Wie Rechtsabteilungen von der Digitalisierung profitieren können

Auch in den letzten Bastionen analoger Prozesse setzt sich langsam digitale Technologie durch. Eine neue Studie des US-Verbands der Firmenanwälte illustriert den aktuellen Stand der Entwicklung in den Rechtsabteilungen großer Firmen. 

Firmeninterne Rechtsabteilungen sehen sich zunehmend mit dem Druck konfrontiert, einen größeren Beitrag zur Wertschöpfung beizusteuern und den Fokus Rechtsabteilung auf eine verbesserte Bereitstellung von Kundendienstleistungen zu richten. Auch ist es unstrittig, dass digitale Technologien der Schlüssel dazu sind. Entsprechend findet heute in vielen Rechtsabteilungen ein Modernisierungsschub im Bereich der internen Technologienutzung statt.

Verbesserung der Produktivität als primäres Ziel

Im Mittelpunkt der digitalen Transformation steht bei jedem Unternehmen der Wunsch nach einer höheren Produktivität, auch Rechtsabteilungen sind hier keine Ausnahme. Der Einsatz von Tools wie Microsoft Teams oder Notion beispielsweise kann die Rechtsabteilung dabei unterstützen, relevante Dokumente gemeinsam mit ihren internen Kunden zu bearbeiten und zu editieren, und ermöglicht eine transparente Zusammenarbeit innerhalb der Rechtsabteilung ebenso wie mit den von ihr betreuten Geschäftsbereichen. Darüber hinaus  standardisieren und dokumentieren die Tools das Wissen aller Teammitglieder, sodass es auf einfache Weise allen zur Verfügung steht.

Digitale Technologien führen Rechtsabteilungen zu höherer Effizienz und Profuktivität, aber zu Kosteneinsparungen, und besserer Datensicherheit.

Daher überrascht es nicht, dass laut der von der Association of Corporate Counsel (ACC) in Zusammenarbeit mit DISCO veröffentlichten Studie Trends in Legal Transformation and Technology Report fast ein Drittel der 278 befragten Rechtsabteilungen erhebliche Investitionen in diese Richtung getätigt haben – die sich offensichtlich gelohnt haben. Die Befragten konnten von einer Steigerung der Effizienz als wichtigstes Ergebnis berichten, aber auch von Kosteneinsparungen, einer verbesserten Datensicherheit, besserem Risikomanagement und einer höheren Produktivität. Doch was genau waren die Einsatzbereiche digitaler Tools und welche neuen Möglichkeiten bringen diese Veränderungen mit sich? Hier drei konkrete Beispiele:

1Einführung von Heimarbeit

Corona hat viele Unternehmen zu mehr Flexibilität gezwungen und ihre Fähigkeiten zur Bewältigung von sich verändernden Bedingungen geschärft, besonders in Bezug auf die Gestaltung der Arbeitsplätze. So können nun auch Firmenjustiziare ihre Arbeit im Homeoffice erledigen – eine bisher in diesem Berufsstand eher unübliche Praxis. Und wie bei anderen Berufen hat Homeoffice auch Anwälten Zeit und Geld für das Pendeln erspart, ihnen mehr Flexibilität gegeben und für eine verbesserte Work-Life-Balance gesorgt. Außerdem wurde die Datensicherheit verbessert, die Teams sind heute vielseitiger und auf internationaler Ebene besser aufgestellt, und neue Mitarbeiter können nun schnell aus der Ferne eingearbeitet werden.

2Optimierte Due-Diligence-Prozesse (Sorgfaltspflicht)

Besonders bei Übernahmen und Fusionen ist die Überprüfung von Hunderten oder gar Tausenden von Verträgen und Rechtsdokumenten eines der wichtigsten Verfahren, um Probleme aufzudecken und Risiken auf den Grund zu gehen. Naturgemäß ist diese Aufgabe bei Due-Diligence-Prozessen der arbeits- und zeitintensivste Teil der juristischen Arbeit. Mit Hilfe von fortschrittlichen Technologien, die Künstliche Intelligenz (KI) und virtuelle Datenräume einsetzen, können Unternehmen ihre Effizienz, Organisation und Präzision bei der Prüfung von Dokumenten maximieren. Diese Einsicht scheint sich zu verbreiten, denn 30 Prozent der befragten Unternehmen wollen künftig laut Studie in KI-gestützte Tools investieren.

Digitale Due-Diligence-Plattformen nutzen KI-Technologie, um wichtige Klauseln hinsichtlich Stimmrechten, Abtretung, Kündigung, Exklusivität oder Meistbegünstigung in Verträgen und anderen Prüfungsunterlagen zu identifizieren, zu extrahieren und zu analysieren. Darüber hinaus können sie auch vorläufige Berichte erstellen, in denen die relevanten Informationen in den geprüften Dokumenten dargestellt werden. Dies kann die Zeit, die Anwälte für die Prüfung von Verträgen auf wichtige Bestimmungen während eines Due-Diligence-Verfahrens aufwenden, erheblich reduzieren, ebenso wie das Potenzial für menschliche Fehler.

3Automatisierung der Dokumentenerstellung

Die automatische Erstellung von Rechtsdokumenten und Formularen ist ein weiterer Bereich, bei dem digitale Technologie Routinetätigkeiten übernehmen kann. Software zur Automatisierung von Dokumenten kann diesen Prozess wesentlich effizienter gestalten, indem sie Vorlagen für bestimmte Geschäftsdokumente wie Zustimmungserklärungen Dritter, Treuhandvereinbarungen oder Kaufverträge erstellt. Bislang war es für Anwälte üblich, Präzedenzfälle aus früheren Geschäften als Vorlagen zu verwenden. Heute müssen sie lediglich einen Fragebogen ausfüllen und das Dokument wird auf der Grundlage dieser Antworten erstellt. In solchen Fragebögen werden nicht nur Sachinformationen wie Namen, Daten und Zahlen abgefragt, sondern es kann auch leicht kontrolliert werden, ob spezifischere Bestimmungen enthalten sein sollen.

Priorität auf Datenschutz und Datensicherheit

Besonders für Anwälte ist es von größter Bedeutung, auch beim Einsatz digitaler Hilfsmittel etwaige Datenschutz- und Sicherheitsrisiken zu minimieren. Alle eingesetzten Tools müssen stets den internen Sicherheitsstandards entsprechen und den Schutz von Geschäftsgeheimnissen gewährleisten. Dies gilt insbesondere für Tools, die zur Planung und Verwaltung von Projekten eingesetzt werden. Doch diese Aspekte waren für Rechtsabteilungen, die den Digitalisierungsprozess beschleunigen sollten, laut Studie kein Hindernis. Die positiven Auswirkungen der implementierten Tools auf das Budget und die Gesamtleistung der Abteilung überwogen bei weitem die erforderlichen Ausgaben für Anschaffungen und Anpassungen.

Die Bilanz ist positiv, doch es wird noch gezögert

Betrachtet man die oben genannten technologischen Veränderungen, die die Rechtsabteilungen vorgenommen haben, und ihren jeweiligen Erfolg, wird schnell klar, dass der digitale Wandel erhebliche Vorteile für die tägliche Arbeit von Unternehmensjuristen auf globaler Ebene haben kann. Von der reinen Produktivitätssteigerung bis hin zur Risikominderung und Kosteneinsparung, sowohl in Form von Arbeitsstunden (z.B. für Due-Diligence-Prozesse) als auch durch die Beseitigung menschlicher Fehler durch den Einsatz von KI-Technologie, wächst das Potenzial der technischen Hilfsmittel zu mehr Wertschöpfung kontinuierlich weiter.

Zugleich gilt festzustellen, dass trotz all dieser Vorteile ganze 70 Prozent der Unternehmen immer noch zögerlich sind und nur begrenzte Investitionen in diesem Bereich getätigt haben. Sieht man sich den Bericht etwas genauer an, lässt sich das Zögern überwiegend auf einige spezifische Faktoren zurückführen. Dazu gehören vor allem die allgegenwärtigen Budgetbeschränkungen, aber auch bei fast 25 Prozent der befragten Unternehmen das Fehlen einer langfristigen Strategie. Hier ist noch reichlich Raum für Innovationsinitiativen.

Hinzu kommt eine mangelnde Unterstützung durch die Unternehmensleitung sowie die Einschränkung der Kapazität, den Wandel überhaupt zu vollziehen, da es dem Team an Fachwissen mangelt. Der Gesamterfolg derjenigen, die bereits Schritte zur Umgestaltung unternommen haben, zeigt jedoch deutlich, dass sich die Investition von Zeit und Geld in digitale Technologien und Prozesse auf lange Sicht auszahlt.

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