Ewig junges Silicon Valley? Altersdiskriminierung in der IT-Branche

Die Vielfalt in der Belegschaft wird gerade in Technologie-Unternehmen groß geschrieben. Doch beim Alter scheint die Toleranz der Arbeitgeber eine Grenze zu haben.

Gerade in der so weltoffen und angeblich diskriminierungsfreien IT-Branche sind es überdurchschnittlich viele männliche, weiße Mitarbeiter um die 30. Immer wieder werden auch gegen die großen Namen der Branche wie Facebook und Google Vorwürfe laut, dass Kandidaten über 40 oder älter nicht mehr Eingestellt werden. Sind Mitarbeiter mit 25 tatsächlich trotz mangelnder Erfahrung leistungsfähiger und kreativer? Oder bringen sie einfach nur die Bereitschaft mit, länger und härter für weniger Lohn zu arbeiten?

In den USA liegt das Durchschnittsalter der Mitarbeiter in allen Branchen bei 42 Jahren. Laut dem auf Beschäftigungsfragen spezialisierte Marktforschungsunternehmen Payscale kommen Angestellte bei Facebook auf ein Durchschnittsalter von 29 Jahren, bei Google und Amazon sind es 30 Jahre und bei Apple sind die Mitarbeiter im Schnitt 31 Jahre alt.

Google: „Wir doch nicht!“

Wie auch in Deutschland müssen in den USA Stellenausschreibungen aus gesetzlichen Gründen diskriminierungsfrei sein. Das heißt auch, dass auch ältere Mitarbeiter nicht von Vornherein ausgeschlossen werden dürfen. Derzeit läuft gegen Google in den USA aber genau wegen dieses Vorwurfs eine Klage. Die beiden Kläger sind jeweils über 40 und beschuldigen Google, sie aufgrund ihres Alters nicht einzustellen. Inzwischen ist hier sogar eine Sammelklage zugelassen.

Google weist natürlich diese Vorwürfe von sich und will sich vor Gericht verteidigen. Google verweist zudem auf die eigenen Richtlinien, in denen jegliche Diskriminierung untersagt wird. Doch es ist nicht die erste Klage dieser Art gegen den Suchmaschinenbetreiber.

Google ist hier nur die Spitze des Eisbergs. Laut Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg sollen zwischen 2008 und 2015 bei den 150 größten IT-Unternehmen knapp 230 Beschwerden wegen Altersdiskriminierung eingegangen sein. Bei den jüngsten Entlassungswellen beim Technologie-Konzern Hewlett Packard Enterprise sollen (HPE) gezielt ältere Mitarbeiter über 50 entlassen worden sein.

Verräterische Stellenanzeigen

Das Aussieben von älteren Kandidaten fängt schon früh an. In einer gemeinsamen Studie der New York Times und des Recherchenetzwerkes ProPublica wurden die Job-Anzeigen der großen sozialen Netzwerke analysiert. Demnach können Unternehmen, die Stellen über Plattformen wie Facebook oder LinkedIn ausschreiben wollen, eine sehr genau beschriebene Zielgruppe auswählen, der diese Anzeigen angezeigt werden. So bekommen zum Beispiel nur Besucher der Seite, die zwischen 26 und 35 Jahren alt sind, eine bestimmte Anzeige zu sehen. ProPublica war ohne weitere Nachfrage in der Lage, auch bei Google und LinkedIn Anzeigen zu erwerben, die für Menschen über 40 Jahren nicht zugänglich sind. Inzwischen läuft auch gegen diese Praxis, die die Plattformen als rechtmäßig verteidigen, eine Sammelklage.

Auch in Deutschland gibt es solche Tendenzen. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung etwa zeigt, dass rund ein Viertel aller Langzeitarbeitslosen älter als 55 Jahre alt ist. Das Freelancer-Portal Gulp hat 2016 in einer Befragung ermittelt, dass sich die Freiberufler in der Altersgruppe 50 bis 59 häufiger Sorgen über Nachfolgeaufträge macht als die Gruppe zwischen 30 und 39 Jahren. Auch die Zufriedenheit mit der Beschäftigungssituation nimmt demnach mit zunehmenden Alter ab.

Foto: Michal Parzuchowski via Unsplash

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