Warum KI-Projekte in der Produktion oft scheitern

Der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Fertigung verspricht enorme Effizienz- und Produktivitätssteigerungen. Zugleich setzt diese Aufgabe eine Menge Know-how aus beiden Welten voraus, KI und Produktion. 

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt fundamental. Insbesondere die Einführung von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Produktion eröffnet neue Möglichkeiten, stellt Unternehmen aber auch vor erhebliche Herausforderungen. In modernen Fertigungsumgebungen können KI-gestützte Systeme beispielsweise dabei helfen, Maschinenstillstände durch vorausschauende Wartung zu vermeiden oder den Energieverbrauch durch Optimierungsalgorithmen zu senken. 

„Unstrukturierte, inkonsistente oder unvollständige Daten beeinträchtigen die Qualität der Ergebnisse erheblich.“

Gleichzeitig verändert die Automatisierung durch KI die Anforderungen an die Belegschaft: Während repetitive Tätigkeiten zunehmend von Maschinen übernommen werden, gewinnen analytische und kreative Aufgaben an Bedeutung. Doch von der richtigen Datenqualität über unvorhersehbare Kosten bis hin zu ethischen Fragestellungen – zahlreiche Stolpersteine können den Erfolg solcher Projekte gefährden. Wir fragten Albrecht Lottermoser, Senior Smart Factory Expert bei der MaibornWolff GmbH, warum KI-Projekte scheitern und wie Unternehmen ihre Erfolgsaussichten verbessern können.

Herr Lottermoser, welche zentralen Hindernisse führen dazu, dass KI-Projekte in der Produktion oft scheitern?
Die häufigsten Probleme lassen sich in fünf Hauptkategorien zusammenfassen: unzureichende Datenqualität, fehlendes Technologieverständnis, veraltete Produktionsstrukturen, hohe Kosten und ethische Bedenken. Diese Hindernisse sind miteinander verknüpft und können den Fortschritt erheblich verzögern, wenn sie nicht frühzeitig adressiert werden. Besonders der Zustand der Daten und die Komplexität der Produktionsumgebungen spielen eine entscheidende Rolle.

Warum ist die Datenqualität für den Erfolg von KI-Projekten so entscheidend?
KI-Modelle basieren auf Daten – ohne sie gibt es keine fundierten Analysen oder Vorhersagen. Leider sind die Daten in vielen Unternehmen unstrukturiert, inkonsistent oder unvollständig. Das beeinträchtigt die Qualität der Ergebnisse erheblich. Die Aufbereitung der Daten nimmt oft bis zu 80 Prozent der Projektzeit in Anspruch.
Die Datenaufbereitung umfasst mehrere Schritte: Zunächst müssen die Daten bereinigt und strukturiert werden, etwa durch das Entfernen fehlerhafter oder irrelevanter Einträge. Anschließend werden Datenpipelines erstellt, um Daten konsistent und automatisiert bereitzustellen. Data Science kann dann wiederkehrende Muster erkennen, die für Vorhersagen genutzt werden, und komplexe Probleme lösen.
Ich empfehle Unternehmen, ihre Datenqualität frühzeitig zu analysieren. Robuste Tools und automatisierte Verfahren zur Datenbereinigung und -strukturierung sind dabei essenziell, um Zeit und Ressourcen zu sparen.

"Besonders der Zustand der Daten und die Komplexität der Produktionsumgebungen spielen eine entscheidende Rolle", sagt Albrecht Lottermoser, Senior Smart Factory Expert bei der MaibornWolff GmbH.
„Besonders der Zustand der Daten und die Komplexität der Produktionsumgebungen spielen eine entscheidende Rolle“, sagt Albrecht Lottermoser, Senior Smart Factory Expert bei der MaibornWolff GmbH.

Wie können Unternehmen das Problem mangelnder Technologieexpertise lösen?
Der Aufbau von internem Know-how ist tatsächlich entscheidend für den Erfolg von KI-Projekten. Denn der Markt für KI-Tools ist sehr dynamisch und unübersichtlich. Es gibt zahlreiche Anbieter, die spezialisierte Lösungen für maschinelles Lernen, Datenanalysen oder Automatisierungsprozesse anbieten. Dies macht es selbst für erfahrene IT-Teams schwierig, den Überblick zu behalten. Ein klarer Fokus auf konkrete Geschäftsprobleme kann hier Orientierung schaffen.
Begonnen werden sollte in jedem Fall mit der Definition eines klaren, messbaren Use-Cases. Workshops mit externen KI-Experten bieten zudem eine gute Möglichkeit, praktische Einblicke zu gewinnen und gleichzeitig die Kompetenzen des Teams zu stärken. Langfristig sollten Unternehmen ihre Mitarbeitenden regelmäßig schulen und Weiterbildungsmaßnahmen fördern. Die Zusammenarbeit mit KI-Dienstleistern kann hier wertvolle Unterstützung bieten, insbesondere für den ersten Use-Case. Ergänzend sollten Fachmessen, Webinare und Forschungsprojekte genutzt werden, um sich über aktuelle Entwicklungen zu informieren.

Welche Rolle spielen veraltete Produktionsstrukturen bei der Integration von KI?
Veraltete Strukturen können den Einsatz neuer Technologien erheblich erschweren. Viele Unternehmen haben komplexe und historisch gewachsene Produktionsumgebungen, die wenig Flexibilität für Innovationen bieten. Um das zu ändern, sollte schrittweise vorgegangen werden.
Methoden wie der Komplexitätsindex und das Wertstrommanagement helfen, Optimierungspotenziale zu identifizieren. Der Komplexitätsindex bewertet Prozesse anhand ihrer strukturellen, operativen und technischen Anforderungen, während das Wertstrommanagement Ineffizienzen im Material- und Informationsfluss aufdeckt. Um erste Erfahrungen zu sammeln, bieten sich Pilotprojekte in weniger kritischen Bereichen an. Das ist weniger risikoreich und reduziert gleichzeitig mögliche Hemmnisse. 

Wie können Unternehmen die hohen Kosten von KI-Projekten besser kontrollieren?
Kostenmanagement beginnt bei der Planung. Klare und messbare Ziele sind unverzichtbar. Ein agiler Entwicklungsprozess kann helfen, Änderungen flexibel zu berücksichtigen und unerwartete Zusatzkosten zu vermeiden. Auch die Folgekosten sollten frühzeitig berücksichtigt werden. Dazu zählen etwa Wartungskosten, die Integration in bestehende Systeme oder regelmäßige Updates, um die langfristige Skalierbarkeit sicherzustellen.
Empfehlenswert für Unternehmen ist es, regelmäßige Kosten-Nutzen-Analysen durchzuführen, um Transparenz zu schaffen. Diese Analysen erleichtern es, den ROI der KI-Projekte zu bewerten und eventuelle Anpassungen frühzeitig vorzunehmen.

„Unternehmen sollten betonen, dass KI vor allem dazu dient, Routineaufgaben zu automatisieren und Mitarbeitende zu entlasten.“

Welche Ansätze gibt es, um ethischen Bedenken und der Angst vor Arbeitsplatzverlust durch KI entgegenzuwirken?
Der Schüssel, um zum Teil berechtigte Sorgen anzusprechen, ist eine offene Kommunikation. Mitarbeitende sollten von Anfang an in das Projekt eingebunden und über dessen Ziele und Vorteile informiert werden. Change-Management-Prozesse können helfen, Unsicherheiten abzubauen und Vertrauen zu schaffen.
Ein häufig geäußerter Bedenkenpunkt ist der mögliche Verlust von Arbeitsplätzen durch KI. Unternehmen sollten betonen, dass KI vor allem dazu dient, Routineaufgaben zu automatisieren und Mitarbeitende zu entlasten, sodass diese sich auf anspruchsvollere Tätigkeiten konzentrieren können. Workshops und offene Dialoge zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden sind ein bewährtes Instrument, um das Verständnis und die Akzeptanz von KI-Projekten zu fördern. 

Gibt es eine Strategie, die den Einstieg in KI-Projekte erleichtert?
Ein erster KI-Use-Case, der klar definiert und überschaubar ist, bietet einen idealen Einstieg. Beispielsweise könnte ein Unternehmen mit einer Lösung für vorausschauende Wartung starten, bei der Maschinen anhand von Daten automatisch Probleme erkennen, bevor sie auftreten.
Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern beschleunigt diesen Prozess und stellt sicher, dass die richtigen Technologien und Ansätze gewählt werden. Wichtig ist, dass der Einstieg agil erfolgt, um flexibel auf neue Erkenntnisse reagieren zu können. Die Integration von KI in der Produktion bietet enorme Potenziale, ist jedoch mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Unternehmen, die frühzeitig auf eine durchdachte Strategie, qualifizierte Mitarbeitende und eine klare Kommunikation setzen, können diese Hürden meistern und langfristig von den Vorteilen der Technologie profitieren. 

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