Künstliche Intelligenz und Machine Learning krempeln IT-Jobs radikal um
IT-Berufe nehmen auch im Bereich Arbeit eine Vorreiterrolle ein. Daher lohnt sich ein Blick darauf, wie neue, smarte Technologien den Arbeitsalltag von IT-Profis und -Entscheidern verändern werden.
Ohne Automatisierung kommt man schon heute in einigen IT-Bereichen kaum mehr aus. Die Weiterentwicklung kognitiver und smarter Technologien wird den Einsatz im IT-Umfeld künftig noch weiter verstärken. Künstliche Intelligenz, Deep Learning und neuronale Netze sorgen für zusätzliche Möglichkeiten, Arbeitsschritte an Maschinen auszulagern – und das in ganz unterschiedlichen Bereichen.
Die Schätzungen variieren, ob und wie viele Jobs durch diese Entwicklung verloren gehen werden. Auch werden verschiedene Bereiche unterschiedlich von dieser Entwicklung betroffen sein. Die Marktforscher von Gartner etwa gehen davon aus, dass unterm Strich mehr Jobs geschaffen werden als durch kognitive Technologie wegfallen. Bis 2020 sollen laut Gartner-Prognose durch KI 1,8 Millionen Jobs überflüssig werden; im gleichen Zeitraum sollen aber 2,3 Millionen neue geschaffen werden.
Andere Prognosen, wie etwa von Forrester, gehen davon aus, dass durch Automatisierung am Ende weniger Jobs zu besetzen sein werden. Allein 2018 sollen etwa 9 Prozent der Stellen in den USA der Automatisierung zum Opfer fallen. Wie aber wirken sich Chatbots oder Big-Data-Tools mit selbstlernenden Fähigkeiten auf die Arbeit der IT-Fachkräfte aus? Das US-Medium ZDNet hat die Auswirkungen neuer Tools bei fünf Tätigkeitsfeldern betrachtet, in denen durch smarte Tools die größten Effizienzgewinne erreicht werden können.
1. Security
Inzwischen nutzen immer mehr Sicherheitslösungen die Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz oder maschinellem Lernen. Die Auswertung von Hundertausenden Logfiles lässt sich manuell heute kaum noch erledigen. Daher lassen sich in Unternehmensnetzen Modelle trainieren, die „normales“ Verhalten definieren. Werden Abweichungen aus diesen Mustern maschinell erkannt, werden diese an die Sicherheitsexperten gemeldet, die dann über das weitere Vorgehen entscheiden können.
Doch das ist erst der Anfang, wie Gartner-Analyst Carlton Sapp erklärt. Heute werde AI genutzt, um Risiken zu adressieren oder um proaktive Threat-Management-Systeme zu entwickeln. Viele Anbieter treiben gerade im Bereich der Sicherheit eine aggressive Weiterentwicklung der Funktionen. Neue Threat Management Systeme werden dank Reinforced Training und anderer innovativer Technologien neue Ansätze für die Risikominimierung im Unternehmensnetzwerk ermöglichen.
Ein wichtiger Hinderungsgrund dabei ist das Thema Vertrauen. Eine US-Studie von Radware unter Business-Verantwortlichen zeigt, dass lediglich 57 Prozent solchen KI-basierten Systemen mehr Vertrauen schenken als ihren menschlichen Pendants. Auch hier aber wird sich im Zuge der weiteren technischen Reifung das Vertrauen in KI-basierte Lösungen noch verstärken.
Ein anderer Aspekt ist, dass auch Hacker und Kriminelle künstliche Intelligenz nutzen, um damit Cyberattacken zu entwickeln oder um Schwachstellen ausfindig zu machen. So waren beispielsweise Sicherheitsforscher in der Lage, Malware mit KI zu erweitern, die sich selbst modifizieren konnte, um damit an verschiedenen Sicherheitsfiltern wie Antivirus-Software vorbeizukommen. Um sich gegen solche intelligente Malware zur Wehr setzen zu können, werden klassische Methoden nicht mehr ausreichen.
2. Business Intelligence
Business Intelligence wird ebenfalls vom Einsatz künstlicher Intelligenz profitieren. Automatische Musterkennung oder das maschinelle Durchkämmen von Daten wird durch künstliche Intelligenz weiter optimiert. Marktbeobachter erwarten, dass es zunehmend leichter und damit auch deutlich effektiver werden wird, für spezielle Anwenderbedürfnisse Anwendungen und Tools zu entwickeln.
Die Analysten von Forrester Research gehen davon aus, dass Technologien wie Natural Language Processing (NLP) und Natural Language Generation (NLG) es Anwendern künftig erlauben wird, über Drag and Drop eigene Anwendungen zusammenzustellen, und das ohne den Einsatz von Code. „Dadurch wird Data Analytics auch für Experten ohne Statistikhintergrund verfügbar“, kommentiert Boris Evelson, Analyst von Forrester Research in einem Blogbeitrag.
Evelson erwartet auch einen vereinfachten Umgang von mit unstrukturierten Daten. Seiner Ansicht nach werden künftig Tools beispielsweise die Umwandlung von Daten in Formate und Modelle, die für die Analyse durch BI-Anwendungen geeignet sind, größtenteils automatisiert werden. Evelson: „Das umfasst Machine-Learning-basierte Data Discovery und Data Curation, Bereinigung, Integration und andere Bereiche.“
Carlton E. Sapp kommentiert in einer Research Note: „Weil Machine Learning Daten analysieren und daraufhin Vorhersagen und Inferenzen selbst ableiten kann, ohne dass dafür komplexe Programmierungen vorgenommen werden müssen, öffnen sich hier neue Möglichkeiten, um latente Werte in Unternehmensdaten auszunutzen und so einen Wettbewerbsvorteil zu generieren.“
Der Bereich der Business Intelligence hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr Mitarbeitergruppen geöffnet. Künftig sollen durch intelligente Technologien jedoch noch deutlich mehr Informationen für die Auswertung durch entsprechende Tools erschlossen werden. Dadurch werden, wie Evelson erwartet, auch mehr Jobs im Bereich Datenanalyse entstehen. Befördert wird diese Entwicklung nicht nur von ausgereiften Algorithmen, sondern auch von der schier unerschöpflichen Rechenkapazität, die durch die Cloud zur Verfügung gestellt wird.
3. Helpdesk
Wie die IT-Sicherheit wird auch der Bereich Helpdesk von Projekten und Technologien aus dem Bereich Machine Learning profitieren. Experten gehen davon aus, dass das Helpdesk für viele Unternehmen den Einstieg in die künstliche Intelligenz markieren wird. Ein erster Schritt sind hier beispielsweise Chatbots, die Anfragen von Nutzern in Textform vorsortieren können oder einfachere Aufgaben automatisch ausführen.
Der Einzelhandel hatte hier bei Onlineauftritten eine Vorreiterrolle eingenommen. So können Kunden mit Chat-Robotern Fragen stellen oder nach bestimmten Artikeln suchen. Dieses Prinzip hält nun auch immer mehr im Bereich Helpdesk Einzug. Einfache und repetitive Aufgaben wie das Zurücksetzen von Passwörtern oder das Anlegen neuer Nutzer können erste Tools bereits automatisiert umsetzen. Damit bekommen Administratoren mehr Zeit für anspruchsvollere Aufgaben.
Das könnte in einigen Fällen zu einem Arbeitsplatzabbau führen, andere Organisationen aber könnte das auch als Chance aufgefasst werden, um mit den frei gewordenen Mitarbeiterressourcen neue Projekte anzustoßen.
4. Software- und Web-Entwicklung
Das Marktforschungsinstitut Gartner geht davon aus, dass künstliche Intelligenz künftig zur wichtigsten Benutzerschnittstelle werden wird. Das Interagieren mit einem Gerät oder einem Service wird so zu einem völlig neuen Erlebnis. Googles Spracherkennung etwa liefert dafür ein gutes Beispiel, wie sich die Art, wie Menschen mit Geräten oder Diensten austauschen, verändern wird.
Doch nicht nur die Nutzung von Geräten wird sich durch KI verändern, sondern auch die Entwicklung von Apps und Services steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Künstliche Intelligenz wird beispielsweise für Entwickler Tools bereitstellen, die sie automatisch mit relevanten Informationen versorgen, um damit schnell Anwendungen mit Kontextinformationen erstellen zu können.
KI wird auch bei der Absicherung von Anwendungen zum Einsatz kommen und die Entwickler beim Erstellen neuer Features unterstützen. Auch das Testen wird durch intelligente Tools künftig effizienter werden, was schließlich zu stabileren Systemen führen wird. Bis es aber soweit ist, dass Software zu einem System wird, das sich selbst schreibt, wie es Google-CEO Sundar Pichai vorhersagte, wird noch einige Zeit vergehen. Software mit selbstheilenden Eigenschaften ist aber schon absehbar.
5. IT-Leitung
Über die Veränderungen in den Fachabteilungen und den verschiedenen genannten IT-Bereichen hinaus werden sich IT-Verantwortliche künftig vermehrt mit künstlicher Intelligenz auseinandersetzen. Vor allem die Art, wie IT-Verantwortliche die eigene Organisation sehen, wird sich verändern.
Die Belegschaft der Zukunft wird dann neben Menschen auch aus digitalen Mitarbeitern wie Chatbots, KI-Programmen und anderen Tools bestehen. Daher werden IT-Verantwortliche auch entsprechendes Personal anstellen und trainieren müssen, um mit diesen neuen Anforderungen zurecht zu kommen. Natürlich müssen sich CIOs auch selbst damit vermehrt auseinandersetzen.
Der IT-Manager soll künftig auch viel besser in der Lage sein, Aufgaben zu delegieren. Wie das Beispiel mit dem automatisierten Helpdesk zeigt, können Fachkräfte, die von einfachen aber zeitintensiven Aufgaben entbunden sind, komplexere Aufgaben übernehmen. Persönliche digitale Assistenten werden zudem den Arbeitsalltag des CIOs erleichtern. Da ein IT-Experte meist keinen menschlichen Assistenten hat, sollen künftig digitale Assistenten Aufgaben wie beispielsweise die Terminplanung für ein Team übernehmen.