5 Gründe, warum das Alter bei der Mitarbeiterauswahl keine Rolle spielen sollte
Nicht jeder Beschäftigte, der schon auf der Zielgeraden seiner beruflichen Laufbahn ist, denkt nur noch an die Rente. Hier sind fünf Argumente, warum Unternehmen reifere Mitarbeiter nicht gleich zum alten Eisen zählen sollten.
In einer Zeit, in der Fachkräfte rar sind und flexible Arbeitsmodelle boomen, und angesichts der Tatsache, dass schon heute fast 700 Millionen Menschen über 60 Jahre alt sind (bis 2050 werden es laut den Vereinten Nationen 2 Milliarden und damit knapp über 20 Prozent der Weltbevölkerung sein), sollten Unternehmen gegenüber reiferen Mitarbeitern nicht länger voreingenommen sein. Viele Betriebe und Belegschaften haben das Potenzial dieser Mitarbeitergruppe aber noch nicht (an)erkannt.
Der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zufolge hat bereits jeder fünfte Mensch in Deutschland eine Situation erlebt, in der er wegen seines Alters benachteiligt wurde. Genau wie geschlechterspezifische Diskriminierung wird auch die Benachteiligung aufgrund des Alters am Arbeitsplatz erlebt. Dabei sind die Argumente, die für diese Mitarbeitergruppe sprechen, ziemlich überzeugend.
Ältere Beschäftigte sind loyal
Ältere Mitarbeiter haben ihre Karriereziele bereits erreicht und bleiben, wenn das Arbeitsklima stimmt.
Neue Mitarbeiter zu suchen und einzustellen kostet Zeit und Geld. Eine möglichst geringe Mitarbeiterfluktuation ist daher ein Ziel vieler Personalverantwortlicher. Sie suchen die Jungen weil sie befürchten, dass sie sich bei der Einstellung älterer Mitarbeiter bald mit Ruhestandsregelungen und erneut offenen Stellen beschäftigen müssen. Dabei zeigt sich in der Praxis: Jüngere verlassen das Unternehmen aufgrund von Umzug, Familien- oder Karriereplanung das Unternehmen schneller. Reifere Mitarbeiter hingegen haben ihre Karriereziele häufig bereits erreicht, pflegen oftmals eine höhere Wertschätzung und Loyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber und gehen heute zudem meist später in Rente – vor allem, wenn sie ihre Arbeit und das Arbeitsklima schätzen. Um die Mitarbeiterfluktuation zu verringern, sollten Unternehmen ihre Türen für Menschen jeder Altersklasse und diversen Hintergründen öffnen und in deren Entwicklung und Wohlergehen investieren.
Zukunftsfähigkeit ist keine Altersfrage
Firmen müssen im Zuge des digitalen Wandels die „Zukunftsfähigkeit“ ihrer Mitarbeiter stärken, damit sie sich an die Veränderungen anpassen können. Dazu gehört die Arbeit mit neuen Technologien genauso wie ein kultureller Wandel. So genannte Soft-Skills, also Fähigkeiten wie Teamwork, kritisches Denken und Kommunikation, werden immer wichtiger in einer digitalisierten und zunehmend automatisierten Arbeitswelt. Diese Fähigkeiten sind zum Teil reine Veranlagung. Doch Menschen erwerben sie auch im Laufe des Berufslebens und in unterschiedlichsten Arbeitssituationen. Bei vielen jüngeren Mitarbeitern sind sie daher noch nicht vollständig ausgeprägt. Reifere Arbeitnehmer haben Erfahrung im Umgang mit Kollegen, hinsichtlich der Arbeitsplatzpolitik, Problemanalyse oder Zusammenarbeit. Sie können den Denkprozessen des Unternehmens eine neue Tiefe verleihen, die eine jüngere Belegschaft wirklich bereichert und die Bildung eines starken Teams fördert.
Mentoren bei Krisen und Problemen
Reife entsteht aus langjähriger Lebens- und Arbeitserfahrung.
Wenn im Beruf Probleme auftauchen, verlassen wir uns für die Lösung gerne auf solche Erfahrungswerte. Ein jüngerer Mitarbeiter hat vielleicht einen Spitzenabschluss, aber noch nicht gelernt, unter Druck angemessen zu reagieren. Reife entsteht aus langjähriger Lebens- und Arbeitserfahrung und schafft Mitarbeiter, die sich durch Schwierigkeiten weniger verunsichern lassen, die Ruhe bewahren und auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen können. In diesem Zusammenhang können sie auch hervorragende Mentoren für jüngere Generationen sein.
Offen gegenüber dem technischem Wandel
Das Vorurteil, ältere Arbeitnehmer seien nicht technikaffin, widerlegen mittlerweile viele Studien. Laut Deloitte ist die passende Hardware für die digitalisierte Welt bei den deutschen Babyboomern mittlerweile fast durchgängig vorhanden. 96 Prozent der 55- bis 74-Jährigen besitzen einen Laptop oder PC, 81 Prozent haben ein Smartphone. Jetzt mag das nicht unbedingt mit den am Arbeitsplatz aufkommenden technischen Veränderungen gleichzusetzen sein. Angesichts des Tempos der Digitalisierung jedoch können weder Jung noch Alt immer auf dem neuesten Stand sein und müssen sich auf ein kontinuierliches Lernen einstellen. Wenn gerade ältere Arbeitende digitale Tools und Arbeitsmethoden weniger intuitiv nutzen als jüngere, brauche sie einfach etwas mehr Zeit. Ein Grund, auf sie zu verzichten, ist es nicht.
Hoher Diversitätsgrad als Vorteil
Studien zeigen, dass Unternehmen mit einem hohen Diversitätsgrad in Bezug auf Geschlecht, Ethnie und Kultur leistungsfähiger sind. So fand etwa das Beratungsunternehmen McKinsey in einer Studie heraus: Firmen mit großer Diversität sind mit höherer Wahrscheinlichkeit überdurchschnittlich profitabel. Eine Untersuchung der Universität Zürich ergab, dass eine zunehmende Altersheterogenität erhebliche positive Produktivitätseffekte bewirken kann, insbesondere in innovativen und kreativen Unternehmen. Zwar wird nicht jeder Arbeitnehmer in der Lage sein, die gleiche Rolle zu übernehmen, die er vor zwanzig Jahren hatte – die meisten werden dies auch gar nicht wollen. Doch bereichert seine Präsenz im Unternehmen die Tiefe des intellektuellen Potentials und die Vielfalt der Persönlichkeiten und Blickwinkel, was letztlich positiv zum Unternehmenserfolg beitragen kann.
Warum nicht Stellen explizit für ältere Beschäftigte ausschreiben?
Viele Argumente sprechen also dafür, reifere Arbeitnehmer einzustellen oder zu halten. Für HR- und Personalverantwortliche könnte diese Überlegung einen Anstoß für die nächsten Stellenbeschreibungen und Vorstellungsgespräche liefern. Zudem könnte es sich für Unternehmen durchaus lohnen, über Arbeitsmodelle für diese spezielle Zielgruppe nachzudenken. Aber auch Teamleiter und Mitarbeiter sollten über die positiven Effekte von Diversität am Arbeitsplatz informiert werden, wenn diese nicht ohnehin als Teil der Unternehmenskultur vermittelt wird.