Fachkräftemangel: Schon mal daran gedacht, ein ganzes Team zu mieten?
Bei Firmen wie Terminal oder Welance kann man Teams mieten. Sie stellen Experten-Gruppen nach Bedarf zusammen, die remote agieren und standortunabhängig für den Auftraggeber arbeiten. Business User stellt das Konzept „Team-as-a-Service“ vor.
Fachkräfte fehlen überall auf der Welt. Selbst wenn es welche gibt, sind sie oft nicht dort, wo man sie bräuchte oder sie passen nicht ins Team. Vor allem junge Unternehmen belastet die händeringende Suche nach kompetenten Mitarbeitern, um die Herausforderungen meistern zu können. Neben den Talenten fehlt ihnen oftmals das Budget, sich räumlich zu vergrößern und eine geeignete Infrastruktur auf die Beine zu stellen. Noch dazu locken etablierte Unternehmen mit mehr Gehalt und tollen Angeboten zum Wohnen und Arbeiten.
Terminal rekrutiert junge Fachkräfte und organisiert das komplette Management
Eine bessere Ausgangssituation für Start-ups hat sich daher ein US-Unternehmen namens Terminal zur Aufgabe gemacht. Die Idee könnte nicht nur bei Gründern Schule machen und eine Alternative für die verzweifelte Suche nach Experten sein. Terminal sucht nicht wie Personalvermittler nach einzelnen Talenten. Das Start-up reagiert auf Anfragen nach einem dauerhaften Team oder einem Projektteam und stellt von der Manpower bis zum remote Office alles für den Auftraggeber zusammen. Dafür hat Terminal, obwohl selbst ein US-Unternehmen, Workspace-Locations auch in mehreren kanadischen Städten eröffnet. In Montreal, Toronto und Vancouver sei die Dichte von technischen Universitäten und damit von gut ausgebildeten Talenten zumindest auf IT-Ebene besonders hoch, heißt es.
Firmen brauchen drei Mal länger, um Fachkräfte einzustellen.
Terminal selbst beschäftigt ein Team, das sich vor Ort auskennt, Partnerschaften mit ortsansässigen Talentschmieden nutzt und Unternehmen erlaubt, eine Dependance zu eröffnen, ohne selbst vor Ort sein zu müssen. Auch das Management der Experten-Teams, inklusive Buchhaltung, deckt Terminal mit seinem Service ab.
Seine Kunden lockt das Start-up mit sportlichen Argumenten: Die Teams sollen bis zu drei Mal schneller bereitstehen, als wenn es ein Unternehmen selbst versuche. Die angeworbenen Teammitglieder wiederum lassen sich auf das Konzept ein, weil Terminal ihnen verspricht, einen guten Job zu ergattern, ohne dafür an den Standort des Auftraggebers ziehen zu müssen und Teil einer Experten-Community zu sein, die für viele unterschiedliche Unternehmen arbeitet.
„Wir leben in aufregenden Zeiten. All diese Technologien sind verfügbar und ermöglichen die Arbeit von remote Teams“, sagt Terminal Mitgründer Dylan Serota auf dem Firmen-Blog. Tatsächlich ist es so, dass Collaboration Tools wie Cisco Webex, Microsoft Teams oder Slack heute die Zusammenarbeit von standortunabhängigen Teams deutlich erleichtern und Cloud-Lösungen die Firmen-IT bis in den letzten (vernetzten) Winkel der Welt erweitern.
Terminal ist für Talente das, was Amazons Cloud-Services für Daten ist
Gegenüber einem US-Magazin sagte Serota, Terminal mache für Talent-Ressourcen das, was Amazon mit seinen Web Services für Computer-Ressourcen tue. Früher musste jeder ein eigenes Rechenzentrum betreiben, jetzt nutze man die Cloud-Services, die das für einen übernähmen. Bei Terminal wird wie bei Amazon eine Gebühr fällig, die sich am Einkommen des rekrutierten Experten ausrichtet und die zusätzlich Miete der Coworking-Spaces sowie Verwaltungsdienste mit einschließt.
Welance bietet einen Pool an vernetzen Experten
Auch in Deutschland formiert sich die Idee, zeitweise Teams anzumieten, um Projekte zu bearbeiten. In Berlin beispielsweise sitzt Welance, ein Freelancer-Kollektiv, das sich aus Experten aus verschiedenen Bereichen zusammensetzt. Entwickler, Designer, Berater oder Marketing-Experten verstehen sich von Webseiten- und App-Entwicklung über SEO bis zur Erstellung von Content auf vielfältige Aufgaben, die sie entweder im Unternehmen des Auftraggebers oder remote in ihrem Berliner Büro abwickeln.
Für jede Aufgabe setzt sich das passende Team neu zusammen. Die Anfragen sind vergleichbar mit denen an Agenturen. Bei Welance jedoch steht den beteiligten Freelancern frei, ob sie den Auftrag annehmen wollen (oder können).
Das Argument übrigens, verteilte Teams seien unfähig, sich in die Firmenkultur des Auftraggebers einzufügen, was zu geringerer Produktivität führe, lässt Terminal-Chef Serota nicht gelten. Skeptikern schlägt er vor, Mitarbeiter für ein paar Tage von zu Hause arbeiten zu lassen. Dann werde auch ihnen auffallen, dass sie produktiver seien und auch direkt die nötigen Skills für die Arbeit mit anderen remote Teams lernten.