Wir machen uns zu viel „Arbeit rund um die Arbeit“

Anatomie der Arbeit 2022

Digitale Arbeit entwickelt sich immer weiter, doch nicht immer in die richtige Richtung. Die neue Studie zur Anatomie der Arbeit von Asana ist in vielerlei Hinsicht ein Weckruf, um einige negative Nebenwirkungen der Pandemie zu korrigieren.  

Nicht jede Arbeit ist gleich. Bei Asana unterscheiden wir zwischen drei Arten von Arbeit: fachliche, strategische und „Arbeit rund um die Arbeit“.  

  • Qualifizierte bzw. fachliche Arbeit ist die, für die Sie eingestellt wurden, z.B. das Schreiben von Kampagnenbriefings oder die Entwicklung neuer Webanwendungen. Um diese Arbeit zu leisten, greifen Sie oft auf Ihre Ausbildung zurück.

    60 Prozent der Arbeitszeit für die „Arbeit rund um die Arbeit“ sind einfach zu viel

  • Strategische Arbeit beinhaltet Problemlösungen, den Umgang mit Unklarheiten oder die Festlegung und Abstimmung von Zielen. Dies ist oft die kognitiv anstrengendste Arbeit. Gleichzeitig hat sie aber auch oft den größten Einfluss auf Ihren Erfolg und den Ihres Teams.
  • Die „Arbeit rund um die Arbeit“ umfasst etwa das Abrufen von E-Mails, die Suche nach Informationen und meistens auch unproduktive Besprechungen. Diese Arbeit bringt Sie nicht voran, sondern stiehlt Ihnen vorwiegend die Zeit, die Sie stattdessen für qualifizierte und strategische Arbeit aufwenden könnten. 

Unsere neue Studie zur Anatomie der Arbeit hat ergeben, dass sich die Art und Weise, wie Wissensarbeiter diese Arbeiten ausüben, verändert hat. 

„Arbeit rund um die Arbeit“ bleibt allgegenwärtig

In den letzten zwei Jahren haben wir festgestellt, dass 60 Prozent der Zeit von Wissensarbeitern weltweit – das sind drei Arbeitstage pro Woche (!) – mit „Arbeit rund um die Arbeit“ verschwendet wird. Dieser Wert ist in diesem Jahr zwar auf 58 Prozent gesunken und in Deutschland sogar nur 53 Prozent  – und damit geringer als in allen anderen Ländern –, aber absolut gesehen immer noch viel zu hoch.

Die Zeit, die Mitarbeiter in unnötigen Besprechungen verbringen, ist ebenfalls zurückgegangen, die Zeit für E-Mails hingegen gestiegen. Mehr als ein Drittel (38 Prozent) der Beschäftigten rufen außerhalb der Arbeitszeit mehr E-Mails ab als im letzten Jahr. In Deutschland sind das knapp über ein Drittel, weniger als in jedem anderen Land, aber insgesamt auch noch zu viel.

„Arbeit rund um die Arbeit“ ist ortsunabhängig und hängt vielmehr von der Art und Weise ab, wie wir arbeiten, z. B. weil wir wieder mehr E-Mail nutzen. Dazu kommt, dass in größeren Unternehmen viele schädliche Auswirkungen von „Arbeit rund um die Arbeit“ besonders stark wirken.

Manager haben das Nachsehen

Schließlich richtet die „Arbeit rund um die Arbeit“ vor allem bei Managern großen Schaden an: Sie verbringen 62 Prozent ihrer Zeit mit dieser Art Arbeit – das sind 6 Prozent mehr als die einzelnen Mitarbeiter. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit, Manager mit neuen Werkzeugen und Prozessen auszustatten, damit mehr Zeit mit der Führung und Inspiration ihrer Teams verbracht werden kann.

Deutsche Arbeitnehmer verbringen weltweit die meiste Zeit mit qualifizierter Arbeit

Während die „Arbeit rund um die Arbeit“ in den letzten Jahren relativ konstant blieb, ist die Zeit für qualifizierte Arbeit gestiegen: Wissensarbeiter verbringen 27 Prozent mehr Zeit mit qualifizierter Arbeit als im letzten Jahr. Vor allem in Deutschland hat dieser Wert deutlich zugenommen: 40 Prozent in 2021 verglichen mit 29 Prozent in 2020.

Arbeitende glauben, dass sie ihre beste fachliche Arbeit zu Hause leisten, wo sie sich besser konzentrieren können. Die hybriden Arbeitsformen, die sich in den letzten Jahren etabliert haben, könnten dies gut unterstützen. Die Vorteile zeigen sich unter anderem in der Termintreue. Da die Mitarbeiter bei fachlichen Tätigkeiten außerhalb des Büros konzentrierter und fokussierter arbeiten, halten sie ihre Termine besser ein – nur noch 15 Prozent der Termine werden nicht eingehalten, im Vergleich zu 26 Prozent im letzten Jahr. 

Der Zeitaufwand für strategische Arbeit ist stark gesunken 

Am stärksten hat sich die Arbeit der Wissensarbeiter in Bezug auf die Zeit verändert, die sie für strategische Aufgaben aufwenden. Es werden weltweit beunruhigender Weise nur noch 9 Prozent mit strategischer Arbeit verbracht im Vergleich zu 14 Prozent im letzten Jahr. In Deutschland hat sich dieser Anteil von 14 auf 7 Prozent sogar halbiert. Das ist weniger als in anderen Ländern und liegt vermutlich an der verringerten persönlichen Zusammenarbeit, verbunden mit einer pandemiebedingten Erschwernis bezüglich langfristiger Planungen. 

40 Prozent der Arbeitenden sehen Burnout als unvermeidlichen Teil des Erfolgs an

Dies sollte ein Weckruf sein. Strategiearbeit ist die wichtigste Arbeit, die ein Unternehmen leistet. Wie der allseits bekannte Geschäftsgrundsatz „structure follows strategy“ besagt, sind Prozesse, Routinen, Teams und Technologien auf die Strategie des Unternehmens ausgerichtet.

Obwohl sehr anstrengend und schwierig, ist Strategiearbeit extrem wichtig. Strategiearbeit ist kognitiv fordernd, vor allem, weil sie diffizile Abwägungen mit sich bringt: Es geht genauso sehr darum, was man tun sollte, wie um das, was man besser lassen sollte. 

Ein genauer Blick in den diesjährigen Bericht zur Anatomie der Arbeit zeigt mehrere Faktoren auf, warum Wissensarbeiter weniger Zeit für Strategiearbeit aufwenden: 

  1. Arbeitnehmer ziehen es vor, Strategiearbeit zusammen mit ihren Kollegen im Büro anzugehen. Dort können sie gemeinsam Brainstorming-Sitzungen durchführen. Dass sie pandemiebedingt nicht vom Büro aus arbeiten können, hat die Möglichkeit für strategische Arbeit deutlich beeinträchtigt.
  2. Solange keine nennenswerten Fortschritte bei der Verringerung der „Arbeit rund um die Arbeit“ gemacht werden, wird strategische Arbeit weiterhin darunter leiden. Außerdem führt sie zu Mehrbelastung: 40 Prozent der Arbeitenden sehen Burnout inzwischen als unvermeidlichen Teil des Erfolgs an. Burnout lähmt jedoch die kognitiven Fähigkeiten, die nötig sind, um strategische Arbeit überhaupt leisten zu können.
  3. Unternehmen unterstützen Strategiearbeit immer noch nicht optimal. Arbeitsprozesse müssen weiter verbessert und für die neuen dynamischen und hybriden Arbeitsweisen von heute und morgen zukunftssicher gemacht werden. Mitarbeiter schätzen, dass sie allein durch die Verbesserung der Arbeitsabläufe etwa eine Stunde pro Tag einsparen würden. 

Fazit

Unsere Arbeitswelt hat sich in wichtigen Punkten verändert. Wir üben immer noch dieselben Kerntätigkeiten aus – Facharbeit, Strategiearbeit und „Arbeit rund um die Arbeit“ – wie vor einem Jahr. Doch die Art und Weise, wie wir diese Arbeit verrichten, hat sich verändert. Es gibt einige Lichtblicke, wie z.B. weniger Zeit für Besprechungen und mehr Zeit für qualifizierte Arbeit, aber es gibt auch Alarmsignale. Durch die Minimierung der Arbeit rund um die Arbeit, die Verbesserung der Prozesse und die Bekämpfung von Burnout – insbesondere der falschen Vorstellung, dass Burnout eine notwendige Vorstufe zum Erfolg ist – können Unternehmen ihre Mitarbeiter besser für den Erfolg rüsten.


Über den Autor

Über den Autor

Manuel Schulz ist Experte für Work Transformation bei Asana, dem Anbieter der gleichnamigen Collaboration-Plattform.

 

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