Der physische Arbeitsplatz gewinnt durch die Digitalisierung an Bedeutung
Aller digitalen und virtuellen Tools zum Trotz: Der physische Arbeitsplatz ist so wichtig wie nie. Und dafür ist ausgerechnet die Digialisierung verantwortlich.
Das Arbeitsumfeld bekommt in Zeiten der Digitalisierung eine völlig neue Bedeutung. Immer häufiger versuchen Unternehmen auch über das physische Umfeld den Mitarbeitern zu helfen, sich auf wichtige Aufgaben zu fokussieren und so auch Mehrwerte für das Unternehmen zu schaffen.
Homeoffice und Automatisierung reduzieren den Bedarf an Büroflächen. Dennoch gehen die meisten Unternehmen davon aus, dass in Europa in den nächsten fünf Jahren im Schnitt der Flächenbedarf um 13 Prozent wachsen wird, wie aus der Cognizant-Studie „Space Matters: Shaping the workplace to get the right work done“ hervorgeht. Die Digitalisierung vernichte tatsächlich Arbeitsplätze, schaffe aber gleichzeitig neue Anforderungen und mache neues Engagement, etwa in der Kundenansprache nötig. Die Arbeitsbereiche verschieben sich daher lediglich, so die Studienautoren.
Die Studie belegt darüber hinaus auch, dass in der Praxis inzwischen der Zusammenhang zwischen effektiven Arbeitsplätzen und dem Erreichen von Unternehmenszielen erkannt wurde. So beginnen etwa 40 Prozent der Unternehmen bereits mit der Modernisierung und einer entsprechenden Neugestaltung der Arbeitsplätze. Von den 500 Verantwortlichen, die für die Studie befragt wurden, erklären 38 Prozent sogar einen Umzug zu planen, um in der Ansprache von Kunden oder Partnern effektiver zu werden, oder auch um neue Projekte schneller realisieren zu können.
„Wir brauchen eine Neubewertung der Arbeitsräume“
„Der Arbeitsbereich wird zunehmend als Weg gesehen, um Leute in den Tätigkeiten zu bestärken, die wirklich zählen“, kommentiert Euan Davis, Leiter des Cognizant-Centers für Arbeit und Mitautor der Studie. „In einer Zeit, in der virtuelle Arbeit und die „No-Office-Kultur“ so gut möglich sind wie nie zuvor, ist auch der Arbeitsbereich wichtiger denn je“, betont Davis.
Denn die Produkte, Dienstleistungen und Markenerlebnisse sind keine eigenständigen Einheiten mehr und werden zudem immer komplexer. Es herrschen digitalen Plattformen, kollaborative Ökosysteme und virtuelle Teams vor. Dabei stellt sich die Frage, wie sich in diesem Umfeld Arbeit am besten erledigen lässt.
„Eine grundlegende Neubewertung der Räume, in denen wir arbeiten, muss über eine ausgefeilte Raumgestaltung hinausgehen, um der Realität moderner digitaler Workflows gerecht zu werden“, erläutert Davis. Man müsse sich in diesem Zusammenhang sogar Fragen nach dem Unternehmensstandort oder der Branchenausrichtung stellen.
Die Studie belege einen „totemischen Sog“ des Arbeitsbereiches sowohl innerhalb wie auch außerhalb des Unternehmens auf Mitarbeiter, Partner und Kunden. Der Arbeitsbereich könne sogar das Narrativ eines Unternehmens neu schreiben.
Worauf sollte man bei der Einrichtung neuer Arbeitsbereiche achten?
Nicht jedes Unternehmen hat die Mittel und Möglichkeiten, sich ein Headquarter zu verpassen wie etwa Apple. Auch Google verfolgt seit längerem ein spezielles Bürokonzept, bei dem auch viele spielerische Elemente zum Einsatz kommen, wie etwa Lego-Steine oder Magnetbuchstaben an einer Wand. Für Google, das vor allem jüngere Mitarbeiter damit ansprechen will, mag das Sinn machen. Doch Davis rät, den Arbeitsbereich nicht zu infantilisieren, denn die meisten Mitarbeiter würden einen vernünftigen Kaffee und verlässliche Infrastruktur etwaigen Schultafeln und anderen Spielereien vorziehen.
Es sollte jedoch darauf geachtet werden, dass die Räumlichkeiten die Interaktion der Mitarbeiter untereinander verstärkt und dass zufällige Treffen ermöglicht werden. Auch sollte es möglich sein, neue zusammengestellten Teams eine Arbeitsumgebung bereitzustellen. Zudem rät Davis, zu dokumentieren, welche finanziellen Auswirkung die neuen Formen der Zusammenarbeit haben, um eventuell höheren Kosten für neue Büroflächen rechtfertigen zu können.
Gleiches gilt für die Innovation: Verantwortliche sollten qualitative und quantitative Messungen für die höhere Innovationsgeschwindigkeit in neuen Umgebungen vorlegen.
Eine weitere Möglichkeit sieht Davis darin, Büros in neue Flächen für die Kundenansprache umzuwidmen. Interdisziplinäre Teams aus Marketing, Entwicklung, Service oder Vertrieb sollten sich zu Meetings zusammenfinden können, um sich einer bestimmten Frage auf verschiedenen Ebenen widmen zu können.
Auch der Einsatz von Coworking-Spaces sollte erwogen werden, vor allem um den Kontakt mit anderen zusammenzuarbeiten. Die jüngsten Erfolge, die dieses vergleichsweise junge Konzept feiert, belegten dessen Mehrwert. Generell könne es sich lohnen, in der Nähe von „Talent-Hubs“ mit einer Niederlassung vertreten zu sein.
Google, Apple, Microsoft und andere große Technologiefirmen hätten die Bedeutung für die Kreativität und Innovationskraft der Arbeitsumgebung bereits erkannt. Davis erwartet, dass sich dieser Trend künftig noch weiter verstärken wird. Künftig werden seiner Ansicht nach die Räume noch stärker und flexibler auf wechselnde Bedürfnisse und Stimmungen der Mitarbeiter reagieren können. Und so könnten Unternehmen auch ohne das Budget und den Hintergrund von Apple oder Google über eine Umgestaltung des Arbeitsbereichs die Produktivität der Mitarbeiter steigern.