Milliarden und ethische Leitplanken für Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz wird auch bei der Gestaltung der digitalen Arbeit eine tragende Rolle spielen. Europa hat in diesem Bereich jedoch einiges nachzuholen, denn ohne Weiterbildung werden viele Menschen künftig keine Chance auf einen Arbeitsplatz haben. Immerhin scheint es in Brüssel langsam zu dämmern.
Dank der Digitalisierung läuft Europa Gefahr, in vielen Bereichen der Forschung und Innovation von der Konkurrenz aus Übersee und Fernost überholt oder abgehängt zu werden. Die EU-Kommission will nun mit einem Investitionsprogramm für Künstliche Intelligenz gegensteuern.
Bis 2020 sollen öffentliche und private Investitionen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Deep Learning und Machine Learning auf insgesamt 20 Milliarden Euro aufgestockt werden. Gleichzeitig scheint in Brüssel auch die Einsicht zu reifen, dass nicht nur wirtschaftliche und technologische Veränderungen durch künstliche Intelligenz zu erwarten sind, sondern auch die Gesellschaft von diesen Neuerungen betroffen sein wird.
Um 1,5 Milliarden Euro will die EU-Kommission in den nächsten beiden Jahren die eigenen Ausgaben erhöhen. Zusätzlich sollen 2,5 Milliarden in Form öffentlich-privater Kooperationen investiert werden, unter anderem für KI-Projekte in Schlüsselbereichen wie dem Gesundheitswesen oder in der Verkehrsplanung. Darüber hinaus fließen aus dem European Fund for Strategic Investments in den nächsten Jahren 500 Millionen Euro an Start-ups und Unternehmen, die sich mit KI-Projekten beschäftigen.
Mehr Daten sind nötig
Da Künstliche Intelligenz von der Auswertung großer Datenmengen lebt und ohne deren Verfügbarkeit kaum umzusetzen ist, will die EU zudem mit neuen Vorschlägen die gesetzlichen Rahmenbedingungen ändern, so dass mehr Daten öffentlich verfügbar und wiederverwendbar werden. Die EU-Kommission nennt in einer Pressemitteilung Umwelt-Informationen, Daten aus öffentlichen Versorgungseinrichtungen, Forschungsdaten und Gesundheitsinformationen als Beispiel. Gleichzeitig setzt die EU zum 25. Mai die neue Regelung der EU-Datenschutz-Grundverordnung in Kraft, die die Datenschutzrechte von Verbrauchern deutlich stärkt.
Weitreichender als die Investitionsankündigung aus Brüssel ist jedoch die Feststellung, dass KI zu erheblichen sozialen Veränderungen führen wird. „Mit dem Heraufziehen der Künstlichen Intelligenz werden neue Jobs entstehen, andere werden verschwinden und die meisten werden transformiert“, heißt es in einer Mitteilung der EU.
Die Kommission drängt darauf, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten die Bildungs- und Trainingssysteme modernisieren und auch Programme aufsetzen, die den Übergang des Arbeitsmarktes begleiten. Partnerschaften mit der Wirtschaft sollen Experten für Künstliche Intelligenz in Europa halten. Finanzielle Unterstützung verspricht die EU für KI-Trainings. In den Bereichen Wissenschaft, Technologie und Mathematik sollen ebenfalls entsprechende Programme die Expertise fördern.
Neue Rechtsfragen
„Künstliche Intelligenz wird neue ethische und rechtliche Fragen aufwerfen, etwa in Fragen der Haftung oder bei einer beeinflussten Entscheidung. Neue Technologien sollen aber nicht neue Werte bedeuten.“ Daher kündigt die Kommission an, bis Ende des Jahres ethische Richtlinien für die Entwicklung von künstlichen Intelligenzen zu erarbeiten. Besonderes Augenmerk soll die noch zu gründende Europäische AI-Allianz dabei auf Datenschutz und Transparenz legen. Mitte 2019 sollen Hersteller und Verbraucher über eine neue Produkthaftungsdirektive rechtliche Sicherheit bekommen.
Kritik an dem neuen Vorstoß kommt unter anderem von dem innenpolitischen Sprecher der Grünen, Reinhard Bütikofer. „Die KI-Strategie der Europäischen Kommission ist in einem, dem entscheidenden, ihrer drei Pfeiler Stückwerk.“ Die Bedeutung von Bildung, Ausbildung und Weiterbildung werde zwar herausgestellt, jedoch drücke sich die EU um die Frage, „wie die politische Ökonomie der Weiterbildung aussehen soll, ohne die in Zukunft keine Erwerbstätige mehr lange erwerbstätig sein wird“.