Innovationen am digitalen Arbeitsplatz sorgen kann.

Die bisherigen Schnittstellen zwischen IT und Fachabteilungen, also die eingebetteten IT-Mitarbeiter und Application Manager, seien jetzt gefordert. Statt sich auf die Rolle des Ausführenden und des Mittlers zu beschränken, sei Vielseitigkeit, Flexibilität und Zusammenarbeit mit den wichtigsten Beteiligten gefragt. Die Application Manager sollten sich mehr auf die Menschen konzentrieren und die digitale Transformation durch eigene Initiativen unterstützen. Darüber hinaus sei es Aufgabe der Application Manager, als „Nervenzentrum“ der Organisation zu fungieren, indem sie neue Anforderungen für Anwendungen und Infrastrukturen schnell erkennen, darauf reagieren und sie bereitstellen. Auf diese Weise würden sie Fachbereiche und zentrale IT zusammenbringen, um daraus Digital Business Teams zu bilden.

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