Warum Meetings Produktivitätskiller Nr.1 sind
Und wie wir das ändern können
Nein, das ist kein Artikel gegen die Institution Meetings an sich. Besprechungen mit Kollegen sind auch nicht grundsätzlich kontraproduktiv. Aber bei der Art und Weise, wie wir heute mit Meetings umgehen, ist noch reichlich Luft nach oben.
Die Ergebnisse der Studie Workplace Woes: Meetings Edition von Atlassian (Confluence, Jira, Trello) unter 5.000 Büroangestellten aus fünf Ländern sprechen eine eindeutige Sprache:
→ 80 Prozent der Befragten halten ihre Meetings in der Regel als wenig zielführend.
→ 71 Prozent der Meetings bleiben ergebnislos, sodass ein Nachfolgetermin notwendig ist.
→ 78 Prozent haben Schwierigkeiten, ihrer eigentlichen Tätigkeit nachzugehen, wenn sie an allen angesetzten Meetings teilnehmen.
→ 44 Prozent der 1.000 Befragten aus Deutschland machen wegen der wachsenden Zahl der Meetings Überstunden.
Meetings sind heute vor allem für eine Sache gut: Mehr Meetings zu verursachen.
Das wirklich schockierende an den Ergebnissen der Atlassian-Studie ist: Meetings scheitern nach Ansicht der Befragten so ziemlich bei allen Kriterien, anhand derer man ihre Nützlichkeit bewerten könnte. So sollen sie zum Beispiel die Teammitglieder zusammenbringen und den Teamgeist fördern, doch 70 Prozent der Befragten meinen, dass Meetings hierfür ineffektiv sind und 55 Prozent fühlen sich in der Arbeit einsam, auch an Tagen mit vielen Besprechungen.
Ähnlich vernichtend klingen die Ergebnisse bei allen anderen Disziplinen: 75 Prozent der Befragten halten Meetings für ineffektiv für das Brainstorming neuer Ideen oder um gemeinsame Entscheidungen zu treffen; bei 67 Prozent fallen sie durch als Mittel, um die Arbeit voranzubringen; für 72 Prozent sind sie ungeeignet, um klare Ziele zu definieren; und für 70 Prozent taugen sie nicht einmal dazu, den Stand der Dinge zu kommunizieren. In der Art, wie sie heute abgehalten werden, sind Meetings vor allem für eine Sache gut: Mehr Meetings zu verursachen.
Woran Meetings scheitern
Fazit der Studienautoren: Meetings sind zwar ein wichtiger Bestandteil für effektive Kommunikation, ihre Umsetzung und Frequenz sollte aber überdacht werden. Vor allem sollten Meetings bewusster angesetzt und abgehalten werden. Die aktuelle Meeting-Kultur in den meisten Unternehmen erschwert es den Teams, ihre Ziele zu erreichen. Die häufigsten Gründe dafür:
- Man kommt nicht zu Wort. Das Meeting wird von einzelnen Teilnehmern dominiert. Während sie das Gespräch in eine bestimmte Richtung lenken, bekommt der Rest kaum Gelegenheit, eigene Ideen einzubringen.
- Keine Agenda, kein konkretes Ziel formuliert. Lediglich das Thema wurde kommuniziert und man hat sich ausgiebig darüber unterhalten. Und dann ist die Zeit vorbei und alle müssen zum nächsten Termin.
- Unklarheit über das weitere Vorgehen. Gut, dass wir darüber gesprochen haben – und dann? Etwa 45 Prozent der deutschen Befragten bestätigten, dass Besprechungen häufig ohne Absprache über die nächsten Schritte oder eine konkrete Aufgabenverteilung bleiben.
- Eine E-Mail hätte auch gereicht. Informationsaustausch kann heutzutage auch asynchron erfolgen, über Kommunikationsplattformen, Projektmanagement-Tools oder einfach E-Mail. Es muss nicht alles live diskutiert werden.
Die meisten Arbeitenden leiden darunter, dass ihr Terminkalender fremdbestimmt ist und sie versuchen, ihre produktive Arbeitszeit um Meetings herum unterzubringen. Was häufig daran scheitert, dass zwischen den Meetings zu wenig Zeit bleibt, um mental umzuschalten und sich auf eine bestimmte Sache zu konzentrieren. Oft werden Meetings auch just zu der Uhrzeit angesetzt, an der der eigene Biorhythmus seine produktivste Phase vorgesehen hat.
Die eigene Arbeitszeit schützen
Warum nicht einfach die Situation auf den Kopf stellen und versuchen, die Hoheit über unsere Arbeitszeit zurückzuholen, fragen die Autoren der Atlassian-Studie, und haben folgende Tipps dafür auf Lager:
- Besprechungen mit niedriger Priorität ablehnen und versuchen, Termine in Blöcken zusammenzulegen, um mehr Zeit für konzentrierte Arbeit zu haben.
- Zeitfenster für konzentrierte Arbeit blocken, die idealerweise nicht kürzer als 90 – 120 Minuten sind.
- Blöcke für „offene Zusammenarbeit“ einrichten, um spontane Meetings und Gespräche mit Kollegen zu ermöglichen.
- Feste Zeiten für E-Mails und Messaging einplanen, um sich nicht ständig von Benachrichtigungen aufscheuchen zu lassen.
- Falls Sie ein Teamleiter sind: Stellen Sie klar, dass die Absage einer Einladung nicht automatisch als Zeichen geringen Engagements verstanden wird, sofern man sonst mit seiner Arbeitszeit vernünftig umgeht.
Auf die Basics achten
Was die Gestaltung der Meetings selbst betrifft, sollte man zumindest darauf achten, dass die Basics erfüllt sind, denn daran scheitern sie am häufigsten:
- Das Ziel des Meetings definieren. Etwa 62 Prozent der Befragten der Atlassian-Studie sagten, dass sie häufig in Besprechungen eingeladen werden, deren Ziel nicht definiert ist.
- Eine Agenda verfassen. Eine Agenda macht nach Ansicht von 79 Prozent der Befragten Besprechungen wesentlich effektiver. Das kostet zwar etwas Arbeit im Vorfeld, doch sie lohnt sich.
- Nicht zu viel Zeit veranschlagen. Rund 80 Prozent der Befragten sagten, dass die Meetings meist in der Hälfte der veranschlagten Zeit durchgeführt werden könnten.
- Einen Moderator bestimmen. Vor allem für Besprechungen in größeren Gruppen sollte der Moderator dafür sorgen, dass alle zu Wort kommen, die inhaltlich etwas zum Thema beizutragen haben.
- Ein Protokoll führen. Atlassian hat hierfür ein eigenes, denkbar einfaches Meeting Notes Template entworfen.
Vielleicht hilft es, sich noch einmal vor Augen zu führen, warum Experimente mit der 4-Tage-Arbeitswoche so häufig erfolgreich sind. Microsofts Pilotprojekt 2019 in Japan zum Beispiel – in einem Land, das für seine Überstunden-Unkultur berüchtigt ist – ist vor allem dadurch geglückt, dass die Zahl und die Dauer der Meetings gekürzt und viele Präsenzmeetings durch Videokonferenzen ersetzt wurden.