Dokumentation 4.0 – Wie der Bilfinger-Konzern sein Wissen konserviert

Wissen ist das Kapital moderner Unternehmen, besonders wenn sie im Bereich Engineering aktiv sind. Der Bilfinger-Konzern hat eine eigene, Video-basierte Dokumentationsmethode entwickelt, um sein Wissen zu konservieren und seine Mitarbeiter technisch fit zu halten.

Mit 36.000 Mitarbeitern und mehr als 4 Milliarden Euro Umsatz ist Bilfinger einer der größten deutschen, weltweit aktiven Engineering-Dienstleister. Das Angebotsspektrum reicht von der Beratung und Entwicklung über die Fertigung und Montage bis hin zur Generalinspektion und Instandhaltung von Industrieanlagen, Kraftwerken und Bauwerken. Die Menge an Know-how, das bei dieser Bandbreite gefordert wird und zu jeder Zeit den Mitarbeitern überall auf der Welt zur Verfügung gestellt werden muss, ist enorm. 

Video eignet sich am besten für die Weitergabe von Engineering-Wissen.

Dieses Wissen muss in irgendeiner Form festgehalten werden, um den Mitarbeitern im richtigen Moment zur Verfügung gestellt zu werden. Nur ist die Dokumentation von Engineering-Prozessen eine Wissenschaft für sich und das Training der Mitarbeiter auf neue Maschinen, Verfahren und Technologien aufwändig. Deswegen hat Bilfinger mit Hochdruck an der Entwicklung neuer digitaler Dokumentations- und Trainingsmethoden gearbeitet, um diese Aufgaben einfacher, schneller und effizienter zu gestalten. 

„Eine Wissensdatenbank von Praktikern für Praktiker“

„Es geht darum, dieses Wissen als zentrales Kapital zu sichern und transferierbar zu machen“, sagt Martin Bergmann, zuständig fürs Innovation and Product Management bei der Bilfinger Digital Next GmbH, der Digitalsparte des Konzerns. Die Herausforderung sei dabei, Wissen im gesamten Unternehmen über Ländergrenzen hinweg und unabhängig von der jeweiligen Sprache zur Verfügung zu stellen. „Wenn ein Mitarbeiter in Frankfurt eine Pumpe instand setzt, sollen auch die Kollegen in Norwegen davon profitieren“, so Bergmann. 

Bei der Suche nach einer Lösung ist Bergmann und seinem Team schnell klar geworden, dass Videos der beste Weg sind, diese Art von Wissen zu vermitteln. Mit dem Industrial Tube ist nun „eine Wissensdatenbank voller Videos von Praktikern für Praktiker“ entstanden. Der Clou dabei: Die Videos der Datenbank werden von den Mitarbeitern selbst erstellt. Hierfür nehmen sie beispielsweise Arbeitsabläufe oder Tipps zur Arbeitssicherheit mit einer Smartphone-App oder einer Datenbrille wie der Microsoft HoloLens auf. Die App dazu hat die Darmstädter Software-Schmiede 3spin entwickelt. 

Automatischer Schnitt, Indexierung und Übersetzung

An dieser Stelle wird die Technik dahinter recht anspruchsvoll, hat aber den Vorteil, dass die Mitarbeiter nach dem Dreh nicht viel Zeit mit der Nachbearbeitung der Videos verbringen müssen. Die Videos werden auf die Azure Cloud von Microsoft hochgeladen, wo sie automatisch geschnitten und mit Hilfe des Azure Video Indexer weiterverarbeitet werden. Dank Künstlicher Intelligenz, Sprach-, Gesichts- und Zeichenerkennung werden sie dort automatisch mit Untertiteln und mit Schlüsselwörtern (Tags) versehen. Der eingesetzte Algorithmus lernt dabei dank Machine Learning mit jedem neuen Video und jeder Korrektur hinzu und der ganze Dokumentationsprozess wird damit mit der Zeit effizienter. 

Schnellere Reparaturzeiten, weniger Reisekosten.

Der bei der Aufnahme der Videos gesprochene Text wird vom Indexer automatisch extrahiert und in andere Sprachen übersetzt. Natürlich braucht es nach der automatischen Bearbeitung einen Korrekturlauf und eine finale Abnahme, doch dieser Prozess ist wesentlich einfacher und kürzer, als wenn die ganze Arbeit manuell erledigt werden müsste. 

Die Lösung ist ein vermarktbares Produkt 

In der Praxis sieht die Nutzung von Industrial Tube so aus, dass die Mitarbeiter per Suchbegriff die Datenbank nach dem passenden Video durchsuchen, das sie für ihre Schulung oder Fortbildung brauchen. Die Videos reduzieren den Bedarf für die noch üblichen schriftlichen Arbeitsbeschreibungen. Außerdem können die Ingenieure während der Instandhaltung einer Anlage, falls es irgendwo klemmt, vor Ort mithilfe der Datenbrille Remote Support von Kollegen bekommen, ohne ihre Arbeit zu unterbrechen. „Wir versprechen uns von Industrial Tube eine kürzere ‚Mean Time to Repair‘, also ein schnelleres Erledigen von Instandsetzungsaufgaben“, sagt Bergmann. Außerdem rechnet er mit niedrigeren Reisekosten, weil dadurch Wissen leichter weltweit leichter verfügbar gemacht werden kann. 

Für Bergmann ist aber die Dokumentation und Wissensvermittlung nur der Anfang der Karriere von Industrial Tube. Nebenbei soll durch den Industrial Tube ein eigenes Geschäftsmodell entstehen. „Wir werden Industrial Tube als eigenständiges Produkt extern vermarkten und Kunden aus verschiedensten Industrien zur Verfügung stellen“, sagt Bergmann. Für den Konzern bedeutete das die Entwicklung einer neuen digitaler Erlösquelle. Da Industrial Tube auf der Azure Cloud läuft, ist sie als allgemein zugängliche Plattform konfigurierbar und beliebig skalierbar. Industriekunden sollen in absehbarer Zeit die Plattform zur Erstellung eigener Videos nutzen können. 

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