Wie Einstein die Salesforce-Produkte und die Arbeit mit ihnen verändert
Der dialogbasierte KI-Assistent Einstein Copilot erhält Einzug in praktisch alle Produkte von Salesforce. Darüber hinaus trägt Einstein dazu bei, die Produkte von Tableau, Slack und MuleSoft aufzuwerten.
An das Einstein-Maskottchen im Titelbild werden sich Nutzer von Salesforce künftig gewöhnen müssen, ebenso wie Kunden der Produkte von Tochterunternehmen wie Tableau, Slack oder MuleSoft. Einstein ist der Markenname der zentralen KI-Plattform von Salesforce, an der das Unternehmen seit nunmehr zehn Jahren arbeitet. Deren Funktionalität wurde in den letzten Monaten entscheidend erweitert und Einstein erhält nun Schritt für Schritt Einzug in praktisch alle Funktionsmodule und Produkte der Salesforce-Gruppe.
Einstein Copilot hat das Potenzial, die Mitarbeiterproduktivität deutlich zu steigern.
Bereits letzten September wurde die Einstein 1 Plattform angekündigt, die die Funktionalität der Salesforce Data Cloud erweitert. Sie ermöglicht Unternehmen, ihre CRM-Daten zur Erstellung von KI-gestützten Anwendungen innerhalb der Salesforce-Plattform zu nutzen, insbesondere durch Verwendung von Low-Code-Programmierung. Zur gleichen Zeit wurde auch Einstein Copilot angekündigt, ein dialogbasierter KI-Assistent, der ähnlich wie der Microsoft Copilot in die Benutzeroberfläche jeder Salesforce-Anwendung integriert werden soll.
Einstein Copilot nimmt Nutzern lästige Routineaufgaben ab
Einstein Copilot hat reichlich Potenzial, die die Arbeitsweise der Salesforce-Nutzer komplett zu verändern. Er unterstützt Anwender direkt in ihren Arbeitsprozessen und verkürzt deren bisherigen Aufwand, indem er ihnen viele Routineaufgaben abnimmt. Damit hat er das Potenzial, deren Produktivität spürbar zu steigern, insbesondere nachdem sie einige Erfahrung mit dem KI-Assistenten gewonnen und ihr Zusammenspiel mit ihm optimiert haben.
Copilot ermöglicht seinen Nutzern zum einen, Fragen in natürlicher Sprache zu stellen, statt beispielsweise selbst Daten zu durchsuchen und auszuwerten. Um Antworten zu finden greift Copilot ausschließlich auf den eigenen Unternehmensdaten zu, die aus der Salesforce Data Cloud lagern, was die Relevanz und Vertrauenswürdigkeit der Antworten gewährleisten dürfte. Die verwendeten Daten aus der Einstein 1 Data Cloud reichen wiederum von Kundendaten über Unternehmensinhalten und Telemetriedaten bis hin zu Slack-Konversationen und einer Vielzahl anderer strukturierter und unstrukturierter Daten.
Auf dieselbe Art (Fragen in natürlicher Sprache) erhalten die Nutzer Handlungsempfehlungen sowie Inhalte, um bestimmte Aufgaben zu erledigen. Die Bandbreite reicht von Empfehlungen für Vertriebsmitarbeiter, wie am besten ein bestimmtes Geschäft abzuschließen ist, über Mailing- oder Anzeigentexte für Marketingmitarbeiter bis hin zu Datenvisualisierungen und -analysen. Programmierern liefert Copilot auf dem gleichen Weg benutzerdefinierten Code, den sie zur Erstellung von Salesforce-basierten Anwendungen nutzen können.
KI-gestützte Einsatzszenarien müssen erst erkundet werden
Letzten Monat stellte Salesforce das Einstein 1 Studio vor, das eine Reihe von Tools zur Low-Code-Programmierung enthält. Damit können Salesforce-Administratoren und -Entwickler den Copilot auf die eigenen Einsatzszenarien anpassen und nahtlos in Anwendungen für verschiedene Kunden- und Mitarbeiterservices einbetten. Im einzelnen handelt es sich um den Copilot Builder, welcher die Anpassung von Copilot an verschiedene Anforderungen ermöglicht; den Prompt Builder, mit dem sich benutzerdefinierte Anweisungen (Prompts) ohne Programmieraufwand erstellen und aktivieren lassen; und den Model Builder, mit dem eine Vielzahl von KI-Modellen erstellt oder importiert werden können.
Was Unternehmen alles mit KI-gestützten Anwendungen in eigens dafür optimierten Einsatzszenarien anstellen können, ist zum jetzigen Zeitpunkt für die meisten Salesforce-Kunden noch unerforschtes Terrain. Die Möglichkeiten der Technik wachsen ständig und der Phantasie sind kaum Grenzen gesetzt. Um sich solche Szenarien überhaupt vorstellen zu können, bedarf es gute Kenntnisse der Funktionalität der Salesforce-Plattform ebenso wie ein gewisses Maß an Expertise in Sachen Künstliche Intelligenz. Außerdem muss all dieses Wissen mit den Spezialkenntnissen und dem Einfallsreichtum von Customer-Service-Experten kombiniert werden.
Aus genau diesem Grund hat Salesforce im Innovation Center ihrer Münchner Niederlassung eine Lego-Spielwiese eingerichtet, die über Sensoren mit der Salesforce-Plattform und der Einstein-KI verbunden ist. Auf diese Weise lassen sich teilweise auch komplexe Anwendungsszenarien einrichten und austesten. So wurde bei einem Presse-Event am Beispiel von Windrädern vorgeführt, wie bei einem Ausfall anhand von Echtzeitdaten mit Hilfe der KI herausgefunden werden kann, um welches Windrad es sich handelt und ob es in der Historie bereits ähnlich Ausfälle gab. Außerdem empfiehlt die KI, wie und zu welchem Zeitpunkt es am besten repariert werden kann.
Einstein mischt heute schon überall mit
Salesforce nutzte bei der Vorführung die Gelegenheit, um die Produkte zweier Tochterunternehmen in das gezeigte Einsatzszenario miteinzubeziehen. So diente die Kommunikationsplattform Slack als Bindeglied zur Teilung der Informationen und Tableau zur Visualisierung der erhobenen Daten. Zugleich zeichnet sich bereits ab, dass Einstein künftig eine größere Rolle bei der Weiterentwicklung der Produkte von Slack, Tableau und MuleSoft spielen wird.
Slack, Tableau und MuleSoft werden mithilfe von Einstein-Funktionalität aufgewertet.
Das äußert sich momentan dadurch, dass sowohl Slack als auch Tableau in letzter Zeit mit Einstein-Funktionalität aufgewertet werden. Zwar hatten beide Unternehmen zuvor bereits eigene KI-Funktionen in ihre Produkte integriert – mit Slack AI lassen sich zum Beispiel Channel- und Thread-Zusammenfassungen generieren und Tableau AI vereinfacht schon seit einiger Zeit die Erstellung von Analysen; doch Slack arbeitet auch an einer nativen Integration von Einstein Copilot und Tableau kann mit Einstein Discovery eine erste Integration vorweisen. Auch MuleSoft kann eine erste Implementation von Einstein vorweisen.
Einstein könnte künftig außerdem noch eine größere Rolle bei der Integration der Produkte von Tableau, Slack und MuleSoft in die Salesforce-Plattform spielen – ohne ihre Vermarktung als eigenständige Produkte zu gefährden. Salesforce hätte als Unternehmen dadurch viel zu gewinnen, denn die IT-Industrie bewegt sich gerade von der Ära der Anwendungen in die Ära der Plattformen. Dank Cloud Computing können die meisten Anwendungen im SaaS-Modus (Software-as-a-Service) bezogen werden und für Unternehmen wird es immer weniger effizient, eine Vielzahl einzelner Anwendungen in Eigenregie zu betreiben, die womöglich auch nicht richtig miteinander kommunizieren können.
Viel Synergiepotenzial vorhanden
Die Konsequenz daraus ist, dass Unternehmen sich stattdessen auf eine begrenzte Zahl größerer Cloud-Plattformen wie SAP, Salesforce, ServiceNow oder Workday konzentrieren, um den Aufwand mit ihrer eigenen IT-Infrastruktur und Anwendungslandschaft in Grenzen zu halten. Die gesalzenen Preise, die all diese großen Plattformen verlangen, können die IT-Verantwortlichen gegenüber ihren Vorgesetzten dadurch vertreten, dass sie sich den Betrieb einer eigenen Infrastruktur weitgehend ersparen können. Außerdem können sie mit relativ geringen eigenen Entwicklungsaufwand über diese Plattformen zusätzliche Funktionalität hinzuschalten, um ihre digitalen Geschäftsmodelle auszubauen. Besonders für größere Unternehmen und bei intensiver Nutzung der jeweiligen Plattform macht diese Rechnung Sinn.
Angesichts dieses Trends liegt für Salesforce auf der Hand, Einstein als Katalysator zu nutzen, um die zugekauften Produkte enger miteinander zu verknüpfen. Potenzial für Synergien zwischen den Produkten ist reichlich vorhanden. Wenn Salesforce es schafft, diese Synergien effizienter zu nutzen und die Produkte auf einfache Weise als Erweiterungen einer homogenen Plattform anzubieten, würde es auch das eigene Konzept des Composable Enterprise („Software nach dem Lego-Prinzip“) ein Stück weitertreiben.
Zumindest mit Einstein scheint es Salesforce sehr ernst zu meinen. Während seiner Entwicklerkonferenz letzten Monat hat das Unternehmen bekannt gegeben, dass es 20 Millionen Dollar in die Sicherung der Rechte zur Nutzung der Einstein-Optik für sein Maskottchen investiert hat. Der Vertrag hat eine Laufzeit von zwanzig Jahren.