Wie der Weg zum Smart Hospital gelingen kann
Die Universitätsmedizin Essen (UME) treibt ihre digitale Transformation voran und ist dabei, ein Smart Hospital zu werden. Doch welche Herausforderungen liegen auf dem Weg dahin und wie können diese von dem Krankenhaus bewältigt werden?
Die mitunter spannendsten Innovationen der digitalen Transformation finden im Gesundheitswesen statt. Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz möchte der Bund in die Digitalisierung der deutschen Krankenhäuser investieren und stellt dafür 3 Milliarden Euro zur Verfügung. Weitere 1,3 Milliarden kommen von den Ländern.
Laborbefunde, Diagnoseergebnisse, Bettenbelegung – all diese Daten sind essenziell für den reibungslosen Krankenhausbetrieb.
Nun sind die Krankenhäuser am Zug, die Digitalisierung voranzutreiben. Mithilfe der Möglichkeiten digitaler Prozesse hofft man, die Patientenversorgung auf ein neues Level zu heben. Zugleich ist in wohl keinem Sektor der menschliche Kontakt mit den Kunden so wichtig wie im Gesundheitssektor. Diesen Spagat musste auch die Universitätsmedizin Essen (UME) auf ihrem Weg zum Smart Hospital meistern.
Hinter dem Begriff Smart Hospital verbergen sich vor allem zwei Aspekte:
- Das Krankenhaus nutzt intelligente, innovative und digitalisierte Dienste und Applikationen, die das klinische Personal bei der Patientenversorgung unterstützen.
- IT-gestützte Verfahren verarbeiten enorme Datenmengen und ermöglichen es den Mitarbeitern im Krankenhaus, den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen und ihm die bestmögliche Versorgung zukommen zu lassen.
Von riesigen Datenmengen nicht überfordern lassen
Letzterer Faktor ist dabei für ein modernes Krankenhaus von essenzieller Bedeutung. In einem großen Krankenhaus fallen tagtäglich enorme Mengen an Daten an. In der UME versorgen 10.000 Mitarbeiter jährlich ca. 300.000 Patienten ambulant und 70.000 stationär. Laborbefunde, Diagnoseergebnisse oder der aktuelle Status der Bettenbelegung – all diese Daten sind essenziell für den reibungslosen Krankenhausbetrieb. Die medizinische Versorgung hat in den letzten Jahren durch den Einsatz personalisierter Daten und künstlicher Intelligenz große Fortschritte gemacht. Diese waren sogar so groß, dass die Universitätsmedizin Essen zu diesem Zweck das Institut für Künstliche Intelligenz in der Medizin (IKIM) gründete.
Doch all die exponentiell wachsenden Datenmengen sind mit einem steigenden Verwaltungsaufwand verbunden. Denn große Datenberge allein reichen nicht aus. Aus Big Data muss Smart Data werden. Um die Verarbeitung der Daten zu gewährleisten, entschied man sich in Essen für den Einsatz einer KI-basierten, skalierbaren Plattform, die die Verarbeitung dieser enormen Datenmengen übernimmt.
So unterstützt die künstliche Intelligenz das Personal dabei, eine gestalterische Rolle einzunehmen und zu agieren, statt nur auf neue Anforderungen zu reagieren. Zudem helfen kognitive Computersysteme den Ärzten bei der Erstellung präziser Diagnosen und von darauf basierenden Behandlungsplänen. Dadurch bleibt mehr Zeit für die eigentliche Patientenversorgung, während sich die KI im Hintergrund um die Daten kümmert.
Das oberste Gebot lautet Sicherheit
Da es sich bei diesen Datenmengen um hochsensible Patientendaten handelt, die teilweise zwischen den Krankenhäusern und Praxen intersektoral kommuniziert werden, steht die Sicherheit dieser Daten ganz oben auf der Prioritätenliste. Hinzu kommt, dass seit 2021 die elektronische Patientenakte (ePa) implementiert wird, welche u.A. mit Arztbriefen und Laborwerten gefüllt wird.
Das Krankenhaus geriet in der Vergangenheit schon mal ins Visier von Cyberkriminellen.
Hier ist es für die Universitätsmedizin Essen von Vorteil, dass auch im eigenen Krankenhaus bereits auf die vollständig digitalisierte Patientenakte gesetzt wird. Denn Apps spielen im Smart Hospital eine entscheidende Rolle. Die UME setzt allein rund 500 Anwendungen ein, wovon viele personenbezogene Daten verarbeiten. Hierbei gilt es nicht nur DSGVO-konform zu agieren, sondern auch die Angriffe von Hackern abzuwehren. Schließlich wissen diese sehr wohl, wie wertvoll die Patientendaten sind.
In der Vergangenheit geriet die Universitätsmedizin Essen bereits ins Visier von Cyberkriminellen. Zwar konnten diese Angriffe erfolgreich abgewehrt werden, aber sie verdeutlichen den enormen Stellenwert der Cybersicherheit im Krankenhausbetrieb. Um diesen Angriffen entgegenzuwirken, setzte die UME auf Netzwerkvirtualisierung. Diese stellt einen fundamentalen Bestandteil der übergreifenden digitalen Sicherheitsstrategie dar.
Beispielsweise wird nun keine Verbotsliste (Blacklist) mehr genutzt, um schädliche Akteure aus dem eigenen Netzwerk zu halten. Stattdessen wird eine Erlaubnisliste (Whitelist) geführt, durch die nur autorisierten Nutzern Zugriff auf die Krankenhausdaten gestattet wird. Dieser sogenannte Zero-Trust-Ansatz kehrt die „Beweispflicht“ also um. Anstatt davon auszugehen, dass ein Nutzer unschuldig ist, bis das Gegenteil bewiesen wird, muss er im Netzwerk nun beweisen, dass er keine bösen Absichten verfolgt, bevor er autorisiert wird.
Eine moderne IT bildet das Fundament
Einer der wichtigsten Schritte in Richtung Smart Hospital war für die UME, neben den prozessualen und organisatorischen Änderungen, die Modernisierung der eignen IT. Denn traditionelle Infrastrukturen sind mit den großen Datenmengen und den gleichzeitig gesteigerten Erwartungen an Agilität, Resilienz und immer spezifischer werdenden Sicherheitsanforderungen häufig überfordert. Dabei ist nirgendwo sonst eine moderne Infrastruktur so essenziell, wie in einem Krankenhaus. Jederzeit muss der OP oder die Notaufnahme sich auf die ständige Verfügbarkeit von Infrastruktur und Daten verlassen können.
Agilität ist der Schlüssel, um Forschungsergebnisse schnell in die praktische Anwendung zu bringen.
Eine ausfallsichere und resiliente Infrastruktur ist unerlässlich und rettet im Zweifel Leben. Zeitgleich sind sämtliche Daten nur dann brauchbar, wenn sie für alle relevanten Gruppen verfügbar sind. Moderne Applikationen erlauben es dem Pflegepersonal und den Ärzten über virtuelle Patienten-Dashboards und die vollständig digitalisierte Patientenakte auf alle wichtigen Patientendaten zuzugreifen. Gleichzeitig sind diese Software-Anwendungen hochverfügbar und bieten starken Schutz gegen Ausfälle.
Die Update-Zyklen moderner Apps sind im Vergleich zu klassischen Anwendungen deutlich häufiger, um auch kleinere Erweiterungen und Funktionen unmittelbar zur Verfügung zu stellen oder um Sicherheitslücken umgehend zu schließen. Genau diese Agilität ist der Schlüssel, dass Forschungsergebnisse immer schneller ihren Weg in die praktische Anwendung finden. Zugleich können technische sowie regulatorische Anforderungen schnell erfüllt werden. Ganz gleich, ob in der Radiologie oder in der Verwaltung: Moderne Applikationen bilden einen elementaren Bestandteil der IT in einem Smart Hospital wie der UME, da die Qualität der Patientenversorgung sowie die Patientenerfahrung durch sie spürbar verbessert werden können.
Gemeinsam Schritt für Schritt zum Smart Hospital
Das Beispiel des Smart Hospital zeigt, wie groß das Potenzial einer digitalisierten Gesundheitsversorgung ist. Die digitale Transformation geht jedoch über den Einsatz von innovativen Technologien hinaus. Denn der wichtigste Faktor im Gesundheitswesen ist und bleibt der Mensch. Wer neueste Technologie im Krankenhaus gewinnbringend einsetzen möchte, muss Akzeptanz schaffen – bei der Belegschaft und den Patienten.
Letztendlich entscheiden sie, ob der Weg zum Smart Hospital auf der Überholspur oder dem Seitenstreifen zurückgelegt wird. Unerlässlich dafür ist eine transparente Vorgehensweise. Welche Daten werden gesammelt, wofür werden sie genutzt und wie wird sichergestellt, dass diese nicht in die falschen Hände gelangen? Wer hier von Anfang an alle relevanten Stakeholder miteinbezieht, schafft breite Akzeptanz für die digitale Transformation und ebnet so den Weg zum Smart Hospital.