Zurück im Job – wie Unternehmen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen können

Familie und Beruf „gut unter einen Hut zu bekommen“ stellt viele Eltern vor besondere Herausforderungen. Neben Politik und Wirtschaft sind auch die Arbeitgeber gefragt, ihre Mitarbeitenden bei diesem Thema zu unterstützen.

Bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf herrscht in Deutschland nach wie vor großer Nachholbedarf. Nach aktuellen Berechnungen der GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) fehlen hierzulande mehr als 430.000 Kita-Plätze. Im Jahr 2022 lag außerdem nach Angaben des Statistischen Bundesamtes die Erwerbstätigenquote von Eltern im Alter zwischen 20 bis 49 Jahren mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren bei 67,5 Prozent. 

New Work schafft bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die Zahlen zwischen Männern und Frauen unterscheiden sich dabei jedoch deutlich: Während 88,3 Prozent der Väter ihrem Job nachgehen, sind es bei Müttern gerade einmal 52 Prozent. Ab dem dritten Kind sinkt die Erwerbstätigkeit bei beiden Elternteilen signifikant. Zudem zeigt sich: Noch immer stellen Frauen ihren Beruf für die Familie häufiger zurück als Männer und leisten insgesamt mehr (unbezahlte) Care-Arbeit. 

Flexibilisierung ist alles 

Dass zumindest die Quote der erwerbstätigen Frauen von insgesamt 44,6 Prozent (2002) auf 46,8 Prozent (2022) gestiegen ist, liegt nicht zuletzt an dem Wandel unserer Arbeitswelt. „New Work“ prägt die heutige Zeit und bietet – mehr noch als vor einigen Jahren – erweiterte Rahmenbedingungen, die der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben entgegenkommen. Neben Gleitzeit oder Vertrauensarbeitszeit punkten Arbeitgeber bei allen Mitarbeitenden mit flexiblen Arbeitszeitmodellen wie Remote Work, Home Office oder Workation, dem Arbeiten an Urlaubsorten. Die Realität ist allerdings oft eine andere.

Unternehmen sollten sich daher fragen, ob sie in heutigen Zeiten des Fachkräftemangels auf potenzielle Leistungsträger:innen oder Führungskräfte verzichten wollen, „nur“ weil diese nach ihrer Elternzeit in Teilzeit zurückkehren. Ein echter Win-Win bietet hier das Jobsharing-Modell, bei welchem sich in der Regel zwei Mitarbeiter:innen eine Vollzeitstelle inklusive Führungsaufgaben teilen. Unternehmen, die damit bereits Erfahrungen gemacht haben, beschreiben Jobsharing-Tandems oftmals als produktiver, agiler und belastbarer als den einzelnen Vollzeitarbeiter. Einfach gesagt: Potenziale und Karrieren dürfen heute nicht mehr an der zeitlichen Verfügbarkeit des/der Einzelnen hängen.   

Wer als Arbeitgeber familienfreundlich agieren will, kann beispielsweise zusätzliche Kind-krank-Tage gewähren – eine große Entlastung für Eltern. Ebenfalls möglich ist es, in enger Absprache mit dem Mitarbeitenden, die Elternzeit in mehrere Zeitabschnitte aufzuteilen. Dem Vater und der Mutter stehen je bis zu drei Jahre Elternzeit zu, welche bis einen Tag vor dem achten Geburtstag des Kindes in drei Zeitabschnitte eingeteilt werden kann. Was kaum einer weiß: Arbeitgeber können einer Aufteilung in mehr als den drei üblichen Zeitabschnitten zustimmen. Dies setzt jedoch eine gute Abstimmung und Planung im gesamten Team voraus, um Aufgaben und Projekte in den Abwesenheitszeiten gut aufzufangen.

Schweigen ist Silber, Reden ist Gold

Geht es darum, eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen, ist der kontinuierliche und ehrliche Austausch zwischen Mitarbeiter:in und Vorgesetzten elementar wichtig. Dies beginnt bereits ab dem Moment, in welchem eine Schwangerschaft gegenüber dem Arbeitgeber offengelegt wird. Je besser die jeweiligen Erwartungen und Vorstellungen abgeglichen werden, desto leichter fällt auch der Wiedereinstieg nach der Elternzeit. Da sich Wünsche, Bedürfnisse und Vorstellungen in den jeweiligen Lebensphasen immer wieder ändern können, sollten regelmäßige Feedback-Gespräche stattfinden. 

Vorgespräche und der ungezwungene Kontakt mit Kollegen erleichtern den Wiedereinstieg.

Auch im Verlauf der Elternzeit Kontakt zu halten, zahlt sich für beide Seiten aus. Mitarbeitende fühlen sich weiterhin als vollwertiges Teil des Teams, wenn sie beispielsweise zu Firmenfeiern eingeladen werden oder Glückwunschkarten zum Geburtstag oder der Geburt des Kindes erhalten. Unternehmen zeigen damit ihre Wertschätzung und schaffen eine gute Grundlage dafür, dass erwerbstätige Eltern wieder voll motiviert in den Job einsteigen. 

Elementar wichtig sind außerdem gut vorbereitete und strukturierte Rückkehrgespräche, in welchen beide Seiten ihre Wünsche und Bedürfnisse abklären können. Gemeinsame Essen mit den Kolleg:innen bieten sich zudem an, um den widereinsteigenden Mitarbeitenden in lockerem Rahmen auf den neuesten Stand zu bringen. Und auch das bestehende Team kann dank interner Kommunikation über bevorstehende Rückkehrer:innen informiert werden. Unterstützend wirken auch Mentoring-Programme oder Elternpaten für die Jobrückkehrer:innen, unternehmenseigene Betreuungsmöglichkeiten für Kinder oder Gelegenheiten zum Austausch wie Eltern-Kind-Treffen. So oder so: Communication is the key. 

Motivation für alle! 

Flexible Rahmenbedingungen, die zu einem zeitlich und räumlich „zersplitterten“ Team führen, bringen auch gewisse Herausforderungen mit sich. Die größten Gefahren hierbei: 

  • Teilzeitarbeitende verlieren schnell die Motivation und Leistungsbereitschaft, wenn sie sich nicht gesehen oder abgehängt fühlen.
  • Vollzeitarbeitende können schnell das Gefühl bekommen, allein dazustehen oder Projekte und Aufgaben alleinverantwortlich auffangen zu müssen – insbesondere dann, wenn sprichwörtlich „Druck aufs System“ kommt.
  • Aus dem Anspruch heraus, ein guter Arbeitgeber zu sein, konzentrieren sich Unternehmen zu sehr auf die „unterstützungswürdigeren“ Mitarbeitergruppen.

Hier gibt es einige Stellschrauben, um diesen Herausforderungen gut zu begegnen. Beispielsweise helfen verbindliche Strukturen und Regeln, die alle Mitarbeitenden auf dem gleichen Wissensstand halten und das Teamgefüge stärken. Wichtige Meetings, interne Veranstaltungen, Events oder Firmenfeiern sollten terminlich so gelegt und mit ausreichend Vorlaufzeit angekündigt werden, dass auch erwerbstätige Eltern oder pflegende Mitarbeitende daran teilnehmen können. 

Bei internen Veranstaltungen, Events oder Firmenfeiern sollten die Mitarbeiter in Elternzeit miteinbezogen werden.

Auch Gleichberechtigung ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, denn niemand sollte sich in seinem beruflichen Alltag „benachteiligt“ fühlen. Arbeitgeber, die erwerbstätigen Eltern spezielle Benefits wie den Betreuungszuschuss anbieten, sollten deshalb auch attraktive (und monetär äquivalente) Angebote im Portfolio besitzen, die sich an alle Mitarbeitergruppen richten. Der 50-Euro-Sachbezug ist beispielsweise ein solches Angebot, das als steuer- und sozialabgabenfreies Gehaltsextra ausgezahlt wird. Als wiederaufladbare Sachbezugskarte oder in Form von digitalen Gutscheinen kann jede/e sein Geld da einsetzen, wo es ihn/sie am meisten entlastet. 

Zudem sollten Unternehmen für ihre Personaleinsatzplanung einen Plan B für voraussehbare oder wahrscheinliche Ausfallzeiten von Mitarbeitenden mit kleinen Kindern (Erkältungszeiten, Schließzeiten von Betreuungseinrichtungen, etc.) in der Hinterhand haben. Nicht zuletzt sind viele Angebote oder spezielle Seminare zu Themen wie Stressmanagement, Resilienz oder Frauen und Finanzen nicht nur für Wiedereinsteiger:innen, sondern für alle im Team interessant.


Über die Autorin

Über die Autorin

Lucia Ramminger ist seit August 2019 Director Human Resources bei Edenred Deutschland. Gemeinsam mit ihrem Team betreut sie rund 160 Mitarbeitende und Führungskräfte an drei Standorten. Zu ihrem Aufgabenfeld im Personalmanagement zählen unter anderem Themen wie ESG, Digitalisierung von HR-Prozessen, Hybrides Arbeiten, Compensation & Benefits sowie Mitarbeiterbindung und der Ausbau der Arbeitgebermarke.

 

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