Remote Brainstorming und was Sie darüber wissen sollten

Das interaktive Entwickeln von Ideen und Konzepten ohne die physische Präsenz der Beteiligten im selben Raum folgt etwas anderen Regeln als das traditionelle Brainstorming, bietet aber auch neue Möglichkeiten.

Intensive Zusammenarbeit ist eines der wesentlichen Merkmale der digitalen Arbeitswelt. Das ist auch nötig wenn man bedenkt, dass Wirtschaft und Industrie sich gerade mitten in einer Transformation befinden, die viel unterschiedliches und teilweise völlig neues Know-how verlangt. In einem kreativen Dialog an der Entwicklung von Ideen, Lösungen und Produkten zu arbeiten ist deshalb essentiell.

Virtuelles Brainstorming ist das Gegenteil von einem PowerPoint-Marathon mit freundlichem Blabla zwischen den Präsentationen.

Brainstorming war und ist für diesen Zweck eines der wichtigsten Vehikel, vor allem um Initialzündungen bei der Lösungsentwicklung zu triggern. Für viele ist dieses Format ohne die physische Präsenz aller Beteiligten im selben Raum kaum vorstellbar, doch dank Corona und Lockdown fällt der physische Kommunikationskanal nun aus. Ist so etwas wie Brainstorming auf digitalem Weg überhaupt möglich?

Einschränkungen zum Vorteil nutzen

Die Antwort ist ja, und die gute Nachricht ist: man kann daraus mehr machen, als man bisher über das traditionelle Brainstorming mit physischer Präsenz imstande war. Die Einschränkungen durch den Ausfall des physischen Kanals in Kombination mit digitalen Tools können sogar dafür sorgen, dass das Ergebnis gewinnbringender ist, als man sich auf den ersten Blick vorstellen kann. 

Apropos Einschränkungen: Nach bald einem Jahr Kontaktbeschränkungen und Heimarbeit dürfte jeder die Erfahrung gemacht haben, dass Videokonferenzen umso anstrengender sind, je mehr Teilnehmer involviert sind. Brainstorming mit einer größeren Gruppe und den freizügigen Regeln der physischen Variante verheißen deshalb nichts Gutes. Andererseits kann die Begrenzung des Teilnehmerkreises und eine gezielte Gestaltung der Vorbereitung zum Vorteil genutzt werden.

Wer hat was zu bieten?

Beim Teilnehmerkreis sollte zunächst vom spezifischen Know-how ausgegangen werden, das für die Erarbeitung der Lösung notwendig ist. In einem zweiten Schritt sollte man überlegen, welche Art Know-how in welcher Phase des Projekts nötig ist und entsprechend entscheiden, wann genau dieses eingebracht werden sollte. 

Nicht jeder Fachbereich, der eine Rolle bei der Realisierung des Projekts eine Rolle spielen wird, muss in dieser Phase präsent sein. Für die Brainstorming-Sitzung wären zunächst Teilnehmer gefragt, die konzeptionell einiges beitragen können, sowie solche, die über die Möglichkeiten bestimmter Technologien und ihrer Grenzen Bescheid wissen, damit die Machbarkeit der Lösung gewährleistet ist und Sackgassen vermieden werden können.

Da räumliche Distanz in der virtuellen Welt keine Rolle spielt (außer wenn der Zeitunterschied zu groß ist), kann man zunächst auch diejenigen Teilnehmer anfragen, die sich vom Fachwissen und Kompetenz her am meisten zu bieten haben. Idealerweise sollten Leute eingeladen werden, die miteinander harmonieren und sich die Bälle gegenseitig gut zuspielen können.

Gute Vorarbeit lohnt sich

Die gezielte Vorbereitung auf die Live-Sitzung ist beim virtuellen Brainstorming sehr wichtig. Sie beginnt mit einer zeitlich überschaubaren Briefing-Konferenz, in der die Teilnehmer zusammenkommen, um sich mit der Aufgabenstellung vertraut zu machen und sich kennenzulernen, falls das noch nicht der Fall war. In der Zeit bis zur eigentlichen Sitzung sollten sie, jeder für sich, erste Ideen über ihren Ansatz formulieren. 

Gute Vorbereitung verhindert den Groupthink-Effekt und bringt die Zurückhaltenden besser ins Spiel.

Diese Art Vorarbeit bringt viele Vorteile mit sich. Sie verhindert einerseits die Zurückhaltung und Passivität, zu der einige Mitarbeiter aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur neigen. Zum anderen bekommt die eigentliche Brainstorming-Sitzung eine Agenda und Struktur, die sich auf die Diskussion der vorgestellten Ansätze konzentriert. Wichtig ist, dass die jeweiligen Ideen zum Zeitpunkt der Sitzung den anderen Teilnehmern nicht bekannt sind, sodass alle möglichst spontan auf die einzelnen Ideen reagieren können. 

Der andere Vorteil besteht darin, dass man dadurch den Groupthink-Effekt abfedern kann, der so manche Brainstorming-Sitzung zunichte gemacht hat. Erfahrungswerte ebenso wie wissenschaftliche Studien zeigen, dass je länger sich Menschen über eine bestimmte Sache austauschen, desto stärker ihre Meinungen darüber konvergieren. In einer Brainstorming-Sitzung sieht das so aus, dass die spontansten und extrovertiertesten Mitglieder (manchmal einfach nur die Vorgesetzten) die Diskussion prägen und ihre Ideen mit fortlaufender Diskussion von den anderen einfach angenommen werden, obwohl der eine oder andere eine bessere Idee beizutragen hätte, es aber nicht tut, weil er/sie eher zurückhaltend ist.

Nutzen Sie virtuelle Hilfsmittel!

Das schlimmste, was einer virtuellen Brainstorming-Sitzung passieren kann, ist dass sie sich anfühlt wie ein PowerPoint-Marathon mit freundlichem Blabla zwischen den Präsentationen. Letztere sollten am besten von vornherein aus dem Spiel genommen oder höchstens für die Darstellung von Skizzen und Grafiken zugelassen werden. Text sollte über die Tonspur kommen.

Brainstorming-Plattformen haben mehr zu bieten als ein Whiteboard und digitale Notizzettel.

Stattdessen empfiehlt es sich, Tools wie Miro oder Mural zu nutzen, die genau für diesen Zweck entwickelt wurden. Beide Plattformen bieten eine Menge Funktionalität, die weit über die Gestaltung von Brainstorming-Sitzungen hinausgehen. Zusätzlich zur Whiteboard- und Notizzettel-Funktionalität als digitalen Ersatz zur Flipchart eignen sie sich für die interaktive und kollaborative Entwicklung von Ideen, die grobe Planung von Projekten, den Entwurf von Flussdiagrammen und vieles mehr. Darüber hinaus können sie mit ihren Möglichkeiten jedes interaktive Meeting beleben.

Ein Tipp für die zeitliche Planung der Brainstorming-Sitzung: Gönnen Sie sich die Zeit zum kreativen Austausch und lassen Sie genügend Zeit hintenraus. Der Gedanke an den nächsten Termin ist nicht nur der häufigste, sondern auch der effektivste Ideenkiller. Außerdem ist ein gut aufgesetztes, mit den geeigneten Tools ausgestattetes und lebhaftes virtuelles Brainstorming nicht ganz so ermüdend wie „normale“ Videokonferenzen.

Bauen Sie auf das Ergebnis auf

Versäumen Sie es nicht, sich im Vorfeld einige Gedanken über die Dokumentation der Sitzung zu machen. Miro und Mural bieten hier einige Möglichkeiten, aber das ist nicht der einzige Weg.  Auf jeden Fall sollten Sie davon ausgehen, dass das Ergebnis der Sitzung ein Set an Arbeitsunterlagen liefern, auf dessen Basis die Ideen, Konzepte oder Projekte weiterentwickelt werden sollten. Deshalb sollten die Unterlagen nicht verteilt, sondern eher an einem zentralen Ort aufbewahrt werden, der für alle Beteiligten zugänglich ist.

Manche Teilnehmer brauchen eine zweite Chance, um ihre Ideen ins Spiel zu bringen.

Das Wort „Arbeitsunterlagen“ sollte hierbei durchaus wörtlich genommen werden. Stellen Sie die Dokumentation allen Teilnehmern kurzfristig zur Verfügung (das sollte digital einfacher gehen als das Übertragen von Flipchart-Inhalten) und fordern Sie sie dazu auf, die vorgestellten und diskutierten Ideen oder den Plan nochmals konstruktiv zu kommentieren und zu ergänzen. Das ist eine Gelegenheit, nochmals den Beitrag der Teilnehmer abzurufen, die während der Sitzung nicht so recht zum Zug gekommen sind oder einfach nur einmal über die Sache schlafen mussten, um sich konstruktiv einzubringen.

Auch ist der zweite Blick auf das Ergebnis für die meisten Teilnehmer wie ein nüchterner Reality-Check, über den so manche Fehlannahme oder Illusion korrigiert werden kann. Das kann vor allem dann der Fall sein, wenn die Unterlagen von den Teammitgliedern des jeweiligen Teilnehmers gesichtet und besprochen werden. Außerdem ist das ein Weg, noch mehr Fachwissen an Bord zu holen und möglicherweise zusätzliche Unterstützung für das Projekt zu gewinnen.

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